Leitartikel

Die Q-Frage

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

dieser Tage in meiner Praxis: Zwei Herren einer Elektrofirma checken jedes Gerät, das einen Stecker hat, und fertigen ein aufwendiges Messprotokoll. Eine Nachfrage bei der ZMV bringt lächelnd die Erklärung: Das müsse in regelmäßigen Abständen sein und diene der Qualitätssicherung. Die Rechnung dafür von über 1 000 Euro auch! Und da war doch noch unlängst der TÜV-Experte. Der prüfte für eine gute Viertelstunde die Röntgenanlage. Die Rechnung von gut 500 Euro kam prompt per Post. Auch das diente – selbstverständlich – der QS. In dieser Ausgabe berichten die zm über eine Hygienekostenanalyse. Auch dieser Aufwand dient natürlich der Qualitätssicherung.

Die Q-Frage. Sie stellt sich bei uns in den Praxen allerorten. Und natürlich nicht nur bei uns. Denn „Q wie Qualität“ hat auch ihren Preis. Den aber eben nicht bei uns. Wenn man der Lebensqualität zuliebe eine Fabrik verpflichtet, einen Filter auf den Schornstein zu montieren, dann ist es selbstverständlich und auch anerkannt, dass die Investition auf die Preise dieser Firma umgelegt wird. Wenn wir in unseren Praxen verpflichtet werden, dann ... na, sie wissen schon!

Die Q-Frage, alle stellen sie, aber die Beteiligten meinen meist etwas anderes. Die Patienten (-vertreter) erwarten eine Leistungstransparenz und hätte bisweilen selbst für jede Kreisstadt noch eine publizierte Top-Ten-Liste der ortsansässigen Ärzte. Manche Krankenkassen (-vertreter) verwechseln immer noch liebend gern Qualitätssicherung mit Qualitätsprüfung und Qualitätskontrolle und ignorieren dabei oftmals die Grundlagen des Datenschutzes.

Und wir Zahn-Ärzte? Wir erkennen zunehmend, dass die praxiseigenen QM-Maßnahmen ein wesentliches Element für eine zukunftssichere Praxisführung sind.

So wird Qualität in einem der hochwertigsten Gesundheitswesen der Welt – dazu zählt das deutsche nach wie vor – zur Alltagsnorm. Das wissenschaftliche Prinzip der Qualitätssicherung erhält Eingang in gesetzliche Regularien. Und schon entscheiden nicht mehr nur Fachleute, sondern auch gesellschaftliche Gruppierungen über Normierungen, die nicht „klinisch geprüft“, manchmal nicht einmal logistisch nachvollziehbar sind.

Sicher ist, eine gangbare Systematik zur Qualitätssicherung erfordert Vertrauen in die Gruppe der Beteiligten. Nur so lässt sich das Niveau hochschrauben. Wer meint, QS lasse sich allein auf der Basis strenger Kontrollmechanismen provozieren, beschreitet Holzwege.

Eine gesunde Datenstruktur erfordert Datenschutz, eine vernünftige Praxishygiene braucht praktikable Grundsätze, so sie ergebnisorientiert Verbesserungen bringen sollen.

Logisch ist aber auch eine Erkenntnis, die der Volksmund zwar kennt, die Gesellschaft aber kaum wahrhaben will: Qualität hat ihren Preis. Diese Gesellschaft – darunter insbesondere Politik, öffentliche Institutionen, Krankenversicherungen und Prüfinstanzen – hat sich angewöhnt, Qualität rigoros einzufordern. Sie ist aber immer weniger bereit, dafür zu zahlen. Sicherlich zweifelt keiner am Grundprinzip der Ökonomie. Aber Wirtschaftlichkeit mit dem Ziel qualitativer Verbesserung und Rationalisierung passen nur zusammen, wenn sie durchdacht und den wirklichen Verhältnissen angepasst sind. Qualität kostet.

Sicherlich hat die Gesellschaft – und da scheint der Bürger schon weiter zu sein als sein politischer Vertreter – längst am eigenen Leibe erfahren, dass bedingungslose Rationalisierungswut schadet. Der Patient in der Praxis ist heute froh, wenn er flexibel und eigenverantwortlich entscheiden kann, was er sich an Gesundheit „leisten“ will. Festzuschüsse zum Beispiel werden – nach Jahren harten Kämpfens – heute aus einem ganz anderen Blickwinkel gesehen.

Weniger bewusst ist der Gesellschaft, was hinter den Forderungen nach Qualitätssicherung steckt, was in den Praxen geleistet werden muss, damit die vom Gesetzgeber uns abgedungenen Normen stimmen. Das IDZ hat im Bereich der Hygienekosten für Zahnarztpraxen dargestellt, wie stark die Kosten in den Praxen für die Einhaltung der Maßgaben im praxisinternen Qualitätsmanagement in den letzten Jahren gestiegen sind. Das sind Belastungen für unsere Praxen, denen keine Entgelte folgen.

Hier wird schlicht ignoriert, dass der Leistung Geld zu folgen hat.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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