Von Anerkennung und Abschreibung

Kunst und Steuern

Zahnärzte, die ihre Praxis mit schönen Bildern ausstatten, dürfen das Finanzamt an den Kosten für den Kunstgenuss beteiligen. Doch die auf den ersten Blick so einfache Rechnung birgt so manchen Haken in sich. Aus steuerlicher Sicht sind der Kauf und die Finanzierung von Kunst eher komplizierte Themen.

Bernd Rühland, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Düsseldorfer Anwalts- und Steuerberaterkanzlei Dr. Ganteführer, Marquardt & Partner, weist auf die erste Hürde beim Finanzamt hin: „Nachdem die geringwertigen Wirtschaftsgüter wegen der Absenkung der Wertgrenze auf netto 150 Euro keine Rolle mehr spielen, ist die alles entscheidende Frage, ob es sich bei dem Kunstwerk um anerkannte Kunst handelt oder nicht.“ Nur Kunstwerke sogenannter nicht anerkannter Künstler können abgeschrieben werden. Die Abschreibungsdauer beträgt dabei 15 Jahre. Im Ergebnis haben sich nach dieser Zeit die Anschaffungskosten für ein Kunstwerk in voller Höhe einkommensmindernd ausgewirkt.

Der teure Preis der Anerkennung

Anders ist die Lage bei Werken sogenannter anerkannter Künstler. An diesem Punkt unterstellt der Fiskus, dass zum Beispiel ein Bild von Picasso im Wert weiter steigen wird, denn er ist ja ein anerkannter Künstler. Bei Künstlern dieser Kategorie lehnt die Rechtsprechung eine Abschreibung generell ab. Eine Steuermindernde Abschreibung des Kunstwerks ist damit nicht möglich.

Problematisch ist es aber zu ermitteln, ob ein Künstler anerkannt ist oder nicht. Da hierbei die Finanzverwaltung nicht unbedingt das Geschehen auf dem Kunstmarkt verfolgt und deshalb die Aussichten junger Künstler, die nicht den Rang eines Picassos oder Van Gogh erreicht haben, kaum beurteilen kann, hat sich in der Praxis eine pragmatische Lösung herausgebildet.

Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sagt, dass ein Künstler dann anerkannt ist, wenn eine Reihe von Kunstinteressierten und -sachverständigen ihn als bedeutsam einschätzen. Mit entscheidend sind auch Kunstpreise, Teilnahme an wichtigen Ausstellungen, Kritiken in angesehenen Medien und die Vertretung in überregional bekannten Museen. Inzwischen ist es schwierig geworden, ein Urteil über die Qualität eines Künstlers zu fällen. Namen und damit die Preise werden gepusht und verschwinden wieder in der Versenkung. Die Gerichte haben inzwischen erkannt, dass erzielte Preise nicht unbedingt einen Rückschluss auf die „Anerkennung“ zulassen.

Bernd Rühland erklärt den Standpunkt der Kanzlei: „Unsere Erfahrungen, die regional differieren können, zeigen, dass sich in den Verhandlungen mit der Finanzverwaltung gerade der Anschaffungspreis als einfaches Kriterium herausgebildet hat. In der Praxis kann man davon ausgehen, dass Bilder bis zu einem Kaufpreis von 5 000 bis 10 000 Euro in der Regel steuerlich als Werke nicht anerkannter Künstler einzustufen sind und damit eine steuermindernde Abschreibung möglich ist.“ Eine Garantie dafür, dass der zuständige Beamte beim jeweiligen Finanzamt genauso denkt, gibt es nicht. Entsprechend sollte derjenige, der auf die Steuereffekte der Abschreibung spekuliert, sich eher an die Grenze von 5 000 Euro als an der von 10 000 Euro orientieren, um negative Überraschungen zu vermeiden.

Der Zahnarzt als Besitzer eines anerkannten Werks darf sich zwar freuen, doch gleichzeitig kann er das Bild nicht abschreiben. Hinzu kommt noch, dass er die auf dem Werk lastende Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen darf. Verkauft er das Bild später wieder, muss er sogar die Wertsteigerung mit bis zu 45 Prozent versteuern. Generell gilt daher, dass bei Werken anerkannter Künstler der Erwerb des Kunstwerks im Vermögen der Praxis aus steuerlicher Sicht keinen Sinn macht. Erwirbt dagegen der Ehepartner das Bild – oder der Zahnarzt privat – , bleibt der Gewinn nach einem Jahr Spekulationsfrist steuerfrei.

Ertragsteuerliche Vorteile können sich ergeben, wenn der Kunstliebhaber das Werk bei einer Galerie mietet. Dabei sollte er aber unbedingt auf die Höhe der Miete achten. Sie umfasst die Verzinsung des Verkehrswertes des Kunstwerks und einen Gewinnaufschlag. Insgesamt sollte der Betrag in einem angemessenen Verhältnis zum Verkehrswert des Kunstwerks stehen. Steigt der Verkehrswert, sollte die Höhe der Miete alle zwei Jahre überprüft werden. Als Unternehmer kann der Zahnarzt die Kosten für den Transport und die Hängung ebenfalls absetzen.

Findet der Kunstfreund mit der Zeit Gefallen an seinem gemieteten Bild, sind die meisten Galeristen auch zum Verkauf bereit. Häufig bieten sie an, die bis dahin gezahlte Miete zumindest anteilig auf den Kaufpreis anzurechnen. Bernd Rühland warnt: „Um die Absetzbarkeit der Miete beim Mietkauf nicht zu gefährden, darf der Betrag nicht von vorneherein vereinbart und auch nicht zu hoch angesetzt werden.“ Denn das Finanzamt wird misstrauisch und unterstellt, dass bereits ein Teil des Kaufpreises auf diese Weise steuerlich geltend gemacht werden soll. Aber Zahnärzte müssen einen Nachteil in Kauf nehmen. Da sie die Umsatzsteuer nicht abziehen dürfen, zahlen sie auf die Miete 19 Prozent Mehrwertsteuer. Kaufen sie das Bild von vornherein, fallen nur sieben Prozent an. Das gilt auch für den Restbetrag, der beim Mietkauf am Ende der Vertragslaufzeit fällig wird. Es ist also im Vorfeld stets genau zu ermitteln, ob derartige Modelle aus steuerlicher Sicht überhaupt Sinn machen. Eine andere Variante der Finanzierung von Kunst ist das Leasing. Dabei handelt sich im Grunde um eine andere Art der Miete beziehungsweise des Mietkaufs. Denn typisch für das Leasing ist die Option, am Ende der Vertragslaufzeit die Wahl zu haben, das Kunstwerk zum Restwert zu kaufen oder es an den Händler zurückzugeben. Für den Zahnarzt ergeben sich dabei kaum Vorteile. Bernd Rühland nennt den Grund: „Leasing ist steuerlich nur dann zu empfehlen, wenn der Leasing-Gegenstand einem Werteverzehr unterliegt und somit abschreibbar ist.“ Bei Autos beispielsweise funktioniert Leasing sehr gut. Am Ende der Laufzeit gibt der Kunde den Wagen meistens zurück oder kauft ihn zu einem vorher vereinbarten Restwert oder er fährt ab dann ein neues Modell. Handelt es sich bei dem Leasingobjekt aber um anerkannte Kunst, fällt der Plan in sich zusammen, weil das Objekt nicht abgeschrieben werden kann.

Denkbar wäre das Modell bei nicht anerkannter Kunst, sie kann abgeschrieben werden. Doch nach Meinung des Experten Rühland lohnt sich in diesem Fall der Aufwand nicht. Außerdem lauert beim Leasing noch ein anderer Fallstrick: Ob das geleaste Kunstwerk abgeschrieben werden kann, hängt davon ab, wem es zugerechnet wird. Gibt der Kunde das Stück zurück, handelt es sich um einen simplen Mietvertrag, auch wenn im Vertrag die Kaufoption vermerkt ist. Bei einem Leasingvertrag steht die Kaufabsicht dahinter. Der vereinbarte Restwert, der am Ende der festgeschriebenen Mietzeit übrig bleibt, ist dann so gering, dass der Kunde fast zum Kauf gezwungen ist. Der Fiskus verlangt eine Mietdauer, die zwischen 40 und 90 Prozent der üblichen Nutzungsdauer liegt. Nur dann sind die Raten absetzbar. Andernfalls betrachtet der Fiskus das Leasing wie einen Kauf. Um die Bedingungen des Leasings zu erfüllen, sollte die Grundmietzeit bei gängiger Gebrauchskunst zwischen vier und neun Jahren und bei höherwertigen Grafiken zwischen acht und 18 Jahren liegen. Für anerkannte Kunst ist das Leasingmodell nicht geeignet.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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