Professionelle Kommunikation

Vom richtigen Umgang mit schwierigen Patienten

Die Kommunikation und der Umgang mit schwierigen oder kranken Menschen stellen oft besonders hohe Anforderungen an das gesamte Praxisteam. Solche Situationen können sowohl den Zahnarzt als auch das Team an die Grenzen ihrer Fähigkeiten und persönlichen Geduld bringen. Die erfolgreiche Kommunikation mit schwierigen Patienten ist daher eine große Herausforderung.

Oft ähneln sich die Probleme in den Praxen: Da gibt es Patienten, die ununterbrochen reden und kein Ende finden. Oder Patienten, die Untersuchungen und Behandlungsvorschläge kategorisch ablehnen, da sie misstrauisch und stur sind. Sie beschweren sich über Zuzahlungen oder wollen mit ihrem Anliegen noch schnell zwischen andere Termine geschoben werden. Schlimmstenfalls ist der Patient egozentrisch, reagiert unberechenbar und aggressiv, neigt zu theatralischen Gesten und tobt. Eine Bloßstellung des Personals vor anderen Patienten ist dabei nicht ausgeschlossen. Zweifellos bringt das Unruhe in eine Praxis. Zudem rauben Konflikte Konzentration, Energie und Zeit, die dem Zahnarzt dann für die Behandlung fehlen. Die Reaktion des Teams in solchen Situationen ist oft emotionaler Widerstand gegen den Patienten, der dies unter Umständen auch spürt.

Zahnarzt und Praxisteam sollten die unangenehme Situation und den Patienten nicht als ‚störend’ abwimmeln, sondern vielmehr empathisch und professionell auf ihn und sein Verhalten eingehen. Hierbei kann die Einstufung schwieriger Patienten anhand vier definierter Typen hilfreich sein, um mögliche Ursachen zu analysieren und hilfreiche Ansätze für eine professionelle Kommunikation zu finden.

Klassifizierung

In der wissenschaftlichen Literatur der Psychotherapie werden nach Groves (1978) Patienten vier Kategorien zugeordnet: Der Abhängige, der Forderer, der Ablehner, der Selbstdestruktive:

• Der abhängige Patient

Er bemüht sich vor allem als Vielredner um jede noch so kleine Aufmerksamkeit. Dahinter vermutet man lebensgeschichtlich bedingte Verlust- und Trennungsängste. Diese Sorte von Patienten sollte man immer wieder am Behandlungsprozess beteiligen und ihnen klar strukturierte und transparente Behandlungspläne an die Hand geben.

• Der Forderer

Er erhält oft nicht jene Wertigkeit seiner Krankheit, die er ihr selbst unterstellt. Dadurch, dass er etwa Rechnungen nicht bezahlt oder juristische Konsequenzen anspricht, versucht er, Druck auszuüben. Diesem Patienten fehlt meist ein klares Selbstwertgefühl. Zahnarzt und Praxisteam können ihn daher bewusst und wiederholt auf die besondere Qualität der Diagnostik und Therapie hinweisen.

• Der Ablehner

Die Ablehner besuchen die Praxis paradoxerweise immer wieder mit neuen Symptomen und neuen Krankheiten. Hintergrund dieser Verhaltensweise ist eine starke innerliche Verbindung des Patienten zum Arzt.

• Der Selbstzerstörer

Diese Patienten sehen in ihrer Selbstzerstörung den für sie einzig möglichen Weg der Selbstbehauptung. Ihnen hilft oft nur psychologische Unterstützung.

Ursachenforschung

Zum verbesserten Umgang mit schwierigen Patienten kann es hilfreich sein, in begrenztem Umfang mögliche Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen des Patienten mitzubedenken, die es im Gespräch herauszukristallisieren gilt. Oft ist der Patient aber erst durch schlechte und enttäuschende Erfahrungen im Laufe seiner „Krankenkarriere“ in die Rolle eines schwierigen Patienten hineingewachsen. Besonders chronische Krankheiten oder längere Extremsituationen, wie etwa auf einer Intensivstation, sind dabei nicht zu unterschätzen.

Auf jeden Fall sollte das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Zahnarzt und Patient ein Interessenausgleich zwischen den Vorstellungen und Zielen des Behandlers und denen des Patienten sein. Beide Seiten sollten sich als Partner akzeptieren.

Erfolgreich kommunizieren

Wichtig ist generell, eine professionelle Grundhaltung dem Patienten und der Situation gegenüber einzunehmen:

Emotionale Distanz

Je schwieriger sich ein Patient verhält, desto mehr bedarf er liebevoller Zuwendung. Der Zahnarzt sollte sich zurücklehnen und tief durchatmen. Indem er die Schwierigkeiten und das Problem nicht persönlich nimmt, kann er sich emotional abgrenzen. Vielmehr sollte er die Komplexität hinterfragen und sich – mit der nötigen Distanz – in den Patienten hineinversetzen. Auch eine dritte Person kann er dazu holen.

• Druck wegnehmen

Grundsätzlich lässt der Zahnarzt den Patienten ausreden und hört ihm aktiv zu. Wenn er die Argumente des Patienten noch einmal zusammenfasst, kann er mit etwas rhetorischem Geschick den Druck aus dem Gespräch nehmen. „Vielen Dank, dass Sie mir das so offen und deutlich sagen“, eröffnet der Zahnarzt beispielsweise seine Antwort auf aggressives Verhalten. Indem er den Einwand nicht ignoriert, sondern sich nach den Gründen erkundigt, erhält der Zahnarzt eine neue Möglichkeit, auf diese zu reagieren und sachlich zu argumentieren. So nimmt er dem Gespräch die Spannung und signalisiert dem Patienten ernsthaftes Interesse.

• Das EWE-Prinzip

Ein professioneller Umgang mit schwierigen Patienten kann sich auch nach dem EWE-Prinzip richten: Empathie, Wertschätzung und Echtheit im Verhalten.

Empathisch reagieren bedeutet, den Patienten verständnisvoll und vorurteilslos anzunehmen und das auch zu zeigen. Dabei helfen auch wertschätzende Gedankengänge wie „Ich biete ihm Hilfe an, er muss sie jedoch nicht annehmen, und ich achte ihn als Person.“ Echtheit bedeutet, sich als behandelnder Arzt authentisch und glaubwürdig zu verhalten. Trotz der grundsätzlichen Wertschätzung und Empathie gilt es aber auch, klare Grenzen zu setzen.

• Verbal und nonverbal kommunizieren

Die zwischenmenschliche Kommunikation erfolgt größtenteils über die unbewusste Gefühlsebene. Für den Zahnarzt bedeutet das, eigene Emotionen vom Gespräch zu lösen und dem Patienten unvoreingenommen, sachlich und ehrlich gegenüberzutreten. Gegebenenfalls können Zahnarzt und Team auch in einem individuellen Coaching, das die verbale und nonverbale Kommunikation verbessert, Unterstützung erfahren.

• Lösungsorientiert denken

Oftmals hilft es, mit einem Patienten oder Gesprächspartner in einen anderen Raum oder an einen anderen Ort zu gehen.

Wenn es sinnvoll ist, sollte der Zahnarzt nicht davor zurückscheuen, im Gespräch einen Praxiswechsel als eine der Möglichkeiten aktiv anzusprechen. Patienten schätzen es, wenn Ärzte ihre Grenzen kennen.

Team-Orientierung

Gezielte Veränderungen im Verhalten und in der Kommunikation können dazu beitragen, mit schwierigen Patienten besser umgehen zu können. Für einen nachhaltigen Erfolg muss jedoch das gesamte Team einbezogen werden:

• Gemeinsamer Gesprächsleitfaden

Ziel ist es, als Einheit mit dem Zahnarzt agieren zu können und einem schwierigen Patienten gelassen, souverän und sachlich gegenübertreten zu können. Deshalb sollten Praxisteam und Zahnarzt, bei Bedarf auch unter der Regie eines Coaches, gemeinsam eine Strategie entwickeln und einen Gesprächsleitfaden für den Umgang mit schwierigen Patienten erarbeiten.

• Arbeitstag vorbereiten

Zur Verbesserung der Kommunikation kann es auch hilfreich sein, im Team die Termine und möglichen Beratungs- und Behandlungsfelder des Tages zu visualisieren. Das kann etwa schon morgens mit einem Überblick auf die bevorstehenden Patienten beginnen.

Dörte KruseFranco TafuroGrelckstraße 3622529 Hamburg

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