Revolving Credit Cards

Dieser Schuss kann nach hinten losgehen

Als besonders flexibel preisen die Banken eine bislang wenig bekannte Variante der Kreditkarte an. Der Witz bei der Revolving Credit Card ist, dass das Kreditkonto nicht wie bisher am Monatsende ausgeglichen wird. Vielmehr dürfen die Kunden wahlweise den ganzen Betrag oder auch nur Teile davon zurückzahlen. Die Banken freut besonders Letzteres. Denn für den Revolving Kredit kassieren sie besonders hohe Zinsen und der Kunde bleibt ihnen erhalten.

Alles was in den USA erfolgreich ist, findet über kurz oder lang auch seinen Weg nach Deutschland. Doch nicht immer erweisen sich die Importe als besonders segensreich. Das gilt auch für die Revolving Credit Card. Dieses bei den US-Bürgern äußerst beliebte Kreditkarten-Modell bescherte den Nutzern einen Schuldenstand von derzeit 952,7 Milliarden Dollar – mit steigender Tendenz hin zur Kreditblase, die bald zu platzen droht. Kein Wunder, das System verlockt geradezu zum Aufbau von Schulden.

Bislang setzen die Deutschen ihre herkömmlichen Kreditkarten nur zögerlich an der Ladenkasse oder im Restaurant als Zahlungsmittel ein. Ihr Konto strapazieren sie damit kaum. Sie sind geradezu als Barzahler verschrien. Genau aus diesem Grund bieten die deutschen Banken dieses Kreditkarten- Modell jetzt verstärkt an. So offeriert zum Beispiel die Deutsche Bank ihre WorldFlex Card. Dabei räumt sie dem Kunden einen Kreditrahmen ein, den er beliebig ausnutzen kann.

Wie groß der Spielraum ist, hängt von der Bonität des Kunden ab. Er kann also solange mit seiner Karte bezahlen, bis er die vereinbarte Kreditsumme ausgeschöpft hat. Die Rückzahlung bestimmt er ebenfalls selbst. Bei der Deutschen Bank beträgt sie wahlweise fünf oder zehn Prozent im Monat, mindestens aber 25 Euro. Anders als bei der üblichen Karten-Methode, bei der am Ende des Monats der fällige Betrag automatisch vom Girokonto abgebucht wird, ist hierbei die Disziplin des Karteninhabers gefragt. So sieht das auch Rechtsanwalt Hartmut Strube von der Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen in Düsseldorf: „Beim Revolving- Kredit muss der Kunde sein Konto sehr aktiv managen und steuern.“

Tut er das nicht, gerät er schnell in eine Schuldenfalle. Konten für Revolving-Kreditkarten liegen eigentlich vom ersten Cent, den der Karteninhaber mit dem Plastikstück bezahlt oder abhebt, immer im Minus. Und mit jedem Einkauf, der über dieses Konto läuft, steigt die Kreditsumme. Für die Rückzahlung der Schulden räumen die Banken unterschiedlich lange Fristen ein, innerhalb derer sie keine Zinsen verlangen; bei der Deutschen Bank entscheidet auch hier die Bonität.

Zur Kasse bitte

Wer die eingeräumte Frist überschreitet, berappt Zinsen zwischen 13,6 und 14,48 Prozent. Für diesen Service kassiert das Institut noch eine Jahresgebühr von zehn Euro. Sogar 18 Euro verlangt die ING-Diba für eine Master- oder Visa-Card mit dem Revolvig- System, dafür kostet der Kredit 10,9 Prozent effektiv. Billiger wird es mit einem Dispo für 9,38 Prozent. 15 Euro kostet die Student Card der Citibank, der Kreditrahmen beläuft sich auf zunächst 500 Euro. Um diesen Kredit zurückzuzahlen, hat der Student immerhin sieben Wochen Zeit. Schafft er den Ausgleich innerhalb dieser Frist nicht, kassiert die Bank Zinsen. Wie hoch die ausfallen, hängt von der jeweiligen Karte ab. Denn die Revolving Funktion gibt es auf Wunsch der Kunden für jede Citibank- Karte. Und je nach Modell rangieren die Zinsen zwischen 7,73 und 18,39 Prozent effektiv pro Jahr.

Noch mehr zahlen die Nutzer der Mastercard Gold der luxemburgischen Advanzia Bank. Sie verlangt Teilzahlungszinsen von 19,9 Prozent pro Jahr, wenn der Kunde mit der Karte eingekauft hat. Beschafft er sich mit dem Plastikstück Bargeld am Automaten und zahlt er den Kredit nicht rechtzeitig zurück, kassiert das Institut stolze 25,9 Prozent pro Jahr. Dafür hat der Kunde auch hier sieben Wochen Zeit für den Kontoausgleich. Außerdem zahlt er keine Kartengebühren und kann weltweit kostenfrei Geld abheben sowie im Laden bezahlen.

Kettenkarussel für Kredite

Für alle Revolving-Kredite gilt: Tilgt der Kunde den Betrag auch nur zu einem Teil, wird ihm sofort wieder Kredit gewährt. Dieses System verführt permanent zum Schulden machen. Was wiederum zu permanenten Schulden führt.

Was als vorübergehende Zahlungserleichterung gedacht war, wächst sich schnell zum teuren Dauerkredit aus. Der Karteninhaber glaubt, sich Dinge leisten zu können, für die das normale Einkommen nicht reicht. Auf diese Weise rutscht er in die Schuldenfalle. Denn viele Bankkunden, die eine Revolving Kreditkarte beantragen, haben bereits ihren Dispokredit ausgereizt.

Den Banken kommt die Gedankenlosigkeit ihrer Kunden gerade recht. Mit Freude kassieren sie die üppigen Zinsen. Und für Karteninhaber, die sich selber nicht zutrauen, ihre Schulden rechtzeitig zu tilgen, halten die Citibank und andere noch die Restschuldversicherung bereit. Sie tritt in Kraft, wenn der Kunde zahlungsunfähig wird. Die teuer erkaufte Sicherheit kommentiert Verbraucherschützer Strube so: „Wenn die Versicherungskosten in den Kreditzins eingerechnet würden, kämen Effektivzinsen von 20 bis30 Prozent heraus.“

Alternativen für Pfiffige

Pfiffige Kunden aber, die für eine größere Anschaffung einen Kredit benötigen, entscheiden sich für einen Kleinkredit. Den gibt es schon für weniger als fünf Prozent effektiv pro Jahr.

Wer für den Urlaub eine Kreditkarte braucht oder Sohn beziehungsweise Tochter mit Plastikgeld für den Auslandsaufenthalt ausstatten will ohne ein Kreditrisiko einzugehen, kann sich eine Prepaid-Card besorgen. Wie fürs Handy gibt es auch Karten, die mit einem Guthaben ausgestattet sind. Allerdings bieten bis jetzt nur wenige Banken dieses Modell an. Dazu gehören die Landesbank Berlin und die Schwäbische Bank. Die Berliner verlangen für ihre Visa-Card 39 Euro Grundgebühr pro Jahr. Der Kunde zahlt einen Betrag auf ein Konto, für das er Guthabenzinsen von bis zu 3,35 Prozent kassiert. Die Karte lädt er über dieses Konto in beliebiger Höhe auf. Mit dem so präparierten Plastikstück kann er an allen Visa-Akzeptanzstellen bezahlen und weltweit kostenlos Bargeld abheben.

Die MyPrepaid-Card der Schwäbischen Bank ist speziell für Kinder und Jugendliche gedacht. Sie kostet 28 Euro pro Jahr und kann mit maximal 300 Euro geladen werden. Das Erwachsenen-Modell hat ein Ladelimit von 500 Euro. Bis auf die Jahresgebühr von 45 Euro fallen keine weiteren Kosten an.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.