Arbeitsmarkt Österreich

Nicht das gelobte Land

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Immer wieder zieht es deutsche Zahnärzte nach Österreich, weil sie glauben, dort ihr berufliches Glück machen zu können. Doch so mancher, der voller Elan und Illusionen ins Nachbarland ausgewandert ist, bricht nach einiger Zeit enttäuscht die Zelte wieder ab. Schuld daran sind vor allem falsche Vorstellungen von den beruflichen Möglichkeiten, die das Land ausländischen Zahnärzten bieten kann.

In Österreich ist die zahnärztliche Versorgungsdichte nicht so hoch wie in vielen Gebieten Deutschlands. Auch haben Zahnärzte dort einen wesentlich größeren Spielraum bei der Gestaltung ihrer Privathonorare, da sich der Staat hier heraushält. Kein Wunder also, dass es Zahnärzte aus dem europäischen Wirtschaftsraum und insbesondere deutsche Kollegen in die Alpenrepublik zieht, weil sie hoffen, dort das berufliche Paradies vorzufinden.

2007 hatten nach Angaben der Österreichischen Zahnärztekammer 34 Prozent der zahnärztlichen Berufsanfänger ihre Berufsausbildung im europäischen Ausland absolviert. Ähnlich hoch war der Anteil in den Vorjahren (2005: 34 Prozent; 2006: 39 Prozent). „Rund die Hälfte dieser Niederlassungen betrafen deutsche Zahnärzte“, so Kammeramtsdirektor Dr. Jörg Krainhöfner. Zum 31. Dezember 2007 waren insgesamt 256 deutsche Zahnärzte in Österreich tätig. Das entspricht gut sechs Prozent aller derzeit in Österreich tätigen Zahnärzte.

Große Illusionen

„Viele Kollegen aus Deutschland kommen mit großen Illusionen zu uns“, sagt Dr. Erwin Senoner, Präsident der Landeszahnärztekammer Salzburg. „Dabei übersehen sie, dass sich das System der kassenzahnärztlichen Versorgung in Österreich erheblich vom deutschen System unterscheidet.“ Die Kassentarife seien im Vergleich zu Deutschland „katastrophal niedrig“ und somit keineswegs kostendeckend. Für eine Zahnextraktion samt Anästhesie beispielsweise liege der Satz bei 15,90 Euro. „Um eine Praxis unterhalten zu können, sind die Kollegen daher auf private Einnahmen angewiesen“, macht Senoner deutlich. Das Salzburger Land gehörte neben Tirol, Voralberg und Oberösterreich lange zu den für deutsche Zahnärzte attraktivsten Regionen des Nachbarlandes. Inzwischen gäbe es aber mehr Abals Zuwanderer, so Senoner. Bei deutschen Zahnärzten scheint sich offensichtlich herumgesprochen zu haben, dass Österreich nicht unbedingt für jedermann das Paradies für eine Niederlassung ist.

Denn in der Alpenrepublik dürfen nur jene Zahnärzte Kassenleistungen erbringen und mit der Kasse abrechnen, die eine sogenannte Kassenplanstelle besetzen. „Von den in Österreich derzeit tätigen zirka 4 500 Zahnärzten sind das etwa 2 500“, berichtet Krainhöfner. „Die Vergabe dieser Planstellen erfolgt nach einem Punktesystem, was mitunter zu langen Wartezeiten führt.“ Diejenigen, die eine solche Planstelle nicht bekommen – und dazu gehören laut Krainhöfner in den ersten Jahren auch die Zuwanderer – dürften in der Zwischenzeit ausschließlich Privatleistungen erbringen.

Kassensätze niedriger

„Sofern diese Leistungen im Katalog der Krankenkassen enthalten sind, erhalten die Patienten eine Rückerstattung in Höhe von 80 Prozent des Kassensatzes“, erläutert Krainhöfner. Da diese aber zum Teil deutlich niedriger als die deutschen Sätze seien, sei der Markt für privatzahnärztliche Leistungen in Österreich zwar nicht rechtlich, wohl aber faktisch begrenzt. Auch gäbe es nicht genügend Privatpatienten, die allerorts die finanziellen Lücken der niedergelassenen Zahnärzte in Österreich schließen könnten, ergänzt Senoner.

Die Folge sind Konkurse. Dabei stelle sich dann das Problem, dass es inzwischen auch in Österreich schwierig ist, eine Kassenpraxis wieder loszuwerden, so der Landeszahnärztekammer-Präsident. Oder aber deutsche Zahnärzte versuchten, einen Konkurs mit aggressiven Werbeaktivitäten für ihre Praxis abzuwenden, was wegen der in Österreich geltenden Werbebeschränkungen für Zahnärzte immer wieder zu Problemen mit der Standesvertretung und zu Prozessen wegen unlauteren Wettbewerbs führte.

Das Problem mit deutschen Grenzgängern hingegen, die ihre „Hauptpraxis“ in Deutschland beibehielten und lediglich ihre Privatpatienten nach Österreich in ihre Zweitpraxis „umleiteten“, habe sich inzwischen weitgehend erledigt, so Senoner. Dies sei vor allen auf Medienberichte zurückzuführen, die über die Probleme, die Grenzgänger aufgrund der österreichischen Rechtslage entstehen können, warnten.

Ausreichend planen

Die österreichischen Berufsvertretungen seien trotz der Probleme, die ausländische Zahnärzte bereiten könnten, keineswegs gegen Zuwanderer. „Im Gegenteil“, so Senoner. „Auch deutsche Zahnärzte sind uns herzlich willkommen, solange sie sich unseren Gegebenheiten anpassen. Sie sollten nur im eigenen Interesse diesen Schritt ausreichend planen und sich vorher bei den Landeszahnärztekammern oder bei der österreichischen Zahnärztekammer in Wien über die Chancen und Risiken einer Niederlassung in der Alpenrepublik ausführlich beraten lassen.“

Petra SpielbergChristian-Gau-Straße 2450933 Köln

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