Deutsche Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin

Eine gute Nacht für einen guten Tag

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Das 6. Symposium der Deutschen Gesellschaft Zahnärztliche Schlafmedizin (DGZS) fand im Oktober 2006 erstmalig als Satellitensymposium der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (DGSM) in Regensburg statt.

Trotz der weiten Anreise für die meisten Teilnehmer in die seit Juni 2006 zum Weltkulturerbe zählende Stadt Regensburg, nutzten alle Anwesenden die interdisziplinären Gespräche. Die Hörsaaltüren an der Universität Regensburg standen den Besuchern beider Fachtagungen wechselseitig offen. Wie bereits in den vergangenen Jahren fand am Tag vor Kongressbeginn der DGZS Zertifizierungskurs „Intraorale Geräte bei schlafbezogenen Atmungsstörungen“ statt. Die darin vermittelten Grundlagen konnten im folgenden, erstmalig stattfindenden Round-Table-Gespräch aller Tagungsteilnehmer vertieft werden. In der Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen erfahrene Kollegen boten ein offenes Forum für alle praxisrelevanten Fragen von der Diagnostik über die Therapie, bis zur Langzeitbetreuung.

Der Vortrag von Prof. Dr. Helmut Teschler, Essen, zu den Erfolgskriterien der Obstruktive- Schlaf-Apnoe-Therapie (OSA) brachte allen Anwesenden die Bedeutung des Sauerstoffgehaltes näher, die bisweilen hinter dem Apnoe/Hypopnoe-Index nur zweitrangig Beachtung findet.

Im Hauptvortrag des Symposiums berichtete Prof. Dr. Ali Derendeliler, Sydney über das Thema: „Oral Appliance Therapy in OSA – an evidence-based Perspective“. Er zeigte eine umfassende Übersicht der zurzeit in der Therapie eingesetzten Protrusionsschienen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Entscheidend bei der Gerätegestaltung ist der maximale Freiraum für die Zunge. Dabei bringt die Erhöhung in der Vertikalen keine Verringerung des Therapieerfolges, jedoch eine Verminderung des Komforts. Seine Untersuchung zeigte eine durchschnittliche Protrusion von 7,5 ± 1,8, was einem prozentualen Protrusionsgrad von 78,2 ± 8,4 Prozent des Maximalwertes entspricht. Bei der Betrachtung oberer Schmalkiefer konnte Prof. Dr. Ali Derendeliler nachweisen, dass 90 Prozent der Patienten mittels forcierter Gaumennahterweiterung eine erhebliche Verbesserung der Atmung und des Schlafes hatten. Seine zweiteilige Untersuchung zeigte bei 31 Kindern mit Schmalkiefern ohne vergrößerte Tonsillen im Durchschnittsalter von 8,7 Jahren einen durchschnittlichen Apnoe-/Hypopnoeindex (AHI) von 12,2 vor Erweiterung der Gaumennaht. Nach 10 bis 20 Millimetern (mm) transversaler Nachentwicklung waren alle bei einem AHI < 1. Erwachsenen ist nur durch eine operativ unterstützte Gaumennahterweiterung zu helfen, um eine echte skelettale Erweiterung zu erzielen.

Um das Patientenklientel zu screenen, werden seit Jahren Fragebögen in der Stufendiagnostik bei Verdacht auf Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) eingesetzt. Diese sollten einfach interkulturell anwendbar sein, unter fünf Euro pro Patient kosten, eine Spezifität und Sensitivität von über 80 Prozent vorweisen und in weniger als zehn Minuten durchführbar sein. PD Dr. Nikolaus Netzer, Bad Reichenhall, stellte den Berliner Fragebogen (BQ) dem Epworth Fragebogen (ESS) gegenüber. Das Ergebnis zeigt eine Sensitivität von 87,53 Prozent des Berliner Fragebogens und nur 61,55 Prozent beim ESS. Auch bei der Spezifität lag der BQ mit 60,47 Prozent vor dem ESS mit 50,00 Prozent. Daher sollten die Bögen überarbeitet und kombiniert werden.

Dr. Joachim Maurer, Mannheim, berichtete über die Multi-Level-Chirurgie nach dem Mannheimer Modell. Dabei spiegelt die Ebene I die Region des Weichgaumens und der Tonsillen dar. Die Ebene II erfasst die Zungengrundebene bis zum Hyoid. Ergebnisse der Mehr-Ebenen-Chirurgie zeigten bei 830 Patienten einen präoperativen AHI von 47,1 und postoperativ 20,6 mit einer Erfolgsrate von 53,9 Prozent. Der Mittelwert der Schmerzmitteleinnahme betrug 15,2 Tage. Der Mittelwert der Schluckbeschwerden betrug 27,5 Tage.

Die Präsidentin der DGZS, Dr. Susanne Schwarting, Kiel, legte ihren Kongressbericht der American Society of Dental Sleep Medicine vor. Dabei stellte sie die aktuellen Leitlinien der amerikanischen Gesellschaft bei der Therapie der SBAS mit Unterkieferprotrusionsschienen vor. In diesen ist der gesamte Therapieverlauf zur Qualitätssicherung festgelegt. Es erfolgt zunächst eine Polysomnografie vor dem Einsetzen einer Protrusionsschiene. Dies wird nur durch Zahnmediziner mit besonderer Fortbildung durchgeführt, mit dem Ziel, einen normalen AHI bei regulärer Sauerstoffsättigung zu erreichen. Die Indikation liegt bei habituellem Schnarchen, leichter bis mittelgradiger OSA und bei CPAP-non-Compliance (Continuous Positive Airway Pressure) auch bei schwergradiger OSA.

Mit großem Interesse wurde der Vortrag von Dipl.-Ing. Norbert Kamps, Xanten, Mitglied des Hilfsmittelausschusses der Krankenkassen, über die Aussicht der Wiederaufnahme von Atemhilfsgeräten über den gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen und der KZBV im Rahmen der GKV aufgenommen.

Unfallhäufigkeit durch Schlafapnoe

Zur Unfallhäufigkeit beim Obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS) zeigte PD Dr. Maritta Orth, Bochum, alarmierende Zahlen. So beträgt die Prävalenz müdigkeitsbedingter Unfälle bei Berufskraftfahrern etwa 16 Prozent und ist damit vier mal höher als bei der Normalbevölkerung. Zusätzlich klagen 25 Prozent der befragten Berufskraftfahrer über pathologische Tagesmüdigkeit. Bei Patienten mit OSAS ist die Unfallhäufigkeit um das zwei- bis siebenfache im Vergleich zu Gesunden erhöht. Unter einer adäquaten Therapie kann eine Normalisierung erzielt werden. Zu den neurophysiologischen Untersuchungsmethoden zählen unter anderem die Pupillografie, der Multiple Schlaflatenztest, der Maintenance- of-Wakefulness-Test sowie das Langzeit-EEG. Sie testen die verschiedenen Aufmerksamkeitskomponenten, die unter anderem beim Steuern eines Fahrzeuges notwendig sind.

Frühzeitige Diagnose bei Kindern entscheidend

Prof. Dr. Rolf Hinz, Herne, zeigte in seinem Vortrag die Möglichkeiten, OSAS bei Kindern frühzeitig zu erkennen und zu therapieren. Denn entgegen der in der Literatur meist zitierten Tonsillektomie liegen die Ursachen häufig in anatomisch begründeten Kieferanomalien. Es ist folgerichtig zwischen organischen und nicht organisch bedingten Ursachen zu differenzieren. Er stellte die Herner Kinderschlafstudie vor, bei der alle Eltern von Kindern des Jahrgangs 1996 befragt wurden. In interdisziplinärer Zusammenarbeit wurden 67 Kinder (n = 67) mit Schnarchsymptomatik HNO-ärztlich und kieferorthopädisch klinisch untersucht sowie deren Eltern nochmals intensiv aus pädiatrisch-internistischer Sicht befragt. Im Ergebnis zeigt sich der überwiegende Teil (73 Prozent) der Kinder mit Zahnfehlstellungen und Kieferlageanomalien. Ein notwendiges HNO-ärztliches operatives Vorgehen wurde hingegen nur in 20 Prozent der untersuchten Kinder für erforderlich gehalten.

Die zahnmedizinische Befunderhebung vor der Protrusionsschienentherapie wurde durch Dr. Dr. Schlieper, Hamburg, eindrucksvoll vermittelt. Er gibt eine Empfehlung zur systematischen Befundung der Schleimhäute, des Zahn-/Parodontalzustandes sowie des Rachenbefundes und der Kiefergelenkfunktion. Er unterstrich die besondere Bedeutung einer umfassenden Diagnostik bei einer geplanten Dauertherapie, wie bei SBAS erforderlich. Die uneingeschränkte Funktion des Cranio-Mandibulären- Systems ist sicher die beste Voraussetzung zur Anwendung von Protrusionsschienen, aber auch die eingeschränkte Funktion ohne Beschwerden gemäß Helkimo-Index ist keine Kontraindikation. Wichtig sind die regelmäßigen Verlaufskontrollen der Therapie im Abstand von sechs bis zwölf Monaten. Bei gleichzeitiger schlafmedizinischer Betreuung.

Preisverleihung

Das Get-Together mit der Verleihung des 2. Meier-Ewert-Preises fand am Abend im Herzogsaal Andechser am Dom statt. Preisträger in diesem Jahr ist der Schlafmediziner PD Dr. Nikolaus Netzer, Bad Reichenhall, der in seinem Festvortrag die Bedeutung des gesunden Schlafs für eine ausgeglichene Beziehung darlegte. Seine besonderen Verdienste liegen im Zusammenführen der Schlaf- und der Zahnmedizin. Bereits im Jahr 1999 initiierte er die Gruppierung von schlafmedizinisch tätigen Zahnmedizinern, aus der sich die DGZS entwickelte.

Nächster Termin:Die nächste Jahrestagung wird vom 12. bis 14. Oktober 2007 in Düsseldorf stattfinden.

Dr. med. dent. Markus HeiseFachzahnarzt für KieferorthopädieKörnerstraße 644623 HerneMarkus_Heise@t-online.de

Deutsche GesellschaftZahnärztliche SchlafmedizinAlte Jakobstraße 7710179 Berlinwww.dgzs.de

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