Pflegeversicherung

Vorsorgen für den Ernstfall

Jeder, der krankenversichert ist, zahlt auch in die Kassen der Pflegeversicherungen, egal ob privat oder gesetzlich. Das mag beruhigend klingen, doch die Leistungen der Pflegeversicherung reichen bei Weitem nicht, um auch nur die nötigsten Ausgaben abzudecken. Deshalb sollten Zahnärzte schon in jungen Jahren an die Belastungen denken, die das Alter mit sich bringen kann

Keinen Gedanken wird ein junger Zahnarzt, der gerade seine Praxis eröffnet hat, an die Kosten für seine Pflege im Alter verschwenden. Wie denn auch, er hat genug finanzielle Sorgen und oft noch eine Familie mit kleinen Kindern, die, was die Versorgung angeht, auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Aber spätestens, wenn die eigenen Eltern zum Pflegefall werden, holt ihn die Zukunft ein. Denn haben Vater und Mutter nicht genügend vorgesorgt, um die Ausgaben für die Versorgung selbst tragen zu können, ist er gefordert. Die Leistungen der Pflegeversicherung decken die tatsächlichen Kosten nicht. So kostet ein Platz im Pflegeheim derzeit bis zu 3 500 Euro, Luxus ist dabei nicht vorgesehen. Dazu kommen noch Extraausgaben wie Taschengeld, medizinische Maßnahmen, die die Kasse nicht zahlt. Haben die Eltern eine gute Altersvorsorge, können sie die Differenz leicht ausgleichen, wenn nicht, springt das Sozialamt ein und holt sich die Auslagen bei den Kindern so weit wie möglich wieder zurück.

Die Pflegeversicherung stellt in ihrer derzeitigen Form maximal eine Teilkaskoversicherung dar. Im Ernstfall deckt die Zwangsversicherung nur einen Teil der Kosten. Einzahlen muss jeder: Gesetzlich Versicherte zahlen über ihre Krankenkasse und privat Versicherte über ihre private Krankenversicherung in die Pflichtversicherung ein. Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung ist, hat Anspruch eben auch auf die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, privat Versicherte auf die der privaten Pflegepflichtversicherung. In der Praxis unterscheiden sie sich nicht. Es kann allerdings Differenzen in den Beiträgen geben, wobei die privat Versicherten bei der nächsten Erhöhung, die im Sommer ansteht, bis auf Weiteres nur den alten Satz von derzeit 1,7 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze zahlen müssen. Im Juli sollen die Beiträge für die gesetzliche Versicherung auf 1,95 Prozent steigen, kinderlose Arbeitnehmer zahlen dann 0,25 Prozent mehr. Dafür steigen allerdings die Leistungen, die tatsächlich anfallenden Kosten werden aber auch dann nicht ausgeglichen.

Zwar haben die Pflegekassen einen Überschuss von 3,5 Milliarden Euro erwirtschaftet, und die verbesserte Beschäftigungslage stabilisiert die finanzielle Situation, doch die zusätzlichen Einnahmen sollen die Kosten bis zum Jahr 2014 abdecken. Derzeit erhalten monatlich rund 2,1 Millionen Menschen Leistungen aus der Pflegeversicherung, davon etwa 1,4 Millionen ambulante und 700 000 stationäre Leistungen. Die meisten Betroffenen gehören den hohen Altersgruppen an. So sind es bei den 70- bis 74-Jährigen nur fünf Prozent, aber bei den 85- bis 90-Jährigen kommen rund 40 Prozent nicht mehr ohne Pflege aus. Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen nach Berechnungen des Deutschen Rings auf 3,1 Millionen steigen.

Wegen ihrer höheren Lebenserwartung sind Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer. Für alle gilt: Wer über keine gute Altersvorsorge verfügt, läuft Gefahr, in die Armutsfalle zu tappen. Derzeit brauchen 38 Prozent der vollstationären Pflegefälle Sozialhilfe. Denn die Pflegeversicherung zahlt nur einen Teil der Aufwendungen. So kostet ein Platz im Heim zwischen 1 500 und 3 500 Euro monatlich. Wer es luxuriöser liebt und sich für eine der bestens ausgestatteten Residenzen entscheidet, kommt leicht auf 4 000 bis 5 000 Euro. Da ist es verständlich, dass die meisten Senioren so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben möchten. Ernst wird es, wenn ein Mensch schwerstpflegebedürftig wird und den Umzug in ein Heim scheut. Dann ist er auf eine Pflege rund um die Uhr angewiesen. Übernimmt die einer der deutschen Pflegedienste, muss er mit Kosten zwischen knapp 5 000 Euro in der Pflegestufe I bis 10 000 Euro in Pflegestufe III rechnen. Von der Kasse kommen in jedem Fall maximal 1 432 Euro. Auch für die anderen Pflegestufen gilt: Auf die Zahlungen der Kassen dürfen die Betroffenen meistens noch einmal die gleiche Summe aus eigener Tasche dazulegen.

Wie hoch diese Beträge für die Pflege insgesamt sein werden, weiß niemand im Voraus. Auch die Schätzungen, wie viele Jahre ein Mensch im Durchschnitt pflegebedürftig sein wird, gehen weit auseinander. Sie reichen von drei bis zu neun Jahren. Dabei kommt es auch darauf an, ab wann jemand als pflegebedürftig gilt. Anhaltspunkte liefern die Bedingungen, die der medizinische Dienst für die Einstufung in die drei Pflegestufen, (siehe Kasten) festgelegt hat. Statistiken besagen aber, dass die private Pflege, die meistens Frauen innerhalb ihrer Familien leisten, im Durchschnitt bis zu neun Jahren dauert.

Tatsache ist also, dass auf viele Menschen im Alter zusätzliche Ausgaben zukommen, die so mancher nicht mit seinem normalen Ruhestandseinkommen finanzieren kann.

Die meisten älteren Mitbürger werden mit etwa 70 Jahren pflegebedürftig. Erst jetzt wird ihnen klar, wie groß ihr Finanzbedarf ist, um sich die nötige Hilfe holen zu können. Dann ist es gut, wenn sie frühzeitig entsprechende Maßnahmen getroffen haben. Um auch im Alter beziehungsweise im Pflegefall die finanzielle Unabhängigkeit wahren zu können, bieten sich verschiedene Möglichkeiten der Vorsorge an. Viele Krankenversicherer bieten Pflegezusatzversicherungen an. Dabei unterscheiden sie drei Varianten:

Pflegekostenversicherung

Diese Police erhöht die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Es wird kein fester Betrag gezahlt, vielmehr übernimmt die Versicherung einen Anteil der Pflegekosten. Dabei beschränkt sie sich auf die Beträge, die im Katalog der gesetzlichen Pflegeversicherung stehen. Unterkunft und Verpflegung sind damit in der Regel automatisch ausgeschlossen. Üblicherweise legt sich der Versicherte auf einen bestimmten Satz – meist zwischen 20 und 200 Prozent fest – um den die Leistungen der Pflegeversicherung aufgestockt werden. Dazu muss man wissen, dass diese Tarife bei privater Pflege weniger zahlen als bei einer Unterbringung im Heim. Außerdem muss der Pflegebedürftige die Kosten belegen. Manche Gesellschaften zahlen gar nicht, wenn Freunde oder Verwandte die Pflege zu Hause übernehmen. Die Pflegekostenversicherung gibt es in zwei unterschiedlichen Varianten:

1. Die Zusatzversicherung stockt die Leistungen der Pflegeversicherung um einen bestimmten Prozentsatz auf, dessen Höhe bei Vertragsabschluss festgelegt wird. Diese Lösung hat den Nachteil, dass bei steigenden Kosten für Heime oder Pflegedienste eine Lücke bleiben kann, wenn die Leistungen der Pflegeversicherung nicht angepasst werden.

2. Die Versicherungen übernehmen die Restkosten der Pflege bis zu einer vereinbarten Höhe pro Monat oder Jahr. Auch hierbei besteht der gleiche Nachteil, dass die Kostensteigerungen nicht automatisch gedeckt sind.

Die Experten von der Verbraucherschutzzentrale Nordrhein-Westfalen empfehlen, keinen Vertrag abzuschließen, bei dem der Versicherte „im Leistungsfall alle paar Monate nachweisen muss, dass auch weiterhin Pflegebedürftigkeit besteht. Zusätzliche Hilfeleistungen, wie die Vermittlung von Pflegeheimen oder Diensten, sind für die endgültige Entscheidung für einen bestimmten Vertrag letztendlich unerheblich, wirken sich aber positiv aus.“

Pflegetagegeldversicherung

Hierbei bekommt der Versicherte eine feste tägliche Summe ausbezahlt, deren Höhe bei Vertragsabschluss festgelegt wird. Über die kann er frei verfügen. Es besteht für ihn auch keine Verpflichtung, das Geld für die Pflege auszugeben. Pflegetagegeld eignet sich vor allem dann, wenn die Pflege privat organisiert ist oder wenn zusätzliches Geld benötigt wird. Allerdings zahlen die Versicherungen den vollen Satz erst ab Pflegestufe III, für Stufe II werden in der Regel 60 bis 70 Prozent und in der Pflegestufe I 20 bis 50 Prozent überwiesen. Die Beträge liegen meistens zwischen 60 und 80 Euro. Steigen aber die Ausgaben für die Pflege, passt sich die Tagegeldversicherung nicht automatisch an. Außerdem zahlen einige Gesellschaften für Heimpflege mehr als für die privat organisierte. Für die meisten Menschen ist sie die bessere Wahl, weil sie ihnen mehr Entscheidungsfreiheit lässt. Vor allem Alleinstehende sind froh, wenn sie jemanden haben, der ihnen mal eine Stunde vorliest, Besorgungen macht oder mit ihnen etwas unternimmt – wenn zum Beispiel die eigenen Kinder vielleicht keine Zeit dazu haben oder weit entfernt wohnen. Mit dem Tagegeld können sie die kleinen Dienste bezahlen oder sich erkenntlich zeigen und sich so ihre Freiheit bewahren.

Der Nachteil der Pflegetagegeldversicherung liegt darin, dass auch hierbei steigende Kosten nicht abgefedert werden. Reicht die vereinbarte Summe nicht aus, kann sich der pflegebedürftige Mensch nachversichern. Da in diesem Fall aber das Eintrittsalter sehr viel höher ist als beim ersten Vertragsabschluss, werden auch die Beiträge sehr viel höher ausfallen. Ist er inzwischen erkrankt, wird die Versicherung ihre Zustimmung sowieso verweigern. Deshalb sollten Interessierte, die eine solche Versicherung überhaupt abschließen wollen, darauf achten, dass eine dynamische Erhöhung eingebaut ist. Die erfolgt jedes Jahr automatisch. Wenn er sie nicht will, kann er sie auch ablehnen.

Pflegerentenversicherung

Diese Versicherung funktioniert wie eine Lebensversicherung und wird auch von einigen Lebensversicherern angeboten. Der Versicherungsnehmer zahlt einen monatlichen oder einmaligen Beitrag. Dafür bekommt er im Pflegefall eine monatliche Rente, deren Höhe bei Vertragsabschluss festgelegt wird. Allerdings besteht nur Sicherheit für die garantierte Rente. Wie bei der Lebensversicherung hängt die Höhe der Rente von der Höhe der Überschussbeteiligung ab. Über die Rente kann der Versicherte wie bei der Tagegeldversicherung frei verfügen. Anders als bei der Kostenversicherung, deren Höhe von der Entwicklung der Pflegepflichtversicherung abhängt, bleiben bei der Rentenversicherung die Beiträge gleich. Dabei handelt es sich um eine Risikoversicherung. Sie zahlt, sobald der Versicherte in eine Pflegestufe eingeordnet ist. Sobald der Versicherungsfall eintritt, stoppt die Beitragszahlung. Im Todesfall bekommen die Erben zwei bis drei Jahresrenten, allerdings nach Abzug der bereits geleisteten Rentenzahlungen. Tritt der Pflegefall nicht ein, überweist die Gesellschaft je nach Tarif eine Rente, sobald der Versicherte das 85. Lebensjahr erreicht hat. Die Kosten für eine solche Versicherung hängen vom Eintrittsalter ab. So zahlt ein 50-jähriger Mann, der später 500 Euro Rente bekommen will, bei der Ideal-Versicherung 13,70 Euro für die Pflegestufe III und 28,22 Euro, wenn er die Rente bereits in der Pflegestufe II kassieren möchte. Der Vorteil: Pflegerentenversicherungen leisten auch bei Alzheimer-Erkrankungen. Bereits ab Pflegestufe I zahlt die Generali Versicherung 50 Prozent der Rente, in Stufe II sind es 75 Prozent und bei nachgewiesener Demenz ebenfalls 75 Prozent. Dieses Unternehmen bietet den Versicherten die Wahl zwischen drei Varianten der Auszahlung: die Pflegerente, die Umwandlung in eine Altersrente oder die Auszahlung. Ein männlicher Versicherter, 50 Jahre alt, zahlt pro Monat 68,74 Euro für eine spätere Rente von 750 Euro.

Auch wenn die Versicherer damit werben, dass ihre Kunden bis zum Alter von 70 oder 75 Jahren einen Vertrag über eine Pflegerentenversicherung abschließen können, sollte dieser Schritt wohlüberlegt sein. Denn generell sind diese zusätzlichen Versicherungen umso teuerer je älter der Kunde bei Vertragsabschluss ist.

Um sich günstige Beiträge zu sichern, sollte der Vertrag im Alter von 40 Jahren unterschrieben werden. Doch wer denkt schon zu dieser Zeit an die Kosten für seine spätere Pflege. Dann stehen andere Dinge an, die finanziell gestemmt werden müssen: die Ausbildung der Kinder, Anschaffungen, die Finanzierung eines Hauses, die Absicherung der Berufsunfähigkeit und vor allem die Altersvorsorge. Experten wie die nordrheinwestfälische Verbraucherschützerin Elke Weidenbach setzen selbst auf die Vorsorge: „Wenn man für das Alter gut vorgesorgt hat, reicht das Geld auch für die Pflege. Zuletzt kann man ja immer noch das Haus „aufbrauchen“. In jedem Fall macht es mehr Sinn, die finanzielle Unabhängigkeit so weit wie möglich bis ins Alter zu bewahren. Da eignen sich Formen der Geldanlagen wie Fonds oder das Parken größerer Beträge auf lukrativen Tagesgeldkonten schon eher. Denn auf diese Weise kann der Sparer frei über das Kapital verfügen und selbst entscheiden, wie viel er davon für was auch immer ausgibt. „Allerdings“, so Elke Weidenbach, „hängt es von der Einstellung jedes Einzelnen ab, ob er sich am liebsten gegen alle Unwägbarkeiten des Lebens absichert oder darauf vertraut, die Dinge selber regeln zu können.“ Vielleicht braucht der eine oder andere keine intensive Pflege im Alter. Dann bereitet es doch große Freude, sein Geld für Reisen oder andere Dinge auszugeben, die man sich bis dahin nicht geleistet hat.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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