Mobiles Internet

Web aus der Jackentasche

Einmal Internet zum Mitnehmen? Dank Laptop ist das schon lange kein Problem mehr. Doch als Surfbrett fürs Netz haben die tragbaren PCs Konkurrenz bekommen. Und die ist so klein wie eine Hand und passt bequem in jede Jacken- oder Hosentasche: Handys und Smartphones. Mit den Mini-Workstations wird das Internet noch mobiler.

Mobilität ist Trumpf. Um unterwegs E-Mails zu checken oder das Wetter auf Mallorca aufzurufen, müssen immer weniger User ihr Laptop auspacken. Sie können sich die Infos auch per Handy oder Smartphone besorgen. Die Mobilfunkindustrie wittert im mobilen Internet den Markt der Zukunft und arbeitet mit Hochdruck an neuen Geräten. Bei der CeBit im kommenden März wollen die Anbieter von Siemens bis Motorola vor allem eins: Innovationen für den Onlinebereich präsentieren. Und auch bei der weltweit größten Messe für Handytrends, dem Mobile World Congress in Barcelona, dreht sich im Februar alles um den Schwerpunkt mobiles Internet.

Alleskönner Handy

Für die meisten Nutzer führt der Weg ins mobile Netz über das gute alte Handy. Als sie Anfang der 90er-Jahre aufkamen, konnte man mit ihnen nur eins: telefonieren. Wenig später kam die SMS hinzu und vor einigen Jahren der Multimedia Messaging Service (MMS), mit dem man wesentlich mehr Text und außerdem Bilder und Musik verschicken kann. Heute bieten Mobiltelefone eine Vielzahl zusätzlicher Funktionen. Zum Beispiel den Push-to-Talk (PTT)-Modus, bei dem man das Handy wie ein Walkie-Talkie nutzt. In den USA ist PTT sehr beliebt, hierzulande bietet nur T-Mobile den Dienst an – allerdings nicht zum Schnäppchenpreis und deshalb keine Erfolgsgeschichte.

Damit mobiles Surfen im Netz nicht ebenso zum Flop wird, müssen schnell geeignete Geräte und günstige Tarife her. Vor allem bei den Preisen vermuten viele Kunden hinter den Internetangeboten fürs Handy eine Kostenfalle. Oft zu Recht. Ein weiteres Problem: Vielen ist nicht klar, welche technischen Fortschritte im Bereich Handy-Internet gemacht wurden.

• Internet

Die Übertragungsgeschwindigkeiten in den Handynetzen nähern sich DSL-Niveau und das Angebot fürs mobile Web wird immer vielfältiger. Dass dieser Bereich zunehmend an Bedeutung gewinnt, beweist auch, dass Unternehmen wie Spiegel Online und eBay spezielle, auf Mobiltelefone zugeschnittene Seiten in ihr Angebot aufnehmen.

Die Vielfalt des Handy-Internets scheitert oft an einem Problem: Die integrierten Browser der Geräte unterstützen meist nur Dienste. Das sogenannte Application Protocol sorgt dafür, dass Texte und Grafiken in ein mobilfunkfreundliches Format umgewandelt werden – schließlich steht einem Handy nicht die gleiche Rechenleistung zur Verfügung wie einem richtigen PC.

In Zukunft sollen moderne Browsergenerationen Internetseiten optimal auf dem Handydisplay darstellen können. Smartphone-User befinden sich hier im Vorteil. Die Spezialtelefone sind von vorneherein für die Nutzung des Internets konzipiert und besitzen ein erweiterbares Betriebssystem. Aber auch Handybesitzer können ihre Geräte – in geringerem Umfang – mit zusätzlicher Software aufrüsten. Eine Möglichkeit ist der Download des kostenlosen Browsers Opera Mini. Vorteil: Die angesteuerten Webseiten werden komprimiert, bevor sie auf dem Handydisplay erscheinen.

Achtung: Die Software läuft nur auf Geräten, die die Installation von Java-Programmen zulassen. Per Mini-Auswahlfenster, das mit der Navigationstaste des Handys gesteuert wird, lassen sich einzelne Bereiche auswählen und vergrößern. Favoriten werden per Klick abgespeichert und der Verlauf besuchter Seiten ist ebenfalls schnell aufrufbar. Die Vor- und Zurück-Navigation läuft ganz bequem über ein kleines Extra-Menü. Auf einigen Motorola-Handys, unter anderem Krzr K3, Rokr Z6 und Razr maxx V6, ist Opera Mini bereits vorinstalliert.

Einen weiteren Abstauber wollen die Entwickler der Suchmaschine Mozilla Firefox auf den Markt bringen. Ihr kostenloser Browser soll den Namen Minimo tragen. Laufen wird er allerdings nur auf Handys, die als Betriebssystem Windows installiert haben. Da darf die Konkurrenz nicht schlafen. Wenig überraschend hat vor kurzem auch Branchenriese Google angekündigt, sich auf die Entwicklung neuer Anwendungen für das mobile Internet zu stürzen.

• Fernsehen

In der ersten Reihe sitzen, wenn die Lieblingsserie läuft (oder die Bundesliga), kann man seit längerem auch vor dem Handy- oder Smartphonebildschirm. Erste Versuche wurden zur Fußball-WM 2006 gestartet  –  scheiterten aber kläglich. Damals konnten Nutzer vier Programme gucken. Gerade mal 10000 Menschen hatten daran Interesse.

In der ersten Reihe sitzen

Zurzeit kann man Handy-TV über zwei Wege empfangen: die Mobilfunk- oder die Rundfunknetze. Die erste Variante setzt auf den Funkstandard UMTS. Er ermöglicht hohe Übertragungsraten, die durch seine technische Erweiterung HSDPA noch gesteigert werden. Das Angebot bei UMTS-Angeboten ist allerdings eingeschränkt. Meistens können nur bestimmte Sendungen abgerufen werden, die per Stream auf dem Handy landen. Live-Feeling kommt bei den On-demand-Angeboten aus der Konserve nicht wirklich auf. Ein weiteres Problem: UMTS-Zellen verkraften nur eine bestimmte Anzahl von Usern. Schalten zu viele Zuschauer gleichzeitig ein, leidet die Bildqualität.

Rundfunknetze haben dieses Problem nicht. Sie arbeiten mit den Übertragungstechniken Digital Media Broadcasting (DMB) und Digital Video Broadcasting for Handhelds (DVB-H). Auf diesem Weg können beliebig viele Nutzer Shows innerhalb eines Sendegebietes in gleichbleibender Qualität empfangen, und zwar live.

Ob sich DMB oder DVH-B auf dem Markt durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Technisch gesehen ist DVB-H überlegen. Aufgrund seiner Bandbreite von 8,29 Megabit pro Sekunde kann der Funkstandard fünfmal mehr Informationen – das sind bis zu 20 TV-Programme – übertragen. Der Nachteil von DVH-B ist allerdings, dass die Empfangseigenschaften im Vergleich zu eingeschränkt sind. Mobiler Empfang in Intercity-Zügen zum Beispiel ist kaum möglich. Außerdem ist die Verbreitung von DVB-H in ländlicheren Gegenden teurer als DMB.

Die EU-Kommission scheint das nicht zu stören. Im November 2007 hat sie DVB-H als Norm für mobiles Fernsehen festgelegt. Die 27 Mitgliedsländer sind somit dazu verpflichtet, diesen Standard besonders zu fördern. Die Landesmedienanstalten in Deutschland, unter anderem zuständig für Kontrolle und Entwicklung des privaten Rundfunks, sind der Weisung bereits nachgekommen. Anfang des Jahres empfahlen sie das Unternehmen Mobile 3.0 – ein Joint Venture, hinter dem unter anderem der Holtzbrinck-Verlag und Hubert Burda Media stecken – als DVB-H-Plattform für die Übertragung von Multimediaangeboten an mobile Geräte von Handy bis Smartphone.

Fußballfans müssen noch warten

Die öffentlich-rechtlichen Sender sowie RTL, Pro Sieben, Sat 1 und Vox haben bereits zugesagt, ihre Programme in DVH-B auszustrahlen. Die Hoffnung, dass das Mini-Fernsehen zeitgleich mit der im Juni beginnenden Fußball-EM an den Start gehen kann, hat Mobile 3.0 allerdings gedämpft. Aus der Geschäftsführung war zu hören, dass es noch nicht genügend Sendemasten für eine flächendeckende Ausstrahlung gibt. In den mobilen EM-Genuss werden nach Angaben des Unternehmens deshalb höchstens Fußballfans aus den Ballungszentren Hamburg, München und Berlin kommen.

Bis 2010 will Mobile 3.0 die Hälfte der Bevölkerung ans Handy-TV-Netz bringen. Laut Informationen der Landesmedienanstalten will das Unternehmen Programmpakete schnüren, die – je nach Umfang – fünf bis zehn Euro pro Monat kosten sollen.

• Chat

Auf Chat-Programme wie ICQ, Windows Live und GoogleTalk müssen Handyuser heute nicht mehr verzichten. Welches Messaging-Programm sie nutzen können, hängt vor allem vom Gerät ab. Viele Mobiltelefone – auch die nicht mehr ganz aktuellen –, die den Java-Standard unterstützen, können den kostenlosen Jimm-Messenger verwenden, der ICQ auf das Handy-Display bringt. Weitere – in der Grundversion – kostenlose Alternativen mit Java sind Palringo und Instango, die eine Verbindung zum AOL Instant Messenger und Yahoo! ermöglichen.

• Tarife

Wichtig für alle Optionen: der richtige Datentarif. Ein zeitbasierter Abrechnungsmodus für Aktionen im Netz, egal ob Fernsehen, Chat oder E-Mail, würde extrem ins Geld gehen, den meisten Usern sei deshalb ein monatliches Datenkomplettpaket ans Herz gelegt. Die Kosten hängen von der Menge übertragener Kilobytes ab. Wer nur gelegentlich mit dem Handy surft, kommt in der Regel mit einem Volumen von weniger als 20 Megabyte (MB) im Monat aus.

Vielnutzer, insbesondere eines Smartphones, bringen es hingegen locker auf 100 MB. Bei Usern, die ihr Mobiltelefon als Modem für das Laptop gebrauchen, fallen unter Umständen Datenmengen von 1 Gigabyte an. Es empfiehlt sich, immer ein etwas höheres Volumen anzusetzen, als man vermutlich verbraucht. Wer nämlich jenseits der vertraglichen Grenze liegt, zahlt ordentlich drauf. Tipp: Reduzierte Datenmengen senken die Kosten. Wer hauptsächlich WAP-Portale ansteuert, braucht weniger Volumen – muss sich aber mit einer optisch weniger schönen Darstellung zufrieden geben.

Bei der Entscheidung, wie viel Bytes es sein sollen und bei welchem Anbieter man am besten unterschreibt, kann ein Datenrechner helfen (siehe Kasten).

Einige Infos vorab: Wer nur gelegentlich ins Netz geht, ist mit einer Prepaid-Karte der Anbieter Simyo, Aldi Talk, Blau.de oder Sunsim gut versorgt. Hier kostet jedes übertragene Megabyte 24 Cent. Die Datentarif-Optionen für Vertragskunden bei T-Mobile und Vodafone liegen für monatlich jeweils 200 MB bei 20 Euro. E-Plus berechnet für 250 MB zehn und O2 für 200 MB um die acht Euro.

Die besten Geräte

Um bequem zu surfen, ist ein schneller Datentransfer wichtig. Handys sollten deshalb UMTS-fähig sein und den Datenturbo HSDPA beherrschen. Das garantiert schnelle Übertragungen – was insbesondere für Fernsehanwendungen von Vorteil ist. Logisch: Je größer der Handy-Bildschirm, desto größer das Sehvergnügen.

Empfehlenswert sind Mobiltelefone mit großzügigem Display, die in der Darstellung von der Vertikalen in die Horizontale wechseln können. Möglich ist das unter anderem mit dem Nokia N95 und bei allen neueren Sony Ericsson-Handys. Als gute Sprungbretter ins Netz empfiehlt das Fachmagazin PC-Welt das Samsung-Handy SGH-U700 und die beiden Sony Ericsson-Modelle K 810i und W880i. Empfehlenswerte Smartphones sind das Blackberry Curve 8300, der Nokia E90 Communicator sowie das Motorola Motorizr Z8.

Purer Luxus

Wer in die Luxusliga aufsteigen will, gönnt sich das iPhone von Apple, das im vergangenen November unter großem Mediengetöse auf den Markt kam. Um die 400 Euro kostet das gute Stück – und ist nur in Kombination mit einem Vertragsabschluss bei T-Mobile zu kriegen. Für viele ein Grund, nicht zuzugreifen.

Auch der Umstand, dass die erste Generation des iPhone noch kein UMTS unterstützt, drückte die Verkaufszahlen. Als Kombination von Mobiltelefon und Media-Player mit seinem großen LCD und der WLAN-Unterstützung hat der neueste Wurf aus dem Hause Apple allerdings neue Maßstäbe gesetzt. Mit kaum einem anderen Kleingerät surfen User bequemer im Netz.

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

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