Leitartikel

Abseits vom Mainstream

Heftarchiv Meinung

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

er denke niemals an die Zukunft – sie komme früh genug, soll Albert Einstein seinen Zeitgenossen einst mitgeteilt haben. Seine Zeit und sein Genie mögen damit ja zu Rande gekommen sein. Aber ich wette: Spätestens beim Gesundheitsfonds wäre auch Einstein ins Grübeln gekommen und hätte doch an die Zukunft gedacht. Im Gesundheitswesen von heute wäre er mit seiner damaligen Einschätzung nicht weit gekommen: Zu kurz die Halbwertzeiten der auf uns einschlagenden Reformen, zu rigoros die Bevormundung der Beteiligten, zu rastlos die Politik.

Die Regierung beweist das ab jetzt jährlich. Sie legt den GKV-Beitragssatz fest – sicher dem politischen Kalkül folgend. Jetzt also 15,5 Prozent, schließlich kommt ja ein Wahljahr. (Schon gibt es die ersten Propheten, dass der unterfinanzierte Gesundheitsfonds im Fahrwasser der Finanz- und Wirtschaftskrise weit vor der Zeit geleert sein wird.) Es ist eine bittere Erkenntnis: Hoffnung stirbt zwar zuletzt, aber sie macht bekanntlich nicht satt.

KZBV und KZVen haben immer wieder Möglichkeiten erarbeitet, die abseits des gesundheitspolitischen Mainstream individuell gestaltete Erfolgsmodelle wurden. Wir Zahnärzte sind damit gut gefahren.

Entsprechend kann sich die KZBV-Vertreterversammlung durch ausführliche Diskussion, Analyse und die Vorstandsarbeit flankierende Beschlüsse für die Zukunft wappnen. Letztlich sind für uns Zahnärzte nach ausführlicher Begutachtung der aktuellen politischen Sachlage vier Themen vordringlich:

Zum einen setzen wir die Abschaffung der Budgets auf unsere Agenda. Anders als im ärztlichen Bereich würde in der zahnärztlichen Versorgung die grundsätzliche Abschaffung der Budgets keine Ausgabensteigerung induzieren. Hier gibt es keine angebotsinduzierte Nachfrage. Der Beleg: Die Anteile der Zahnmedizin an den GKV-Ausgaben sind von ehemals 15 auf mittlerweile sieben Prozent gesunken – und das einschließlich Zahnersatz. Natürlich hat der Patient daran seinen kompensierenden Anteil. Doch der Ausweg in die Menge ist schon lange nicht mehr unser Weg.

Vordringlich ist das überfällige Angleichen der Punktwerte in den neuen Bundesländern an das Niveau im Westen. Bei den Ärzten ist das inzwischen zu einem großen Teil erreicht worden. Also besteht bei uns berechtigter Nachholbedarf. Entsetzen kann eine solche Forderung angesichts der aus der Ärzteschaft bekannten Summen ohnehin nicht. Wir reden hier über einen Kostenumfang von 140 bis 170 Millionen Euro im Jahr, also 0,014 bis 0,017 Beitragssatzpunkte der GKV. Da ist die Politik von den Ärzten ganz Anderes gewöhnt. Unsere Forderung ist also recht und billig.

Leider sind das aber nicht die einzigen Verwerfungen, die das System schafft: Auch der zwischen den Krankenkassen geschaffene Wettbewerb und die damit verbundenen Abwanderungen der Versicherten zu Konkurrenten mit ganz anderen Leistungspauschalen bewirken zunehmende Verluste für die zahnärztliche Versorgung. Hier müssen Lösungen her, zumal die Geldmengen, die auf diese Weise im Kassen-Nirwana verschwinden, tendenziell steigen.

Das vierte Thema ist die mögliche Forcierung des Festzuschusssystems, das auch in anderen Versorgungsbereichen für Patienten, und Kostenträger über uns Zahnärzte zukunftsweisend sein kann. Wir werden das eingehend analysieren und mit allen Beteiligten das Gespräch suchen. Befürchten muss der Gesetzgeber nichts: Die Patienten steuern die Mengenentwicklung. Hier liegen Problemlösungen, mit denen sich auch die Politik ausführlicher befassen sollte.

Also Blick nach Vorn: Unsere Marschrichtung ist klar. Im Bereich der Zahnmedizin, so viel ist sicher, müssen weder Politiker noch Patienten die Zukunft scheuen.

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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