Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

sich heutzutage gegen Globalisierung und weltweiten Wettbewerb zu wehren, hat etwas Irrationales. Man könnte sich gleich mit bloßer Körperkraft einer in voller Fahrt befindlichen Lok entgegenstemmen.

Anders argumentiert: Was bliebe Ihnen heute noch an Hab und Gut, wenn das, was nicht pures „made in Germany“ ist, plötzlich weg fiele? Richtig, so gut wie nichts! Folglich schmeißt jeder auf dieser Welt das in die Waagschale, was er bestens beherrscht. Der eine die Ideen, der andere billige Produktion, der dritte Forschung und Know how, der vierte das Kapital, der fünfte ...

All das könnte stimmen, wenn diesen „Meilensteinen“ der Menschheitsentwicklung – Globalisierung und Wettbewerb – jeweils das Wörtchen „fair“ vorangestellt würde.

Und da sind wir auch schon schnell beim „Mikrokosmos“ nationaler Gesundheitssysteme. Deutschlands Zahnärzte fürchten ihn nicht, den offenen Wettbewerb mit den europäischen Nachbarn. Die Argumente für das Bestehen im freien Wettbewerb sind hinlänglich ausgetauscht. Was in diesem geschlossenen Terrain allerdings fehlt, ist sehr oft genau das kleine Zauber-Wörtchen: „fair!“

Wenn deutsche gesetzliche Krankenversicherer in einem geschlossenen, vertragsgebundenen, noch dazu budgetierten Versorgungssystem ihre Versicherten dazu aufrufen, sich den zu zahlenden Zahnersatz im benachbarten Ausland zu holen, weil er dort billiger kommt, kann von einem geschlossenen System nicht mehr die Rede sein.

Angenommen, einer der wenigen noch verbliebenen „deutschen“ Autokonzerne stünde mit Vater Staat unter Vertrag. Er hätte dafür Sorge zu tragen, dass jeder Bundesbürger mobil ist. Er muss die entsprechenden Kapazitäten zu vereinbarten Preisen aufbauen und dafür sorgen, dass die Autos funktionieren. Und dann fordert Vater Staat die Bürger reihenweise auf, bei der Konkurrenz im Ausland zu bestellen, weil das weniger kostet? Ganz klar: Das wäre absurd – und nicht „fair“.

Im Gesundheitswesen ist das aber anders. Da ist Zahnersatz aus dem Ausland für die manche GKV opportun.

Aber drehen wir den Spieß doch mal um: Warum können wir Deutschen uns nicht bei ausländischen Konzernen aus Niedriglohnländern zu geringeren Beiträgen versichern, die ihrerseits Verträge mit den hier ansässigen KZVen schließen? Hohe Verwaltungskosten wären sicherlich kein Thema mehr. Das wäre nicht fair, höre ich AOK und Co. da schon sagen.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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