Ärztepfusch

Mehr Patienten beschweren sich

Die Klagen häufen sich: Insgesamt 10 432 Patienten haben sich vergangenes Jahr an medizinische Gutachter wegen angeblichem Ärztepfusch gewandt. Anlass für die Bundesärztekammer, eine umfassende Fehlerstatistik vorzulegen – und noch mehr Transparenz zu fordern.

Mit insgesamt 10 432 Patientenbeschwerden an die Gutachterstellen der Kammern stieg die Anzahl der Vorwürfe 2007 um 1,5 Prozent, erklärte die Bundesärztekammer bei der Präsentation ihrer Fehlerstatistik für 2007. Weitere 30 000 Patienten hätten schätzungsweise bei Gerichten, Versicherungen und Krankenkassen vorgesprochen. Die meisten Anschuldigungen bezogen sich auf die Durchführung von OPs, am zweithäufigsten nannten die Patienten die Diagnostik mit bildgebenden Verfahren.

Tatort Krankenhaus

Vor diesem Hintergrund haben die ärztlichen Prüfstellen 2007 insgesamt 7 049 Gutachten erstellt. Fehler machten die Mediziner in 2 095 Fällen, 1 717 Mal konnte man Behandlungsfehler oder Mängel bei der Risikoaufklärung nachweisen, die „ursächlich für einen Gesundheitsschaden“ waren. In diesen Fällen ergaben sich, so die BÄK, für die Patienten Ansprüche auf Entschädigung. Am häufigsten kam es bei Hüft- und Kniegelenksoperationen zu Problemen: 228 Mal erhielten Patienten Recht, die wegen Hüftgelenksarthrose in Behandlung waren, 194 Mal gab es Schadenersatz wegen einer schlechten Behandlung bei Kniegelenksverschleiß.

Das heißt, die meisten Fehler passieren im Krankenhaus – vor allem in der Unfallchirurgie. Bei komplizierten OPs kommt es offenbar häufiger zu Zwischenfällen. Sprich, weil gute Chirurgen sich schwerste Eingriffe zutrauen, geht bei ihnen auch mehr schief. Bei den Praxisärzten unterliefen den Orthopäden die meisten Fehler, dahinter liegen gleich die Hausärzte.

„Wir wollen, dass unsere Daten zur Fehlerprävention genutzt werden und möchten andere ermutigen, unserem Beispiel zu folgen“, sagte Dr. Andreas Crusius, Vorsitzender der Konferenz der Gutachterkommissionen. „Auch die Krankenhäuser sind aufgerufen, Zahlen zu Schadensfällen herauszugeben“, betonte Crusius und forderte damit auch andere Institutionen im Gesundheitswesen auf, Daten über Behandlungsfehler zu veröffentlichen. Wie viele Fehler es insgesamt gab, sei aber unbekannt.

Spitze des Eisbergs

Verbraucherschützer gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus: „Was die Schlichtungsstellen veröffentlichen, ist nur die Spitze eines Eisberges“, meinte Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, in der „Frankfurter Rundschau“. Viele Behandlungsfehler würden gar nicht erst begutachtet, „weil es schwer ist, zweifelsfrei festzustellen, dass ein Fehler vorliegt“. Viele Patienten berichteten zudem, dass es „ganz schwierig“ sei, unabhängige Gutachten zu bekommen. Crusius korrigierte: Die Zahlen hätten sich in den vergangenen Jahren kaum verändert.

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