Aktionsbündnis Patientensicherheit

Linkes Bein krank, rechtes ab

Links ist bekanntlich dort, wo der Daumen rechts ist. Wer trotz dieser Eselsbrücke im Alltag mal durcheinander kommt, wird normalerweise kein böses Ende fürchten müssen. Anders sieht es für Klinikärzte aus: Bei einer OP kann so eine Verwechslung tödliche Folgen haben. Das „Aktionsbündnis Patientensicherheit“ (APS) hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, mit systematischen Analysen und Empfehlungen die Zahl der Behandlungsfehler im Krankenhaus zu verringern.

Insgesamt 15 000 bis 17 000 Patienten starben 2006 in Deutschlands Kliniken, weil sie falsch behandelt wurden. Bei 17 Millionen Behandlungsfällen im vergangenen Jahr entspricht das 0,1 Prozent. Einer von Tausend.

„Die Größenordnung muss deutlich nach unten korrigiert werden“ verlangte der APS-Vorsitzende Prof. Matthias Schrappe in Berlin, als er mit seinem Vize, dem Berliner Ärztepräsidenten Dr. Günther Jonitz, den zweiten Tätigkeits- und Forschungsbericht „Agenda Patientensicherheit 2007“ vorstellte. Um die Mortalität in deutschen Kliniken zu ermitteln, hatte das APS 51 Studien ausgewertet. Ein weiteres Ergebnis: Frauen tragen dabei ein höheres Risiko als männliche Patienten. Warum das so ist, haben die Forscher allerdings noch nicht herausgefunden. Hier sind weitere Studien notwendig.

Ein Fehler kommt nie allein, sagte Schrappe mit Blick auf 100 untersuchte Fälle von Verwechslungen. Beispiel Thrombose. Da wird bei einem Patienten die Eingriffsstelle auf dem Thrombosestrumpf markiert, der Strumpf selbst aber bereits vor der OP entfernt. Als Konsequenz daraus empfiehlt das Bündnis, Eingriffsstellen nur noch direkt auf dem Körper zu kennzeichnen. Darüber hinaus arbeiten die Experten an der Entwicklung und Validierung von Patientensicherheitsindikatoren und der Veröffentlichung von Qualitätsdaten für Krankenhäuser. Zum Teil sei die Fehlerquelle erschreckend banal, meinte Schrappe: „Zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung haben eine Rechts- Links-Schwäche“. Das gelte eben auch für Mitarbeiter im Krankenhaus.

„Ungewollte Zwischenfälle und Fehler in der medizinischen Behandlung sind ein ernst zu nehmendes Problem in der Gesundheitsversorgung“, betonte auch Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Es sei eine traurige Tatsache, dass sich diese nie ganz vermeiden ließen. Es müssten aber alle Anstrengungen unternommen werden, um die Patientensicherheit weiter zu verbessern: „Denn alle, die sich in ärztliche Behandlung begeben, erwarten zu Recht eine Versorgung, die höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards entspricht und dass alles getan wird, um sie vor vermeidbaren Behandlungs- und Pflegefehlern oder sonstigen Schädigungen im Behandlungsprozess zu schützen.“ Beim Thema Patientensicherheit ginge es, konkretisierte Schmidt, nicht nur darum, Behandlungsfehler im engeren Sinne zu vermeiden, sondern den Patienten vor allen unerwünschten Ereignissen im Behandlungsprozess größtmöglich zu schützen. Dazu zählten auch Infektionen im Krankenhaus und Risiken der Arzneimitteltherapie, wie Allergien oder Arzneimittelunverträglichkeiten.

Thema „Hände waschen“

Drängendstes Problem in Deutschlands Kliniken sind nosokomiale Infektionen, berichtete Schrappe. Gemeinsam mit Partnern bereitet das APS daher die bundesweite Kampagne „Aktion Saubere Hände“ vor. Dabei soll den Krankenhäusern zusammen mit den Wundinfektionsraten der durchschnittliche Desinfektionsverbrauch pro Mitarbeiter zurückgemeldet werden.

Jonitz sieht die Arbeit des Bündnisses als Paradigmawechsel im Selbstverständnis der Ärzteschaft. Die Händehygiene habe sich erfolgreich vom Tabu- zum Sachthema entwickelt. Doch trotz aller Maßnahmen schleichen sich laut Schrappe immer wieder Fehler ein. „Wir tun nicht alles, was wir wissen. Das ist das Problem.“

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