Pressegespräch: Spreefahrt der Bundeszahnärztekammer

Sozialadäquates Denken und Handeln

Eine Bootsfahrt, die ist ... informativ – zumindest haben das Journalisten so erlebt, die am 15. Juli in Berlin an der diesjährigen Spreefahrt der Bundeszahnärztekammer teilgenommen haben. Die vorrangigen Themen: GOZ, Gesundheitsfonds und die weiteren Aussichten nach der Bundestagswahl. Die Einschätzung des BZÄK-Präsidiums: Festgefahren ist da nichts, erste Signale, dass noch geändert werden kann, sind bereits erfolgt.

„Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.“ Mit diesem Tschechow-Zitat forderte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel die Politik dazu auf, sich weg vom Lamentieren über die weltweite Krise hin zur Bewältigung anstehender Probleme zu bewegen. Davon gebe es im Gesundheitswesen genügend, meinte Engel und lieferte Konkretes: Die immer noch zur Novellierung anstehende Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) trage nicht den Gedanken einer präventionsorientierten Zahnheilkunde. Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) orientiere sich nicht an der von Deutschlands Zahnärzten gewünschen modernen Form, sondern an den Maßgaben des Bema.

Vor diesem Hintergrund die sogenannte Öffnungsklausel – also die Möglichkeit der PKVen durch besondere Verträge mit Zahnärzten von der GOZ abzuweichen – zu fordern, sei ohne eine entsprechend erfolgte Leistungsbewertung nicht sinnvoll. Wer sich als Zahnarzt vor diesem Hintergrund auf einen selektiven Vertrag mit der PKV einließe, könne zwar auf Patientenzuweisungen hoffen, sei aber mangels konkreter Leistungsbewertung keinesfalls auf der sicheren Seite. Hinzu komme, dass neben der mangelnden Leistungsbeschreibung in den GOZ-Katalog der BMG-Referenten auch neue Leistungen eingeflossen seien. Somit sei die Behauptung des Verordnungsgebers, mit der neuen GOZ sei eine Honorarsteigerung von zehn Prozent verbunden, schlichtweg falsch.

Diese Kritikpunkte, so erklärte Engel den Medienvertretern, seien mit den Vertretern des BMG bereits besprochen und der Verordnungsgeber habe Bereitschaft zu entsprechender „Nachberichtigung“ signalisiert, allerdings nicht mehr vor Ende der laufenden Legislatur.

Politik auf Kurs bringen

Der BZÄK-Präsident erinnerte, dass die notwendigen Reformansätze in der Zahnheilkunde in eine Zeit fallen, die in der Tat von wirtschaftlichen und demografischen Problemen geprägt sei. Im Falle einer Finanzierungsdebatte im Gesundheitswesen sei die Zahnheilkunde mit einer der ersten Kandidaten, wenn es um die Ausgrenzung von Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung gehe. Wie das funktionieren könne, habe die Zahnärzteschaft mit dem Festzuschusssystem im Zahnersatz bereits erfolgreich dargestellt. Engel: „Hier gilt es, einen Katalog von Grundleistungen zu entwickeln, die dann sozialadäquat und am Patienten orientiert zur Verfügung gestellt werden können.“ In diesem Umfeld formulierte Ängste, dass man soziale Benachteiligungen künftig „an den Zähnen erkennen“ könne, seien allerdings provokanter Unsinn. Die Gefahr einer solchen Entwicklung, so bekräftigte BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich die Argumentation, sei schon aus fachlichen Gründen nicht akzeptabel: „Zahnheilkunde findet im Umfeld einer systemischen Betrachtung statt. Hier sind nicht vernachlässigbare medizinische Aspekte zu berücksichtigen.“ Schon heute werde in Deutschland im internationalen Vergleich eine Grundversorgung geboten, die auf einem qualitativ sehr hohen Niveau stattfinde. Gebe es aber –wie in der Zahnmedizin durchaus möglich – Alternativtherapien für ein- und dieselbe Erkrankung, müsse geklärt werden, welche als Grundleistung finanziert wird.

Wie aktiv sich Deutschlands Zahnärzteschaft in versorgungspolitisch-medizinische Fragen einbringt, verdeutlichte Oesterreich anhand von Aktivitäten im Bereich der Zahnheilkunde für alte und behinderte Menschen. Hier gebe es inzwischen eine Reihe von Pilotprojekten, wo Zahnärzte in Pflegeoder Behindertenheime gehen. Schließlich seien angesichts der demografisch bedingten Herausforderungen gerade in diesem Umfeld Aufgaben zu bewältigen, die von Politik und Gesellschaft endlich angegangen werden müssten. Eine Anforderung, die von der Zahnärzteschaft initiiert, aber letztlich von der Politik auf Kurs gebracht werden muss.

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