Leitartikel

Nothalt

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es ist oft wie beim Kleingedruckten: Man geht darüber hinweg oder es geht unter. Auch der jüngst beendete Parteitag der CDU hatte sein „Kleingedrucktes“: MdB und Gesundheitspolitiker Willy Zylajew beerdigte laut Wirtschaftswoche vom 1. Dezember die Gesundheitsprämie – jenes für manche Experten ordnungspolitisch wegweisende Gegenmodell zur SPD-Bürgerversicherung. Angela Merkel hatte damit noch auf dem Aufbruchparteitag 2003 in Leipzig gepunktet. Drei Jahre später in Dresden galt das noch: Angela Merkel in ihrer Parteitagsrede: „... für eine solidarische Gesundheitsprämie. Ohne dieses Konzept wäre es uns heute in der Bundesregierung nicht möglich gewesen, die Bürgerversicherung zu verhindern und die entscheidenden Weichenstellungen für die neue Gesundheitsversicherung vorzunehmen.“ Große Worte, große Pläne – von Willi Zylajew nun klammheimlich beerdigt: „Die Weiterentwicklung in ein Prämienmodell ist für uns kein Thema mehr.“ Ist das nun der Durchmarsch für die Bürgerversicherung?

Zumindest fahren wir auf dem Highway der Einheitsversicherung! Die einen – SPD, Grüne und Co. – mit Bleifuß: offensichtlich auf der Überholspur. Andere, wie die gesetzlichen Krankenkassen, zunehmend in Fahrgemeinschaften (sprich Fusionen) mit eingeschaltetem Navi und Tempomat, damit man sicher ankommt. Der CDU ist offensichtlich der Turboloader ausgefallen, aber man rollt... Und auch der PKV, die in der Vergangenheit öfter als (System-)Geisterfahrer auffiel, ist dieses „Gegendie- Richtung-fahren“ offenbar zu unsicher geworden; sie fährt inzwischen relativ ruhig im Mainstream mit. Die „Highway Patrol“ – sprich das BMG – goutiert das. Und wo sind wir Ärzte und Zahnärzte? Schönen Gruß von der Standspur!

Der vorliegende GOZ-Entwurf ist da ein eindeutiger Beleg. Es passt der PKV offenkundig ins (Überlebens-)Konzept, die GOZ zum Analog-Bema zu verkrüppeln. Man reibt sich die Augen, wie zunehmend deckungsgleich BMG und PKV agieren. Das BMG will Preisgerechtigkeit, will laut Begründung im GOZ-Entwurf „bei vergleichbaren Leistungen vergleichbare Vergütungsregelungen“. Ausdrücklich ist „das Bewertungsgefüge des BEMA Grundlage für die einzelnen Leistungen der neuen GOZ“. Das ist die marktstrategische Vorlage (und Vorgabe?) für die PKV. Sollte deren Versicherungsmodell überlebensfähig bleiben, dann stellt eine neue GOZ nach dem derzeitigen Entwurfsstand sicher ,dass Vergütung und erbrachte Leistung in ein (von der PKV diktiertes) „angemessenes“ (PKV-)Verhältnis gebracht werden. Und sollte der (von jeder PKV ungeliebte?) Basistarif überleben, dann ließe sich unter Einheitsversicherungsstrukturen mit Zusatzversicherungen auch noch ein- und damit bekömmlich leben.

Man packt also den Tiger „Öffnungsklausel“ in den Tank! Er ist ein wahrer Tausendsassa! Und vom BMG auch so angelegt: „Er eröffnet für Zahnärzteschaft und Kostenträger neue Gestaltungsspielräume, die bisher in privatzahnärztlichem Gebührenrecht – im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung – nicht zur Verfügung stehen.“

Auch die GKV nimmt die Steilvorlage gerne auf. Bei der Anhörung zum GOZ-Entwurf im BMG hat auch das nicht mehr überraschen können. Allenfalls die Begründung war bemerkenswert. Der GKV-Vertreter: Da man ja im Bereich der ZE-Festzuschüsse auch die Privatleistungen mitfinanziere (sic!), sei es nur konsequent, die Öffnungsklausel beanspruchen zu wollen. So (ver)führt der Gesundheitsfonds durch Fusionitis der klammen Kassen ebenso zur Einheitsversicherung wie der gleichmachende Basistarif.

Der Eindruck verdichtet sich, dass im System durch geschickt gesetzte Köder jeder für sich, aber gegen uns alle arbeitet. Und wer auf die Gefahren der am grünen Tisch ersonnenen Neuerungen hinweist, Folgen durchrechnet und Ergebnisse vorweist, wird als Miesmacher der Nation vorgeführt.

Die Gesundheitspolitik der CDU, derzeit mit Verdacht auf Kolbenfresser auf dem Highway ruckelnd, sollte eine Ausweichroute suchen, solange BMG und Koalitionspartner noch nicht jede Ausfahrt blockiert haben. Sonst bleibt nur die Nothaltebucht!

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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