Rheumatische Erkrankungen

Hohes Risiko auch für Herz und Gefäße

Wenig beachtet wird bislang, dass bei Menschen mit rheumatischer Erkrankung nicht nur die Gelenke, sondern auch Herz und Gefäße in Gefahr sind. So ist zum Beispiel eine Rheumatoide Arthritis (RA) wie ein eigenständiger kardiovaskulärer Risikofaktor zu bewerten, hieß es beim Kongress des American College of Rhematology (ACR) in San Francisco.

„Die kardiovaskuläre Gefährdung von Menschen mit Rheumatoider Arthritis ist genauso hoch wie bei einem Typ 2-Diabetiker“, betonte Professor Dr. Michael T. Nurmohamed aus Amsterdam. In einer eigenen Untersuchung konnte der niederländische Mediziner nachweisen, dass Patienten mit RA ungefähr doppelt so häufig wie ansonsten Gesunde eine koronare Herzerkrankung entwickeln.

Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, ist für eine Frau mit RA sogar um den Faktor 1,5 gegenüber der Normalbevölkerung erhöht, berichtete Professor Dr. Mary Chester M. Wasko aus Pittsburgh. „Die Gefahr eines Herzinfarkts ist doppelt so hoch“, erklärte sie in San Francisco.

Kommt es zu einer kardiovaskulären Komplikation, so ist zudem die Prognose von Patienten mit rheumatischer Erkrankung deutlich schlechter als bei Nicht-Rheumatikern und das sowohl akut als auch auf lange Sicht. Laut Dr. Hilal Maradit Kremers, Rochester, ist die Sterblichkeitsrate gegenüber Nicht-Rheumatikern um 75 Prozent höher und auch langfristig drohen vermehrt Komplikationen. Das belegt eine Untersuchung bei 38 RA-Patienten, die aufgrund eines Herzinfarkts in die Klinik eingewiesen wurden. Bei ihnen zeigte sich nach einem Myokardinfarkt ein um 45 Prozent höheres Risiko für die spätere Entwicklung einer Herzinsuffizienz.

Das erhöhte Risiko ist aber nicht auf die RA beschränkt, auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen kommt es nach Wasko zur vorzeitigen Ausbildung einer Atherosklerose mit der Gefahr entsprechender Komplikationen. Bei Menschen mit rheumatischer Erkrankung ist nach ihrer Ansicht daher eine regelmäßige umfassende kardiologische Abklärung unerlässlich. „Wenn Auffälligkeiten erkennbar sind, brauchen die Patienten eine konsequente Behandlung“, forderte die Medizinerin.

Diese aber erhalten sie üblicherweise nicht: „Kardiovaskuläre Risikofaktoren werden bei Menschen mit rheumatischer Erkrankung oft zu wenig berücksichtigt“, kritisierte sie während des Kongresses. Dies liege offensichtlich daran, dass sich alles um das Rheuma drehe und vor diesem Hintergrund weder die Patienten selbst noch die behandelnden Ärzte zum Beispiel einen zu hohen Blutdruck als gesundheitliches Problem so ernst nähmen wie bei ansonsten gesunden Menschen. Außerdem gaben befragte Ärzte als Begründung an, die Patienten nicht mit weiteren Medikamenten-Einnahmen belasten zu wollen.

Entzündungshemmung als Gefäßschutz

Die erhöhte kardiale Gefährdung hat ihre Ursache nach Wasko wahrscheinlich in der chronischen Entzündungsreaktion beim Rheuma, die sich offenbar auch auf die Gefäße ausdehnt. Bekannt ist ferner, dass die Einnahme von Antirheumatika mit einem gesteigerten kardiovaskulären Risiko verbunden ist. Die Rheumatologen hoffen daher, durch den vermehrten Einsatz so genannter Biologika nicht nur die Behandlung der rheumatischen Grunderkrankung zu verbessern, sondern gleichzeitig das erhöhte kardiovaskuläre Risiko wieder zu minimieren.

Als eine Art „Revolution in der Rheumatologie“ bezeichnete Professor Dr. Edward Keystone aus Toronto ganz allgemein die Behandlungsmöglichkeiten, die sich offenbar künftig durch die neuen Wirkstoffe eröffnen. Diese würden direkt in die Pathogenese der RA eingreifen, sehr effektiv die Entzündung zurückdrängen und komplette Krankheitsremissionen induzieren. Sie hemmten zugleich die Progression der Gelenkdestruktion und wendeten damit auch Folgeschäden und Behinderungen ab. Verschiedene Wirkstoffe mit unterschiedlichem Wirkmechanismus sind bereits verfügbar, weitere sind nach Keystone derzeit in Entwicklung.

Christine VetterMerkenicherstraße 22450975 Köln

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