Berufsunfähigkeitsrente nach Satzung

Das gesundheitsbedingte Aus

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Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden und wer sich eine Ersatztätigkeit suchen muss, das sehen Versicherer und Versicherte naturgemäß sehr unterschiedlich. Oft klären die Gerichte die Fronten. Allgemeine Tendenz: Lassen sich die fachlichen Kenntnisse in anderer Konstellation beruflich nutzen, heißt es weiter arbeiten. Jetzt scherte ein Gericht aus dieser Linie aus. Denn die Vertragssatzung gab hier der Approbation ein besonderes Gewicht.

Nach einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts darf die Ärzteversorgung bei Berufsunfähigkeit eines Arztes nicht auf Tätigkeiten verweisen, für die eine ärztliche Approbation nicht erforderlich ist. Diese Entscheidung erscheint untypisch für Kontroversen um Berufsunfähigkeit. Sie fußt auf einer besonderen Klausel zum Verweisungsrecht in der Vertragssatzung des betreffenden Versorgungswerkes. Klägerin des Rechtsstreits ist eine Anästhesistin, die nach dreißig Jahren Berufstätigkeit in verschiedenen Krankenhäusern ihre Tätigkeit seit dem Jahr 2000 gesundheitsbedingt nicht mehr ausüben kann. Die Ärzteversorgung Niedersachsen lehnte ihren Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente ab, mit der Begründung: Berufsunfähig sei nur, wer zu einer ärztlichen Tätigkeit überhaupt außer Stande sei.

Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie zwar ihre alte Tätigkeit nicht mehr ausüben könne, sie aber ohne unmittelbaren Patientenkontakt etwa als Gutachterin im Öffentlichen Dienst, in der Pharmaindustrie oder als Medizinjournalistin arbeiten könne.

In erster Instanz war die Klägerin noch unterlegen. Das zunächst mit dem Vorgang befasste Verwaltungsgericht vertrat die Auffassung, dass die Klägerin gesundheitlich jedenfalls noch in der Lage sei, halbtags bei dem Medizinischen Dienst einer Krankenversicherung als Gutachterin tätig zu sein. Deshalb sei sie nicht als berufsunfähig einzustufen. Die Ärztin ging in Revision.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg gab der Berufung der Klägerin statt. Und verurteilte die Beklagte zur Zahlung der begehrten Berufsunfähigkeitsrente. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts brauche sich die Klägerin nicht auf Tätigkeiten zum Beispiel in der Pharmaindustrie oder als Medizinjournalistin verweisen zu lassen. Nach der maßgeblichen Satzungsbestimmung der Beklagten sei eine Verweisung ausschließlich auf solche Stellen möglich, für die eine Approbation erforderlich ist. Darüber hinaus brauche sich die Klägerin auch nicht auf eine Gutachtertätigkeit verweisen lassen, da eine solche Stelle für einen Arzt mit eingeschränktem Leistungsvermögen bei vernünftiger Betrachtung am Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe.

Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts weicht mit der geschilderten Sichtweise von der Spruchpraxis anderer Verwaltungsgerichte ab, wenn es feststellt,

• dass sich ein Arzt nicht auf Tätigkeiten verweisen lassen müsse, für die keine Approbation erforderlich sei beziehungsweise

• dass eine abstrakte Verweisung auf eine Stelle ausscheidet, für die ein konkreter Arbeitsplatz nicht erlangbar ist. Ob die Entscheidung die Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass abweichende Entscheidungen verschiedener Verwaltungsgerichte häufig auch auf unterschiedliche Satzungsbestimmungen der einzelnen Versorgungswerke zurückzuführen sind. pit/pm

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