BMG-Eckpunkte für neues Vertragsarztrecht

Einstieg in die nächste Reform

Ulla Schmidts Mühlen mahlen bekanntlich schnell. Ende Januar wurden aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) Eckpunkte für ein „Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts sowie anderer Vorschriften“ bekannt. Die Positionierungen gelten als Auftakt der SPD-Ministerin für die Koalitionsverhandlungen zur Gesundheitsreform. Ein entsprechendes Papier der CDU/CSU soll bis Ende März folgen.

Eigentlich war Stillschweigen abgesprochen. Dennoch erblickte in den letzten Januartagen ein Eckpunktepapier das Licht der Öffentlichkeit, in dem die Bundesministerin ihre ersten Maßgaben für eine koalitionsgetragene Reform festlegte. Teile der BMG-Thesen waren schon in den zurückliegenden Monaten mit einzelnen Verbänden – vorrangig auf Ärzteseite – abgestimmt worden, anderes stellt das Ministerium erstmals zur Diskussion.

Laut Eckpunktepapier sollen Deutschlands Vertragsärzte künftig weitaus mehr Freiheiten in der Form ihrer Berufsausübung erhalten. Nach Vorstellung des Ministeriums sollen Ärzte künftig mehr Möglichkeiten erhalten, Ärzte in ihren Praxen anzustellen. Außerdem soll es ihnen künftig erlaubt sein, auch an anderen Orten außerhalb ihres eigentlichen Praxissitzes tätig zu werden – und zwar unabhängig vom Einzugsgebiet der zuständigen Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung.

Hilfe gegen Unterversorgung

Ebenfalls über die Bezirksgrenzen der eigenen KV/KZV hinaus sollen Vertragsärzte „Berufsausübungsgemeinschaften“ bilden können. In Gebieten, die bereits ärztlich unterversorgt sind oder denen eine Unterversorgung droht, sollen die bisher geltenden Altersbegrenzungen für die Niederlassung fallen. In diesen Regionen dürften sich auch Ärzte niederlassen, die älter als 55 Jahre sind. Vertragsärzte müssten zugleich mit der Vollendung des 68. Lebensjahres nicht mehr zwangsläufig ausscheiden. Das Eckpunktepapier sieht auch die Zulassung von Teilzeitarbeit vor.

Mit dieser angestrebten Liberalisierung des Vertragsarztrechts folgt das BMG weitgehend den Beschlüssen des Deutschen Ärztetages von 2004. Damit hofft das Ministerium, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Die höhere Freizügigkeit in der Berufsausübung kommt den neuen Versorgungsformen in der ambulanten Versorgung entgegen, dient aber auch zur Bekämpfung einer drohenden Unterversorgung.

In den Eckpunkten bekräftigt das BMG zugleich die Absicht, die strikte Honorarbudgetierung der niedergelassenen Ärzte zu Gunsten einer morbiditätsorientierten Vergütung aufzuheben. Die Vertragsärzte würden dann nach festen Punktwerten beziehungsweise festen Preisen bezahlt. Allerdings könnte dieses Vorhaben um noch mindestens ein Jahr hinausgeschoben werden, da die im GMG vorgesehenen Fristen (Budgetablösung zum 1. Januar 2007) aufgrund der schwierigen Vorarbeiten möglicherweise nicht eingehalten werden.

Zwang zur Behandlung

Bestandteil des Eckpunktepapiers von Ulla Schmidt ist auch die Zwangsbehandlung für bestimmte Gruppen der PKV-Patienten: Allen Ärzten soll eine Behandlungspflicht für Beihilfeberechtigte und PKV-Standardtarifversicherte zu verbindlich festgesetzten abgesenkten Gebührensätzen auferlegt werden, sofern dies verfassungskonform umsetzbar ist.

Neben der angekündigten Liberalisierung des Vertragsarztrechts beabsichtigt das BMG den Eckpunkten zufolge eine weitere Schwächung der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen. Das Ministerium will sich erweiterte Einwirkungsmöglichkeiten bei den Entscheidungen des Bewertungsausschusses sichern. Auch soll ein neues Institut gegründet werden, das den Bewertungsausschuss bei der Vorbereitung seiner Beschlüsse und der Analyse der daraus folgenden Auswirkungen auf die Versorgung unterstützt. Dieses Institut könnte, so heißt es in den Eckpunkten, zu einem späteren Zeitpunkt auch mit der Ausarbeitung der privatärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) beauftragt werden. Medizinische Versorgungszentren sollen künftig auf das Merkmal „fachübergreifend“ als Errichtungsvoraussetzung verzichten können. Und: Wird ein MVZ als juristische Person betrieben, soll diese ab 2007 anstatt der angestellten Ärzte Mitglied der KV/KZV sein. Insgesamt lassen die Regelungen erkennen, dass die Absichten des BMG weit über eine Veränderung des Vertragsarztrechtes hinausreichen. Das Papier ist Verhandlungsmasse zwischen den Koalitionsparteien. Mit Spannung wird der von der CDU/CSU angekündigte Gegenentwurf erwartet.

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