Arzneimittel-Spargesetz

Mehr Malus als Bonus

Am 26. Januar wurde das geplante und heftig umstrittene Arzneimittel-Spargesetz, das ab April in Kraft treten soll, im Bundestags-Gesundheitsausschuss beraten.Konkrete Ergebnisse gab es bis zum zm-Redaktionsschluss noch nicht, die Beratungen laufen weiter. Es zeichnet sich ab, dass die von den Ärzten kritisierte Bonus-Malus-Regelung zwar entschärft wird, aber nicht vollständig vom Tisch kommt.

Das Arzneimittel-Spargesetz, im Amtsdeutsch Gesetzentwurf zur "Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung" (Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz AVWG), soll zum 1. April in Kraft treten und mit Einsparungen von rund 1,3 Milliarden Euro jährlich dem drastischen Ausgabenanstieg bei Medikamenten entgegenwirken. Der Entwurf ist zunächst vom Bundesgesundheitsministerium erstellt worden, jetzt bessert die Koalition nach.

Vorgesehen ist eine Bonus-Malus-Regelung für Ärzte: Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen für Arzneimittel, die häufig verschrieben werden, Tagestherapiekosten festlegen. Wenn ein Arzt diese Zielvereinbarungen um fünf bis zehn Prozent überschreitet, muss er (Muss-Vorschrift) von diesem Betrag 30 Prozent bezahlen, wer mehr als zehn Prozent überschreitet, muss 50 Prozent Malus bezahlen. Wer das Tages-Soll unterschreitet, kann (Kann-Vorschrift) einen Bonus erhalten. Geprüft werden soll das Ganze quartalsweise auf Basis einer arztbezogenen Schnellinformation.

Auch den Arzneimittelherstellern geht es an den Kragen. Es soll ein zweijähriger Preisstopp gelten, für patentfreie wirkstoffgleiche Arzneinmittel (Generika) sollen die Hersteller den gesetzlichen Krankenkassen zehn Prozent Rabatt einräumen und Pharmafirmen sollen den Apothekern keine Naturalrabatte mehr geben. Festbeträge der Stufen zwei und drei sollen weiter gesenkt werden, und zwar auf das obere Ende des unteren Preisdrittels. Um Zuzahlungen der Patienten zu vermeiden, sollen Kassen mit Herstellern Rabatte aushandeln können.

Die Regelungen sind ziemlich kompliziert und dürften sich stark auf die Verordnungspraxis auswirken. Bei der Arzneimittelversorgung könnte es für den Patienten künftig entscheidend sein, bei welcher Kasse er versichert ist - wegen der Rabattoptionen. So ist denn das Echo der Betroffenen auf die Gesetzespläne fast durchweg negativ.

Zumutung

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnte den Gesetzesentwurf ab. KBV-Vorstand Ulrich Weigeldt erklärte: "Der Gesetzentwurf in der derzeitigen Form vergrößert Bürokratie und Intransparenz, treibt Ärzte in die Ethikfalle und wird die Senkung der Arzneimittelkosten bei gleichbleibender Qualität nicht bewirken." Die Bonus-Malus-Regelung bezeichnete er als Zumutung: "Es kann nicht im Sinne eines Gesetzes sein, zinslose Kredite an Krankenkassen zu gewähren, bis die Rechtmäßigkeit von Honorarabschlägen geklärt ist." Indikationsstellung und Wirkstoffauswahl müssten auch weiterhin Aufgabe der Ärzte bleiben. Die Verantwortung für das Preisgeschehen sollte aber bei den Marktpartnern liegen.

Von einem "Gesetz der politischen Hilflosigkeit" sprach Hennig Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Mit dem Gesetzesvorhaben werde lückenlos eine Strategie der Kostendämpfung fortgesetzt, die sowohl zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung als auch zu einer weiteren Schwächung der deutschlandtreuen Pharmaindustrie führe. Die dem Gesetz zugrunde liegende Kostenexplosion im Arzneimittelbereich habe es nie gegeben.

In ihrer Stellungnahme kritisiert die Bundesvereinigung Deutscher Apotherkerverbände (ABDA), ein Teil der geplanten Maßnahmen sei nicht präzise definiert oder in der Praxis nicht umsetzbar. Insbesondere bei den Rabattvereinbarungen zwischen Kassen und Herstellern sieht die ABD Klärungsbedarf. Problematisch sei auch das für den Apotheker immer größer werdende Inkasso-Risiko. Zwar begrüßten die Spitzenverbände der Krankenkassen grundsätzlich das Sparpaket, forderten aber Korrekturen. Die angestrebte Entlastung werde nicht erreicht und außerdem durch die 2007 anstehende Mehrwertsteuererhöhung weiter reduziert. Um das vorgesehen Einsparvolumen zu erreichen, schlagen sie vor, für Medikamente den halben Mehrwertsteuersatz einzuführen. Sie plädieren außerdem dafür, den so genannten Apotheker-Fixzuschlag zu senken, um weitere 400 Millionen Euro im Jahr einzusparen. Die Änderung des Festbetragssystems belaste die Patienten durch Zuzahlungen.

Die Beratung im Bundestags-Gesundheitsausschuss hat noch zu keinen konkreten Ergebnissen geführt. Die Diskussionen laufen weiter. In den nächsten Wochen wird nicht zuletzt auch auf Wunsch der Union zum Beispiel darüber beraten, ob es möglich sei, dem Arzt trotz vorgegebener Tagestherapiekosten noch Spielräume zu schaffen, um Praxisbesonderheiten geltend machen zu können.

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