Google Chrome

Der nächste Streich

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Bloß Suchmaschine zu sein, das hat Google schon lange nicht mehr genügt. Schritt für Schritt hat der kalifornische Datenriese seine Angebotspalette in den vergangenen zehn Jahren ausge-baut. Nach dem virtuellen Kartenwerk Google-Maps, dem Programm Googlemail und zahlreichen anderen Services folgt nun der nächste Streich: der Browser Google Chrome.

Ohne Browser kein Surfen durchs Internet. Programme wie Firefox, Opera, Internet Explorer oder Safari sorgen dafür, dass der Computer die Websites lesen und anzeigen kann. Ab sofort mischt Google in diesem Geschäft mit und setzt die Konkurrenz kräftig unter Innovationsdruck: Viele Features des Browser-Newcomers sind zukunftsweisend – manche sollten User hingegen mit Vorsicht genießen.

Pro Chrome

Schneller und stabiler – mit diesen Worten hat Google sein Produkt Chrome angekündigt. Das gelingt dem Browser, weil man mit ihm mehrere Fenster gleichzeitig nebeneinander in sogenannten Tabs öffnen kann, die nach Angaben der Programmierer völlig unabhängig voneinander arbeiten. Stürzt ein Tab ab, wird die Funktionstüchtigkeit der anderen offenen Tabs laut Google nicht gemindert.

Bequemeres Surfen – so ein weiteres Versprechen, das Google anlässlich der Veröffentlichung machte: Statt der üblichen Adressleiste verfügt Chrome zu diesem Zweck über eine „Omnibox“, in die man Webadressen oder Suchbegriffe eintippen kann. Während der Chrome-Nutzer einen Begriff eingibt, schlägt Google automatisch eine Reihe von Begriffen vor, nach denen der User gerade suchen könnte. Das ist so komfortabel wie schnell und verhindert außerdem Falscheingaben durch Tippfehler. Der Haken: Die Vorschlagsfunktion kann nur funktionieren, wenn alle Angaben simultan übers Netz an Google geschickt werden – ohne vorher mit der Enter-Taste bestätigt worden zu sein. Datenschützer befürchten, dass der Softwareriese damit Zugriff auf zu viele Informationen hat.

Alles wird registriert

Noch ein anderes Feature bringt Skeptiker auf die Palme: Jeder Chrome-Browser, der aus dem Netz heruntergeladen wird, wird mit einer Nummer gekennzeichnet. Wer die Software downloadet, registriert sich also indirekt. Im Klartext: Alle Stationen, die ein Nutzer beim Surfen durchs Netz ansteuert, können theoretisch gespeichert und zurückverfolgt werden. Wer sich unter diesen Voraussetzungen auf die Suche nach Informationen macht, präsentiert sich auf dem Silbertablett, so die Befürchtungen.

Googles Reaktion auf den Vorwurf: Die Identifikationsnummer werde nur in Ausnahmefällen an die hauseigenen Rechenzentren gesendet. Zum Beispiel während der Installation und der ersten Inbetriebnahme des Browsers, bei den automatischen Update-Prüfungen und wenn der Nutzer dem Senden von Nutzungsstatistiken oder Ausfallberichten an Google zustimmt.

Den Beteuerungen zum Trotz warnte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Verbraucher ausdrücklich vor der Nutzung des neuen Google-Browsers. „Chrome sollte nicht für den allgemeinen Gebrauch eingesetzt werden“, sagte BSI-Sprecher Matthias Gärtner der „Berliner Zeitung“. Chrome sei zwar „bequem, aber kritisch“, nicht nur, weil das Programm noch nicht ausgereift sei, sondern auch wegen eben jener Datensammelwut von Google. Es sei problematisch, dass der US-Konzern ein Produkt in der Testversion aufgrund seiner Marktmacht einer breiten, zum Teil technisch wenig versierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht habe.

Google hat sich in der Vergangenheit des Öfteren gegen den Vorwurf des überambitionierten Datensammelns stellen müssen. Aber um fair zu bleiben: Auch andere Browser verfügen über ähnliche Sammelleidenschaft. Firefox von Mozilla versendet laut Datenschutzdokument beim Automatischen Update Service eine klar zuzuordnende Browser-ID, und Microsofts Internet Explorer 8 lässt sich über das – abschaltbare – Tool „Suggested Sites“ fleißig URLs zuschicken.

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

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