Depotcheck für 2007

Zeit zum Umschichten

Zum Wechsel ins Jahr 2007 ändern sich für Sparer und Anleger die Bedingungen. Zwar ziehen die Zinsen möglicherweise für kurze Zeit noch weiter an. Doch die Halbierung des Sparerfreibetrags und die drohende Abgeltungssteuer zwingen Depotinhaber zum Umschichten ihres Portfolios. Da kann es passieren, dass bislang lukrative Anlagen auf die Streichliste geraten und weniger attraktive in neuem Licht erscheinen

In den oberen Etagen der Frankfurter Währungshüter herrscht wohl Einigkeit: Die Zinsen steigen weiter. Sowohl der Präsident der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet als auch sein Kollege von der Deutschen Bundesbank Axel Weber ergehen sich in Andeutungen, dass im nächsten Jahr die vier vor dem Komma stehen wird. Erst Anfang Dezember stieg der europäische Leitzins auf 3,5 Prozent.

Zwischen Freude und Ärger

Die Frankfurter Aufseher wollen solange an der Zinsschraube drehen, bis die Inflationsrate unter die Zwei-Prozent-Grenze fällt. Zwar geschah genau das im November. Doch die Prognosen für 2007 liegen derzeit bei 2,4 Prozent.

Die Anleger wird’s freuen. Denn inzwischen lohnen sich nach langen Jahren des Verzichts Zinsanlagen wieder. Fest- und Tagesgeld – als Zwischenstation für größere Beträge geeignet – werden wieder attraktiver. Aber auch die Renditen für Anleihen werden anziehen.

Doch die Freude darüber vergeht den meisten Sparern wieder schnell, wenn sie an ihren Freibetrag denken, der ab dem 1. Januar halbiert wird. Dann sind für Ledige nur noch Zinseinnahmen in Höhe von 750 Euro steuerfrei. Für Verheiratete bleibt knapp das Doppelte – 1 370 Euro – unangetastet. Die Werbungskostenpauschale von 51 Euro bleibt unberührt.

Zeit zu prüfen

Um die Steuerlast nicht anschwellen zu lassen, überprüfen Anleger ihr Depot jetzt auf zinslastige Papiere. Denn wer beispielsweise in Renten investiert hat, die vier Prozent im Jahr abwerfen, kann nur 20 000 Euro steuerfrei anlegen.

Interessanter sind da Aktien, auf die keine Dividenden gezahlt werden. Nach einem Jahr ist die Spekulationsfrist abgelaufen und eventuelle Kursgewinne bleiben dann beim Verkauf der Papiere steuerfrei.

Gewiefte Rechner richten ihr Augenmerk auch wieder auf Anleihen, allerdings nur auf solche, die einen unterdurchschnittlichen Zins zahlen. Diese Papiere zeichnen sich durch einen niedrigen Kurs aus. Und wer sie bis zum Ende der Laufzeit hält, kassiert statt Zinsen einen satten Kursgewinn. Der bleibt nach Jahresfrist steuerfrei.

Gar keine Zinsen bekommt, wer sich für Zerobonds entscheidet. Diese so genannten Null-Kupon-Anleihen ziehen ihren Ertrag aus den Kursgewinnen, die am Ende der Laufzeit realisiert werden. Daran aber beteiligt sich das Finanzamt. Die Steuern sind also nur gestundet. Interessant sind Zerobonds aber beispielsweise für Zahnärzte, die die Papiere so kaufen, dass sie zum Ende der Laufzeit in einer günstigeren Steuerklasse veranlagt sein werden.

Vom Angriff auf den Sparerfreibetrag profitieren die im Frühjahr letzten Jahres gebeutelten Immobilienfonds. Sie bieten den Anlegern die Möglichkeit, in Grenzen das zu tun, was sie am liebsten machen: Steuern sparen. Das trifft vor allem für die Fonds zu, die einen hohen Anteil des eingezahlten Kapitals im Ausland anlegen. Sie unterliegen den Doppelbesteuerungsabkommen, die die Bundesrepublik mit anderen Staaten abgeschlossen hat. Das bedeutet für den Fonds: Er versteuert seine Erträge in dem Land, in dem sie anfallen; der deutsche Fiskus hat dann keinen Zugriff mehr. So liegt der Auslandsanteil beim Kan-Am USGrundinvest sogar bei 100 Prozent. Der größte deutsche Immobilienfonds, der Hausinvest Europa von der Commerzbank, hält immerhin 75 Prozent Kapital jenseits der deutschen Grenzen. Anleger, die jetzt vielleicht ihre Anteile an den steueranfälligen Rentenin Immobilienfonds umschichten wollen, informieren sich vor dem Kauf über das Auslands-Engagement des Fonds.

Ist die Halbierung des Sparerfreibetrags für vermögende Fondssparer und Anleger noch zu verschmerzen, steht mit der seit langem geplanten und von der Koalition gebilligten Abgeltungssteuer größeres Ungemach ins Haus. Die neueste Version des Gesetzesvorschlags kursiert seit Mitte November 2006: Danach soll von 2009 an eine Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge eingeführt werden. Darin enthalten ist auch eine Abgabenpflicht auf Gewinne aus der Veräußerung der Kapitalanlage. Das heißt, dass die bislang nach Ablauf der Spekulationsfrist freien Kursgewinne ebenfalls abgabenpflichtig werden, Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag inbegriffen. Summa summarum 28 bis 29 Prozent.

Der Anleger entscheidet nicht mehr selbst, ob er seine Kapitalerträge in der Steuererklärung angibt oder nicht, sondern die Bank führt die Abgaben direkt an den Fiskus ab. Die Höhe der Steuer steht fest und ist für alle Bürger gleich. Um Ungerechtigkeiten zu vermeiden, hat der Finanzminister vorgeschlagen, den Sparerfreibetrag nicht weiter zu beschneiden. Die oben beschriebenen Summen bleiben demnach abgabenfrei. Außerdem gilt für Sparer, die derzeit weniger als 25 Prozent Steuern zahlen, die Abrechnung nach dem alten System.

Ruhekissen abgepolstert

Wie heftig sich die Abgeltungssteuer auf die Vermögensplanung fürs Alter auswirken kann, macht eine Beispielrechnung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung deutlich. Danach erzielt ein Zahnarzt, der 30 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Fondssparplan einzahlt, mit etwas Glück rund 170 000 Euro für seine Pensionskasse. Sein Eigenanteil beträgt 36 000 Euro, der Wertzuwachs 134 000 Euro. Bei einer Abgabe von 25 Prozent verringert sich sein Gewinn um 33 500 Euro – für den angehenden Rentner ein ziemlicher Schock, wenn er diesen hohen Betrag auf einen Schlag zahlen muss. Dann funktionieren auch die Anlagen nicht mehr, die, wie Zerobonds, voll auf Kursgewinn setzen.

Weniger Gedanken um die Abgeltungssteuer müssen sich diejenigen machen, die normalerweise über ihre hohe Steuerklasse stöhnen. Wurden Zinsen und Gewinne bislang nach dem persönlichen Steuersatz besteuert, und liegt dieser beispielsweise bei 40 Prozent, empfehlen sich etwa Anleihen zum Kurs von 100 Prozent zum Kauf. Dann fallen ab 2009 nur die 25 Prozent Abgeltungssteuern an, und die sind wahrscheinlich niedriger als die bisher gezahlte Abgabe.

Ausgenommen

Ganz außen vor bei den Steuerplänen der Regierung bleiben merkwürdigerweise die Immobilien. Wer also Immobilien vermietet, braucht sich keine Gedanken zu machen. Für ihn ändert sich nichts. Die Erträge daraus werden wie bisher besteuert. Die ergeben sich aus der Differenz zwischen Mieteinnahmen und Abschreibung und unterliegen dem persönlichen Steuersatz.

An den Kragen beziehungsweise ans Portemonnaie geht es den Aktionären. Bislang heißt die Regel, dass Kursgewinne nach einem Jahr steuerfrei realisiert werden können und Dividenden nur zur Hälfte nach dem persönlichen Steuersatz belangt werden. Ab 2009 gilt: Sowohl Kursgewinne als auch die Dividenden unterliegen der 25-prozentigen Abgeltungssteuer. Der Gesetzesvorschlag sieht allerdings vor, dass nur die Aktien davon betroffen sind, die nach dem 1. Januar 2009 gekauft werden. Was mit gewinnträchtigen Papieren geschieht, die bereits im Depot liegen und dort auch noch längere Zeit verharren sollen, weiß man noch nicht. Werden sie nach der alten Methode behandelt, kann es sich lohnen, zuvor nach lukrativen Aktien Ausschau zu halten. Doch da heißt es, vorsichtshalber abwarten, bis die Frage geklärt ist.

Ein Gespräch mit ihrem Vermögensbeziehungsweise Steuerberater sollten auch Anleger führen, die einen Teil ihres Kapitals in einen Aktien-Sparplan investieren. Wer damit seine späteren Alterseinkünfte aufbessern will, muss unter Umständen mit Abstrichen rechnen. So wirkt sich die Besteuerung der Dividenden zu 100 Prozent negativ auf die Zinseszinsrechnung aus, da der reinvestierte Betrag deutlich kleiner ausfällt. Am Ende steht dann unterm Strich eine deutlich niedrigere Summe zur Verfügung.

Strategen gereizt

Alle diese Überlegungen reizen die Strategen in den Kreativabteilungen der Geldhäuser. Wahrscheinlich suchen sie schon jetzt nach Ausweichmöglichkeiten, um der Abgeltungssteuer zu entgehen.

Bis sie fündig geworden sind, heißt es Ruhe bewahren und erst einmal genau prüfen, inwieweit das eigene Depot von den Plänen der Gesetzgeber betroffen ist. Denn allzu hektisches Umschichten kostet auch Geld, und zwar die An- und Verkaufsgebühren der depotführenden Bank.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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