Steuerliche Aspekte beim Praxisverkauf

Den richtigen Zeitpunkt planen

Für Zahnärzte, die ihre Praxis abgeben möchten, ist die steuerliche Belastung des realisierten Gewinns immer ein zentrales Thema. Denn erst wenn der Fiskus seinen Obolus erhalten hat, steht fest, über wie viel Geld der Zahnarzt verfügen kann. Dabei gibt es einige wichtige Punkte, die bei einem Praxisverkauf zu beachten sind.

Veräußerungsgewinn

Der steuerliche Veräußerungsgewinn entspricht nicht dem Verkaufspreis. Der Fiskus legt bei der Besteuerung des Praxisverkaufs lediglich den Veräußerungsgewinn, nicht den Veräußerungspreis zugrunde. Dieser Veräußerungsgewinn ist deutlich niedriger und unterscheidet sich normalerweise erheblich vom Veräußerungspreis. Des Weiteren ist dieser Gewinn steuerlich begünstigt, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Damit der Zahnarzt nicht unnötig seine Steuerlast erhöht, sollen folgende Erläuterungen Aufschluss geben:

Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns sind von dem Veräußerungspreis (alles, was der Praxisinhaber für seine Praxis erhält) die Veräußerungskosten sowie die Buchwerte des übertragenen Praxisvermögens abzuziehen. Werden Wirtschaftsgüter des Praxisvermögens nicht mit veräußert, sondern in das Privatvermögen des Zahnarztes entnommen, ist der Veräußerungspreis der Praxis um den gemeinen Wert der entnommenen Wirtschaftsgüter zu erhöhen.

Beispiel (siehe Kasten): Ein Zahnarzt hat seinen PKW bisher im Praxisvermögen. Bei dem Praxisverkauf hat er nun die Möglichkeit, den PKW an den Erwerber der Praxis zu veräußern. Dann würde der Verkaufswert des PKW den Veräußerungspreis der Praxis erhöhen. Will der Zahnarzt jedoch den PKW weiter privat nutzen, muss er sich den gleichen Veräußerungserlös anrechnen lassen, als wenn er den PKW einem Fremden verkauft hätte. Somit erhöht sich der Veräußerungspreis der Praxis rein rechnerisch (im Beispiel um 20 000 Euro), auch wenn tatsächlich gar kein Geld fließt. Gleiches gilt für andere, meist dem persönlichen Geschmack unterliegende Gegenstände, wie etwa Teppiche, Kunstgegenstände oder Schränke, die der Praxis entnommen und nun zu „Privatvermögen“ werden.

Jedoch ist zu beachten: Um die steuerliche Begünstigung des Veräußerungsgewinns nicht zu gefährden, dürfen keine wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis (wesentlich sind stets der Patientenstamm und der Praxiswert) zurückbehalten werden, sondern müssen in einem einheitlichen Vorgang veräußert werden.

Tatsächliches Übertragungsdatum entscheidet

Im Gegenzug reduzieren die Veräußerungskosten den Veräußerungspreis. Als Veräußerungskosten können alle Kosten, die durch die Veräußerung direkt entstehen, wie Kosten für ein Wertgutachten, Inserate, Beratungskosten, Notarkosten, et cetera bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns steuerlich geltend gemacht werden.

Von dem Veräußerungspreis der Praxis sind zudem die Buchwerte der Praxis abzuziehen, wobei die Buchwerte zum Zeitpunkt des Praxisverkaufs maßgeblich sind (sogenannte Restbuchwerte). Steuerlich noch nicht abgeschriebene Praxisgüter gehen also dem Praxisverkäufer damit nicht verloren, sondern mindern den Veräußerungsgewinn.

Der ermittelte Veräußerungsgewinn ist in dem Kalenderjahr zu versteuern, in dem die Praxis veräußert wird. Dabei zählt nicht der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung als Veräußerungszeitpunkt, sondern die tatsächliche Übertragung der Praxis. Rechtlich spricht man vom sogenannten „Übergang von Nutzen und Lasten“, also die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht wie etwa über den Patientenstamm oder die Akten.

Eine vertraglich genaue Zeitpunktbestimmung, an dem die Praxisübergabe auch tatsächlich erfolgt sein muss, ist deshalb gerade bei Praxisveräußerungen zum Jahreswechsel wichtig. Denn es ist steuerlich ein Unterschied, ob eine Praxis mit Wirkung zum 31.12.2009 – und damit im Jahr 2009 – oder mit Wirkung zum 01.01.2010 – und damit im Jahr 2010 – veräußert wird!

Veräußerungszeitpunkt

Den Veräußerungszeitpunkt taktisch geschickt zu bestimmen, spart besonders den Zahnärzten unnötige Steuerzahlungen, die ihren Gewinn bislang mit der EinnahmeÜberschuss-Rechnung ermitteln. Denn spätestens zum Zeitpunkt des Praxisverkaufs (Übergabe), muss der Zahnarzt eine Übergangsbilanz aufstellen. Und da kommt es beim Übergang von der Einnahme-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung zu dem sogenannten „Übergangsgewinn“. Hier finden sich die Einnahmen, deren zugrunde liegende Leistung bereits erbracht ist, deren Bezahlung aber erst später erfolgt. Hierzu zählen zum Beispiel die gesamten noch ausstehenden KZV-Zahlungen oder sämtliche offenstehenden Patientenrechnungen. Entsprechendes gilt für die Kosten. Das Problem besteht darin, dass der Übergangsgewinn dem laufenden Gewinn zugerechnet wird und somit das zu versteuernde Einkommen des Zahnarztes im Jahr des Praxisverkaufs erhöht. Dieser Übergangsgewinn wird als ganz normaler „laufender“ Gewinn auch nicht steuerlich begünstigt – wie etwa der Gewinn aus dem eigentlichen Praxisverkauf –, sondern mit dem „normalen“ persönlichen Steuertarif besteuert. Erschwerend kommt hinzu, dass bei einem gleichzeitigen Praxisverkauf der Übergangsgewinn nicht mehr auf 2 bis 3 Jahre verteilt werden darf. Diese Gestaltungsmöglichkeit besteht nicht mehr, wenn Praxisverkauf und Übergangsgewinn im gleichen Jahr zusammenkommen.

Steuerlich ungünstigster Zeitpunkt für die Praxisveräußerung ist daher grundsätzlich der 31.12. eines Jahres, da es dann zu einer Zusammenballung der gesamten Gewinne und gegebenenfalls anderer Einkünfte kommt. Der laufende Praxisgewinn, zuzüglich des Übergangsgewinns, zuzüglich des Veräußerungsgewinns – da frohlockt der Fiskus und freut sich gegebenenfalls sogar über den dreiprozentigen Zuschlag der Reichensteuer. Denn üblicherweise hat der Zahnarzt in seinem letzten Berufsjahr noch einmal so richtig vollen Arbeitseinsatz gezeigt und den Spitzensteuersatz von 42 Prozent erreicht. Jeder weitere Euro an Hinzuverdienst ist etwa zur Hälfte mit Steuern belastet. Und dazu kommt nun auch noch der Veräußerungserlös.

Um diese Problematik zu umgehen, gibt es nun mehrere Lösungsansätze:

• In vielen Fällen ist es strategisch günstig, bereits zwei bis drei Jahre vor dem geplanten Praxisverkauf von der Einnahme-Überschuss-Rechnung „freiwillig“ auf die Bilanzierung umzustellen. Der Übergangsgewinn (durch Umstellung von der Einnahme-Überschußrechnung auf Bilanz) wird dann in einem anderen Jahr steuerlich berücksichtigt als im Jahr des anstehenden Praxisverkaufs. Zudem besteht jetzt ausdrücklich die Möglichkeit, den Übergangsgewinn auf zwei bis drei Jahre gleichmäßig zu verteilen und damit die Steuerlast erträglich zu gestalten.

• Notwendige Renovierungsarbeiten in der Praxis werden in dem Jahr durchgeführt, in dem der Praxisverkauf stattfindet und reduzieren damit noch den laufenden Gewinn dieses Jahres.

• Umfängliche Instandhaltungsarbeiten an vermietete Immobilien im Jahr des Praxisverkaufs reduzieren ebenfalls die Einkünfte des entsprechenden Jahres und mindern den persönlichen Steuersatz und damit die Steuerlast.

• Terminierung des Praxisverkaufs zu Beginn, gegebenenfalls sogar mit Wirkung zum 01.01. eines Jahres, damit in diesem Jahr keine laufende Praxisgewinne mehr in die Steuerberechnung einfließen.

Steuerlicher Freibetrag

Aber die dargestellten Steuerersparnispotentiale sind nicht alles – es geht noch mehr. Denn, sofern gewisse Voraussetzungen gegeben sind, kann der Zahnarzt einen Freibetrag in Anspruch nehmen und muss dann den Veräußerungsgewinn seiner Praxis nicht voll versteuern. Diesen Freibetrag muss der Zahnarzt beantragen, erhält ihn nur einmal im Leben und muss zudem das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig sein. Für die meisten Zahnärzte ist es daher sinnvoll, den Freibetrag in Höhe von 45 000 Euro beim Praxisverkauf zu nutzen. Allerdings gibt es den vollen Freibetrag nur bis zu einem Veräußerungsgewinn von maximal 136 000 Euro. Je höher der Gewinn aus der Praxisveräußerung, umso mehr reduziert sich der Freibetrag um den übersteigenden Betrag im Verhältnis 1:1. Ab einem Veräußerungsgewinn von 181 000 Euro gibt es also keinen Freibetrag mehr. Somit ist diese steuerliche Einsparmöglichkeit besonders für die Zahnärzte interessant, die kleinere Praxen oder Praxisanteile verkaufen.

Ermäßigter Steuersatz oder Fünftelregelung

Neben dem Freibetrag kann der Zahnarzt noch eine zweite Steuervergünstigung in Anspruch nehmen, nämlich den „ermäßigten“ Steuersatz oder alternativ die sogenannte Fünftelregelung. Auch der „ermäßigte“ Steuersatz wird nur einmal im Leben gewährt und kann vom Zahnarzt beantragt werden, sofern er das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist. Dann braucht er den Veräußerungsgewinn – gegebenenfalls nach Abzug des Freibetrags – nur noch mit 56 Prozent des rechnerischen Durchschnittssteuersatzes zu versteuern. Für die Besteuerung des Veräußerungsgewinns werden bei dieser Alternative aber – egal wie hoch der rechnerische Durchschnittssteuersatz ist – mindestens 15 Prozent als Steuersatz zugrunde gelegt. Bei einem Veräußerungsgewinn von circa 200 000 Euro – und somit ohne Berücksichtigung des Freibetrags – bringt allein dieser „ermäßigte“ Steuersatz einem Zahnarzt rund 32 000 Euro mehr ins Portemonnaie (jeweils ohne Solidarzuschlag und Kirchensteuer).

Als weitere Alternative wird stets vom Gesetz her (also auch ohne besonderen Antrag) die Fünftelregelung gewährt. Hierbei wird der Veräußerungsgewinn rechnerisch auf 5 Jahre verteilt und dieser Gewinn (halt 1/5) dem „normalen“ persönlichen Steuersatz unterworfen. Die so ermittelte Steuer wird dann verfünffacht. Hört sich kompliziert an, bietet aber gerade in einem Jahr, in dem ansonsten Verluste anfallen (zum Beispiel bei vermieteten Immobilien aufgrund von Mietausfall und notwendigen Reparaturen) erhebliche steuerliche Einsparmöglichkeiten. Bei einem Veräußerungsgewinn von circa 200 000 Euro – und somit ohne Berücksichtigung des Freibetrages – und gleichzeitigen anderen steuerwirksamen Ausgaben von 30 000 Euro sorgt die Fünftelregelung immerhin für eine Steuerersparnis von rund 28 000 Euro (jeweils ohne Solidarzuschlag und Kirchensteuer).

Was sonst noch zu beachten ist

Freibetrag, ermäßigter Steuersatz und Fünftelregelung – also die gesamten Tarifbegünstigungen – sind an die Bedingung geknüpft, dass der Zahnarzt seine gesamte Praxis verkauft. Ein Zahnarzt, der nur einen Teil seiner Praxis veräußert, zum Beispiel 50 Prozent an einen jungen Kollegen, kann die Steuervergünstigungen nicht in Anspruch nehmen. Den Veräußerungsgewinn aus dieser Teilveräußerung muss er als ganz „normalen“ laufenden Gewinn mit seinem normalen Steuersatz versteuern.

Als Ausnahme lässt der Fiskus nur gelten, wenn der verkaufte Praxisteil für sich genommen einen selbstständigen wirtschaftlichen Organismus darstellt, was zum Beispiel bei einem Praxislabor denkbar wäre.

Die Tarifvergünstigungen werden auch nur jenem Zahnarzt gewährt, der nicht Teile seiner Patienten zurück behält und nicht auf eigene Rechnung weiter behandelt. Beansprucht der verkaufende Zahnarzt zum Beispiel seine Privatpatienten weiterhin für sich, stehen ihm die steuerlichen Vergünstigungen nicht zu. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits im Jahr 2001 entschieden, dass Ärzte die Steuervergünstigungen nur erhalten, wenn sie mit jenen Patienten, die sie nach dem Verkauf weiter behandeln, im Jahr der Abgabe weniger als 10 Prozent des Praxisumsatzes erzielen. Dabei wird der durchschnittliche Umsatz der letzten drei Jahre vor dem Praxisverkauf zugrunde gelegt. Der Fiskus interpretiert dieses Urteil sogar soweit, dass ein Arzt keine neuen Patienten behandeln darf. Tut er es doch, riskiert er, dass er auf den Veräußerungsgewinn seiner Praxis den vollen Steuersatz zahlen muss.

Aber der ältere Kollege muss deshalb nicht untätig bleiben. Er kann jederzeit in einer Praxis – auch in seiner früheren – als angestellter Zahnarzt oder freiberuflicher Vertreter arbeiten, ohne dass er seine Steuervergünstigungen einbüßt. Ebenso darf er wieder eine Praxis vollkommen neu gründen, oder kaufen. Diese muss dann jedoch an einem anderen Ort sein wie die alte Praxis, denn es muss sich um einen patientenfremden Wirkungskreis handeln. Finden sich hingegen räumliche Überschneidungen, muss der Zahnarzt eine Karenzzeit von zwei bis drei Jahren eingehalten. Beachtet er diese Maßgaben nicht, werden ihm die steuerlichen Vergünstigungen nachträglich wieder aberkannt.

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin, Master of Business AdministrationMittelstr. 11a45549 Sprockhövel-Haßlinghausen

Jürgen StolzDipl.-Finanzwirt, Steuerberater, IAS/IFRS-AccountantHomberger Str. 72b47441 Moers

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