Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

drei Dinge werden von Seiten beider Regierungsparteien in Sachen Gesundheitsreform immer wieder betont: Sie wird zum Prüfstein der großen Koalition, beide Seiten müssen offen in die Gespräche gehen und es wird wohl für alle teurer.

Auch wenn nach außen – zumindest bis Redaktionsschluss – allenfalls Mosaiksteinchen aus Absichtserklärungen und journalistischen Mutmaßungen über die Pläne der Koalitionäre nach außen dringen, für diejenigen, die eins und eins zusammen zählen, wird immer deutlicher: Eine nachhaltige, zukunftsweisend systemverändernde Reform kann diese Koalition in dieser Gemengelage einfach nicht stemmen.

Ihr Manko: Sie braucht wieder einmal Geld, schon im kommenden Jahr fehlen weitere sieben Milliarden Euro für die gesetzliche Krankenversicherung. Das wird man den Beteiligten abtrotzen – müssen. Also weiterhin die Neigung zum Schrecken ohne Ende als zu einem Ende mit Aufschrecken.

Die von SPD und CDU/CSU in der Vorwahlkampfphase skizzierten Modelle „Bürgerversicherung“ und „Gesundheitsprämie“ wurden bereits im Vorfeld so zerrupft, dass letztlich beide für eine tragfähige Zukunft nicht mehr flugfähig sind. Zumindest die SPD hat es im Vorfeld geschafft, die „Gesundheitsprämie“ so kaputtzureden, dass selbst die Bevölkerung laut Umfragen dieses Modell inzwischen fürchtet und ihm deshalb eine Absage erteilt.

Die Bundeskanzlerin propagiert entsprechend den so genannten „dritten Weg“. Phönix aus der Asche?

Was sich bei diesem Kompromiss-Debakel jedenfalls immer mehr abzeichnet, ist die Gefahr, dass zwecks kurzfristiger Beruhigung der gesetzlichen Kassenfront auch noch das letzte Porzellan im Gesundheitswesen zerschlagen wird. Die privaten Krankenversicherungen, bis heute im Prinzip funktionierende Puffer im System, haben in der Politik Begehrlichkeiten geweckt.

Nicht die direkte Abschaffung, aber kleinere Übergriffe in diese bisher eigenständige Systematik – sei es der Versuch einer Bematisierung der Gebührenordnung für Zahnärzte, sei es ein Kontrahierungszwang oder die Einbeziehung in den GKV-Risikostrukturausgleich – sind vielleicht der Anfang von dem Ende, an dem auch dem „System“ der Privaten die Puste ausgeht.

Ulla Schmidts Gedanken, dass es in Deutschland ohnehin zu viele (gesetzliche) Krankenversicherungen gibt, käme das zupass. Ihr Versuch, Anstöße zur Marktbereinigung zu geben, trägt durch solche Maßnahmen augenscheinlich erste Früchte.

Aber bei aller Sparwut muss die Politik bei ihrem Nachdenken um die „große“ Reform auch kapieren, dass der Deckmantel ökonomischer Zwänge für das Problem inzwischen zu klein ist. Die Bürger werden ihn spätestens dann nicht mehr tragen wollen, wenn die Blößen unzureichender Versorgungsqualität offensichtlich werden.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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