GVG-Diskussion zur Gesundheitsreform

Kritik von allen Seiten

Was bringt die Gesundheitsreform? Im Vorfeld der Beratungen im Bundestag
kamen Experten in Berlin zur Tagung der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft
und -gestaltung (GVG) zusammen, um über das Thema zu diskutieren.
Quintessenz: Es hagelte Kritik von allen Seiten

„Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit guten Vorsätzen“: Knapp und bündig fasste der Vorsitzende der KZBV, Dr. Jürgen Fedderwitz, seine Kritik an der Gesundheitsreform zusammen, die seine Mitdiskutanten auf dem Podium durchweg teilten.

Das aktuelle Vorhaben der Koalition stelle die Stärke des deutschen Gesundheitswesens in Frage, betonte der GVG-Vorsitzende Herbert Rische in seiner Begrüßung und forderte die Politik dazu auf, grundlegende Aspekte nochmals zu prüfen.

Lichtblicke und Mängel

Prof. Dr. Eberhard Wille, Mannheim, in seiner Funktion als Vorsitzender des GVG-Ausschusses „Ökonomische Orientierung im Gesundheitswesen“ schloss sich dem in seinen Ausführungen an. Sein Fazit: Die Reform zeige zwar Lichtblicke auf der Leistungsseite, nicht aber auf der Finanzierungsseite. Er zählte Mängel im Finanzierungssystem auf: es sei konjunkturanfällig, intransparent und verteilungsungerecht. Auf der Leistungsseite stünden dem aber mehr Flexibilisierung im Vertragsarztbereich oder ein stärkerer Wettbewerb der Kassen durch den Fonds gegenüber.

Dr. Klaus Theo Schröder, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, warb um Verständnis dafür, dass die Koalition Qualität, Wirtschaftlichkeit und Transparenz im Fokus habe. Man solle den Grundkonsens nicht vergessen: Das Gesetz solle das Interesse aller Beteiligten widerspiegeln. Entschieden wehrte er sich gegen die Vorwürfe von Entsolidarisierung und Staatsmedizin. Die Entscheidungen gingen in die richtige Richtung und dieser Weg werde konsequent fortgesetzt.

Es sei nicht zu erkennen, wie die Finanzen der GKV durch das Reformvorhaben stabilisiert würden, monierte Dr. Doris Pfeiffer vom VdAK und schonte nicht mit ihrer Kritik an den Gesetzesplänen. Das Vertrauen der Bevölkerung ins Gesundheitswesen werde leiden, der Staat entziehe sich seiner Verantwortung und die Konsequenzen der Neuregelungen seien nicht durchdacht. Den Krankenkassen drohten Insolvenzen.

Den Basistarif nahm Klaus-Detlev Dietz vom Verband der privaten Krankenversicherung ins Visier und lehnte diesen als „GKVisierung der PKV“ in Bausch und Bogen ab. Statt Wettbewerb entstehe Gleichförmigkeit, statt funktionierender Selbstverwaltung fungiere der Staat immer mehr als „zukünftiges ZK der GKV.“

Vereint zu getrennten Zielen

KZBV-Chef Fedderwitz prangerte vor allem den Abbau pluralistischer Strukturen und den völlig fehlenden Wettbewerb an. Die Koalition marschiere „vereint zu völlig getrennten Zielen“. Inkongruenzen zum GKVWSG zeigten auch manche Bestimmungen im Bereich der Berufsausübung aus dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Als „unheilvolle Weichenstellung“ weg von der freiberuflichen Praxis bezeichnete er den Ausbau von Medizinischen Versorgungszentren. Dagegen zeichne es sich für die Zahnärzteschaft als positiv aus, dass die Kostenerstattung ausgedehnt werde. Zu fordern sei der weitere Ausbau des Festzuschuss-Systems.

Aus Sicht des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken merkte Thomas Bublitz vor allem die Belastung der Krankenhäuser an. Die Versorgungslasten müssten so auf dem Rücken der Bevölkerung getragen werden: „Der Patient kommt zu kurz.“ Als „Scheinwettbewerb allererster Güte“ bezeichnete Cornelia Yzer vom Verband Forschender Arzneimittel das Reformvorhaben. Sie sparte nicht mit kritischen Anmerkungen und sprach vor allem die Vielzahl neuer Regelementierungsinstrumente an, darunter die Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln. „Die Vollversorgung soll auf eine Grundversorgung zurückgeschnitten werden. Nur: der Wähler soll es nicht merken.“

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