Aromatasehemmer nach Brustkrebs

Schutzwirkung weit über die Medikamenteneinnahme hinaus

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Frauen, die nach einer Brustkrebsbehandlung fünf Jahre lang Tamoxifen einnehmen, haben ein deutlich reduziertes Rezidivrisiko. Das gilt ebenfalls – und neuen Studien zufolge sogar noch stärker –, wenn die betreffenden Frauen mit dem Aromatasehemmer Anastrozol behandelt werden.

„Carry-over-Effekt“ – so nennen die Onkologen das Phänomen, wenn der Rezidivschutz eines Medikamentes über die eigentliche Einnahme hinaus anhält. Belegt wurde dieser Effekt zunächst für die Einnahme von Tamoxifen nach der Behandlung eines Mammakarzinoms. Eine aktuelle Auswertung der ATAC-Studie (Anastrozole Tamoxifen alone or in Combination) zeigt nun, dass das Risiko für ein Brustkrebs-Rezidiv und ebenso für das Auftreten eines Karzinoms in der zweiten, bis dato gesunden Brust noch ausgeprägter durch eine frühzeitige Behandlung mit einem Aromatasehemmer gesenkt wird. So profitieren Frauen, die den Wirkstoff Anastrozol fünf Jahre lang einnehmen, von dessen Wirkung offenbar nicht nur während der Medikamenteneinnahme, sondern auch noch Jahre darüber hinaus, berichtete Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, bei einem Pressegespräch in Hamburg.

Rezidivschutz hält viele Jahre

In der ATAC-Studie waren nach seiner Darstellung 6 241 postmenopausale Frauen mit hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom fünf Jahre lang mit dem Antiöstrogen Tamoxifen oder dem Aromatasehemmer Anastrozol behandelt worden. Danach wurde das Medikament abgesetzt, aber weiter das Auftreten von erneuten Tumoren genauestens protokolliert. „Inzwischen werden 100 Monate und damit mehr als 46 000 Frauenjahre in der Studie überblickt“, betonte Schneeweiss.

Die Daten der 100-Monats-Auswertung wurden jüngst erstmals bei einem internationalen Treffen von Brustkrebs-Experten in San Antonio vorgestellt. Sie belegen, dass die Schutzwirkung unter beiden Therapieregimen nach der fünfjährigen Behandlung noch anhält und sich sogar verstärkt. „Das geschieht unter dem Aromatasehemmer sogar noch ausgeprägter als unter Tamoxifen“, so Schneeweiss.

Seltener Tumore in der kontralateralen Brust

Immerhin verbesserte dieser das krankheitsfreie Überleben der Studienteilnehmerinnen signifikant um 15 Prozent gegenüber Tamoxifen. Die Risikoreduktion vergrößert sich damit sogar über das Therapieende hinaus.

Auch unabhängig vom Rezidivrisiko wurden in der Analyse Vorteile von Anastrozol belegt, wie Schneeweiss darlegte: So wurde auch die Zeit bis zur Fernmetastasierung stärker verlängert und das Risiko für ein kontralaterales Mammakarzinom wurde deutlicher gesenkt.

Es steht nach Schneeweiss zu erwarten, dass sich der Effekt auch über den bisherigen Beobachtungszeitraum von neun Jahren hinaus fortsetzt. „Beim Tamoxifen haben wir mittlerweile eine Schutzwirkung von bis zu 15 Jahren dokumentieren können“, sagt der Gynäkologe.

Ob sich daraus tatsächlich Überlebensvorteile ergeben, ist jedoch noch unklar. „Wir sehen bei der Brustkrebssterblichkeit einen Trend hin zu einem Rückgang, ein signifikanter Unterschied aber ließ sich bisher nicht sichern“, so Schneeweiss. Das dürfte nach seiner Meinung daran liegen, dass in der Studie per se nur vergleichsweise wenige Todesfälle aufgetreten sind und zudem etwa die Hälfte der Todesfälle nichts mit dem Brustkrebs zu tun hatte. Die Frauen verstarben vielmehr aufgrund von nicht mit dem Brustkrebs assoziierten Erkrankungen, was sich durch das doch vergleichsweise hohe durchschnittliche Alter der Studienteilnehmerinnen von mehr als 70 Jahren erklärt.

Dass sich der Östrogenentzug langfristig so positiv auswirkt, dürfte nach Schneeweiss daran liegen, dass es beim Mammakarzinom schon zu Beginn der Erkrankung häufig Tumornester im Körper gibt, die mikroskopisch klein sind und lange Zeit nicht erfasst werden. Ihre Entwicklung zum sichtbaren Tumor dauert Schätzungen zufolge acht bis zehn Jahre. Ähnlich ist es bei Mikrometastasen des Primärtumors. Die Entwicklung solcher Krebs-Herde scheint durch Tamoxifen – und stärker noch durch Anastrozol – gehemmt zu werden, was zugleich die lang anhaltende Schutzwirkung erklärt.

Christine VetterMerkenicher Straße 22450735 Köln

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