Leitartikel

Kein Einheitsbrei

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die alten Seilschaften funktionieren noch: Report und FAKT, Hart aber fair (!?) bemühten sich, die vermeintliche Faktenlage und die gesicherte Gemütslage, die der Ärzte-Protest zum öffentlichen Diskussionsthema machte, „neu“ zu beleuchten und den Schuldigen endlich richtig zu benennen: Die Ärzte selbst seien Schuld! Inkompetente KVen würden die Verteilung vermasseln, der Protest sei ja dreist prophylaktisch. Noch kenne niemand die genauen Regelleistungsvolumina. Abgesehen davon hätten die Ärzte ja noch andere Einnahmequellen. Und die KBV habe ja die Neuregelungen bekommen, die sie selbst seit Jahren gefordert und quasi vorgegeben hätte. Dazu die genüssliche Bilduntermalung von zur Protestveranstaltung anreisenden Ärzten, wie sie ihre Cayennes und Carreras auf den Parkplatz fuhren. Schließlich der ärztliche Kollege, der – befragt nach seinem Protestgrund – irritiert in die Kameras schaut und bekennt, er könne dazu nichts sagen, weil er gerade aus dem Brasilien-Urlaub gekommen sei.

So einfach ist das: Inkompetenz und Raffgier seien die Ursachen für die zugegeben zunehmend hitzigere und auch durch manches Eigentor (Thema Vorauszahlung) geschaffene Unruhe an der ärztlichen Basis. Kein Wort, nicht mal der Gedanke über patientengerechte Medizin und deren eingeschränkte Möglichkeiten unter der harten Knute weiterhin knapper Gelder und unheilvoller Ökonomisierung.

Die vom BMG zur Schau gestellten Milliardengeschenke an die Ärzte sind bisher nicht erfahrene Realität, allenfalls eine rein rechnerische Größe. Noch wurde kein Strich unter die Aufstellungen gemacht. Das Ergebnis wird nicht für jeden in Deutschland positiv ausfallen. Auch der ARD-„Report“ sollte registrieren: Die Welt ist nicht so platt, wie man uns allen weismachen will. Für uns Standesvertreter ist das Gegensteuern gegen diese Form von Imageschädigung ohnehin kein Neuland. Selbst zwischenzeitliche Rückschläge dieser Art dürfen uns angesichts langfristig feststellbarer Imageverbesserungen unseres Berufsstandes nicht entmutigen. Doch welche Lehren können schon jetzt gezogen werden?

Zum einen hat inzwischen auch die Politik erkannt, dass die konforme Gestaltung ihrer Reform die Probleme nicht einfach löst, sondern im Zuge der Umsetzung neue Schwierigkeiten erkennbar werden, an die auch die BMG-Arbeiter nicht gedacht haben. Jenseits des aktuellen Schuldspektakels muss hier nachgebessert werden.

Zum anderen werden wir in den nächsten Monaten aufpassen müssen, dass das Negativbeispiel der Ärzte nicht auch bei uns Schule macht. Es wäre fatal, hier alles in einen Topf zu schmeißen, alles notwendigerweise zu Regelnde in einem einzigen, dann unübersichtlichen Gesetzeswerk als Einheitsbrei abzuarbeiten. Schon die jetzt vom Gesundheitsausschuss trotz kontroverser Diskussionen auf Länderebene verfolgte Angleichung der Ostpunktwerte auf Westniveau ist Signal, dass auch in schwierigen Zeiten Dinge zu bewegen sind. Trotz Widerstand einiger Länder hat man hier die Türen nicht zugeschlagen. Da keimt noch Hoffnung! Eine solche quasi Vorab-Regelung ist höchst transparent, die Zahlen sind genau gerechnet und alle Politiker wie Kollegen – in Ost wie in West – wissen vorher, was hinten rauskommt: ein Plus im Osten und kein Minus im Westen! Klappt es nicht, dann wissen zumindest die Kolleginnen und Kollegen in den neuen Bundesländern, woran und an wem es gelegen hat. Und sie wissen im Herbst an der Wahlurne, wie sie sich revanchieren können. Bisher ist die Zahnärzteschaft mit gut durchgerechneten Vorschlägen in der Gesundheitspolitik durchaus auf Interesse gestoßen. Es ist an uns, hier individuell zugeschnittene Lösungsansätze aufzuzeigen.

Was uns stark macht, ist nicht nur die Professionalität der Vorschlagsmodelle, nicht allein das Setzen auf Kontinuität im Denken und Handeln, sondern vor allem auch, dass es der Politik nicht gelingt, uns Zahnärzte wie die Ärzte auseinanderzudividieren. Das Desaster interner Grabenkämpfe ist der Zahnärzteschaft bis heute erspart geblieben. Diese Einigkeit muss bleiben.

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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