Aktiv in soziale Netze

Partner statt Single

Heftarchiv Gesellschaft
Gebildete haben es vergleichsweise schwer, neue Kontakte aufzubauen. Dies geht aus einer Untersuchung des Soziologen Jochen Hirschle von der Fernuni Hagen hervor. Ein Zahnarzt aus Flensburg hat sein Mittel dagegen entdeckt: Doctor-Dating. Mehr über das „Wie“ verraten Pick-up-Artists. Oder das Kino.

Die Studie von Hirschle, Institut für Soziologie der FernUniversität Hagen, 2007 ergab: Nach Ausbildung oder Studium bleiben Höhergebildete Singles mit hoher Wahrscheinlichkeit allein, denn Akademiker seien selten Partylöwen. Auf der Suche nach dauerhaften Freundschaften und intimen Beziehungen seien sie stark auf die Institution und Organisation fixiert, in der sie arbeiten oder lernen. Gebildeten Menschen falle es schwer, andere Wege zur Kontaktaufnahme zu finden.

Die Untersuchung ergab: Rund 60 Prozent der weniger Gebildeten, mit Haupt- oder Realschulabschluss, fanden ihren Partner im Freundeskreis, in der Disco oder Kneipe; dies gelang nur 41 Prozent der Abiturienten. Dabei könne ein Abiturient während der Ausbildung noch relativ leicht neue Leute kennen lernen. Sitze er später im Job in seinem Büro, falle ihm dies viel schwerer.

Andererseits verlangt der Arbeitsmarkt gerade von Top-Leuten heute ein enormes Maß persönlicher Flexibilität. Zum Beispiel von Ärzten und Zahnärzten häufige Ortswechsel allein während der Tätigkeit als Weiterbildungsassistent. Was aber passiert, wenn der Betreffende letzlich nicht nur vermehrt im Job eingespannt ist und die Einbettung in sein bisheriges soziales Umfeld verliert?

Herschle fand heraus, dass Menschen mit höherem Bildungsgrad abends viel seltener ausgehen. Sein Ergebnis: Wenn sie sich mit Freunden treffen, dann bevorzugt zu Hause als auswärts. Weitaus öfter aber nutzen sie den Abend, um zu lesen oder – länger zu arbeiten. Denn zu all den anderen Faktoren komme, dass gerade sie im Beruf stark gefordert werden und deshalb leicht bei privaten gemeinschaftlichen Unternehmungen zurückstecken.

Drehscheibe für Doctores

Ärzte in Klinik und Praxis sind von diesen Umständen durch Schicht- und Notdienste häufig betroffen. Auch wer sich in einer festen Beziehung aufgehoben glaubt, strapaziert sie, wenn er vor lauter Arbeit die Partnerschaft vernachlässigt.

Und dann wird der Partner schnell zum Single. Der Wunsch der meisten Singles geht allerdings hin zum Partner. Das Bedürfnis nach Nähe treibe viele Menschen um, erläutert der Soziologe.

Wer kaum noch ausgeht, bleibt allein. Oder schaut sich im Internet nach neuen Kontakten um. Börsen wie parship, neu.de, friendscout24 stehen allen offen.

Für Mediziner gibt es ein ganz spezielles Angebot: Auf „Doctor-Dating.de“ lernen sich nur Ärzte und andere Akteure aus dem Gesundheitswesen kennen. Der Flensburger Zahnarzt Erland Freij hat dieses ins Leben der Singles unter seinen Kollegen gerufen. Aus einem einfachen Grund: Auch er fand seine Lebensgefährtin dank Internet. Doch sei die Suche mühsam und langwierig gewesen, da die User nicht homogen genug waren. Schließlich hatte seine Suche ein Happy-End – mit einer Krankenschwester.

Sein persönliches Fazit: Menschen mit gleichen Interessen und mit ähnlichem beruflichen Hintergrund passen eher zusammen, als solche aus völlig unterschiedlichen Branchen. Als Gründe für eine leichte Annäherung unter Medizinern vermutet er die Gemeinsamkeit hoher Verantwortung für die Patienten, der Freude am Umgang mit Menschen und das daraus resultierende „schier unerschöpfliche Themenspektrum“. Der Zahnarzt entwickelte daraufhin eine spezielle Plattform, auf die nur Heilberufler zugreifen können: „Ob Arzt, Pfleger oder Krankenschwester, technisch-medizinische Assistentin oder Laborfachkraft – durch die Spezialisierung auf eine medizinische Community sind gemeinsame Interessen und Gesprächsthemen programmiert“, glaubt der Zahnarzt. Und man versteht sich sozusagen blind: „Wer sich auf Doctor-Dating.de trifft, muss vieles nicht mehr erklären, was mit Nicht-Medizinern zu langwierigen Diskussionen führen kann.“ Diese Vorteile bringt er auf der Homepage auf den Punkt: „Sie möchten sich nicht durch Tausende von unspezifizierten Profilen klicken, sondern direkt mit Gleichgesinnten in Kontakt kommen? Wunderbar, dann sind Sie hier richtig. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der gezielten Partnersuche auf sympathische Art“, begrüßt das Doctor-Dating- Team die Nutzer, ergänzt mit dem verlockenden Hinweis: „Weil Liebe die beste Medizin ist“.

Damit die Community einen noch größeren Nutzen ziehen kann, als einmal den Partner fürs Leben zu finden, ist diese Dating-Drehscheibe zugleich ein Angebot für alle Gesundheitsberufler, die sich mit anderen einfach austauschen wollen.

Um schwarze Schafe als Trittbrettfahrer auszuschließen, will der Zahnmediziner nur User mit nachweislich echtem Bezug zum Gesundheitswesen für die Communitiy zulassen.

Versionen für Visionen

Bislang gibt es die Idee des Doctor-Datings nur als virtuelle Version, die reale ist – noch – eine Vision.

Das wiederum will der Soziologe Hirschle ändern: Er will auch die Gebildeten unter den Singles vor die Türe locken. Ihr besonderer Vorteil sei ihre Mobilität, die aber gleichzeitig bedinge, dass soziale Netzwerke schlechter aufgebaut und gepflegt werden könnten. Auch würden Bessergebildete gewachsene Freundschaften häufig wieder lösen, obwohl gerade diese für neue Kontakte wichtig seien.

Am besten nutze diese Chancen der, der lokalen Gemeinschaften angehöre und mit diesen etwas unternehme. Deshalb lautet Hirschles Rat an alle Singles mit hohem Schulabschluss: „Lasst die Bücher im Regal und geht in Discos und Kneipen.“ Denn wenn Höhergebildete das mehr und mehr tun, so seine Conclusio, finden sich dort eher nette Gesprächspartner.

Pick up your partner

Wie die perfekte Kontaktaufnahme aussehen kann, verraten mehr und mehr „Verführer- Helfer“ – oder auch „Pick-up-Artists“ genannt – in speziellen Seminaren, meist für Männer. Oder in Büchern. Der New York Times Autor Neil Strauss verfasste zu diesem neuen Trend einen Weltbestseller. Titel: „Die perfekte Masche“. Dennoch ist auch dieser Weg voller Steine: Der kanadische Artist Erik James Horvat-Markovic alias „Mystery“ hat nach eigenen Angaben zwölf Jahre lang jeden Korb analysiert, den er bekam. So eine Sammlung erfordert Geduld, die anschließende Auswertung wohl ebenso und entsprechend Fähigkeiten zur Einsicht dazu. Heute jedenfalls ist der Kanadier laut Männermagazin „Playboy“ der „Albert Einstein des Abschleppens“ .

Wer doch lieber im privaten Bereich zu Hause die Spielregeln fürs erste nicht-virtuelle Date noch einmal verinnerlichen möchte, kann bei dem Kinofilm „Hitch, der Date- Doctor“ in Sachen Amour auf amüsante Weise schlauer werden. Hollywood hat hier mit Will Smith und Eva Mendes das Thema „Verführungshelfer“ gekonnt mit einem Augenzwinkern inszeniert.

Marion Pitzkenzm-Redaktion, Köln

Dr. Sigrid OlbertzMittelstr. 11a,45549 Sprockhövel-Haßlinghausen

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.