KZBV-Beirat: Diskussion mit CDU-MdB Dr. Rolf Koschorrek

Den Vertrag mit Inhalten füllen

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Über die Umsetzungspläne des neuen Koalitionsvertrags wird nach wie vor in erster Linie gemutmaßt. Einen Beitrag zur Aufklärung lieferte Zahnarzt Dr. Rolf Koschorrek, CDU-MdB und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages, auf der Sitzung des KZBV-Beirats am 27. November in Berlin. Koschorrek avisierte erste Vorstellungen von dem, was der schwarz-gelbe Fahrplan im Bereich Gesundheit bereithalten wird.

In einem war sich der vom Vorsitzenden der Vertreterversammlung Dr. Karl Georg Pochhammer eigens zur Beiratssitzung eingeladene CDU-MdB vollkommen sicher: Anders als in der zurückliegenden Legislaturperiode, die unter den spezifischen Umständen der rot-schwarzen Koalition nicht gerade zur „großen Stunde für die Parlamentarier“ wurde, kriege der Bundestag jetzt „Luft zum Atmen“.

Koschorrek zeigte sich fest überzeugt, dass diese Bundesregierung in der Lage sei, den Koalitionsvertrag mit Inhalten zu füllen. Ebenso wichtig für die anwesenden KZVVertreter war aber auch die Einschätzung des CDU-MdB, dass dabei auch die Hinzuziehung externen Sachverstands wieder eine andere Bedeutung erhalten werde. Alle drei Regierungsparteien wollten, so betonte der Parlamentarier, diesen Prozess nachhaltig stärken.

Ein Schwergewicht im Selbstverständnis der neuen Koalition soll darin liegen, „Bürokratie zu reduzieren, Transparenz zu schaffen und die Verantwortung im System zu stärken, wo immer es geht“. Das SGB V, aus dem in einem quasi ständigen „Add-on-Verfahren ein über 500 Seiten starkes Papier“ geschaffen wurde, decke sich nicht mehr mit dem Anspruch, „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ zu bleiben. Koschorrek: „34 verschiedene gesetzliche Maßnahmen in 35 Jahren, die sich in Teilen vollkommen widersprechen – das werden wir zuerst angehen.“

Freiheiten zurückgeben

Sicher ist sich der Schleswig-Holsteiner trotz öffentlich divers geführter Diskussionen auch, dass die Einführung des Gesundheitsfonds keine falsche Entscheidung war: „Den Fonds haben wir dringend gebraucht. Heute haben wir keine strukturelle Verschuldung für die Krankenkassen mehr.“ Allerdings müsse es, so der Parlamentarier, künftig nicht mehr bei der Lösung eines zentral festzulegenden Beitragssatzes bleiben. Inzwischen sei es durchaus möglich, die haushaltsrelevante Entscheidungsfreiheit an die Krankenkassen zurückzugeben.

Was die weitere Planung der Gesundheits-reform angeht, plädierte Koschorrek dafür, dass die jetzt eingesetzte Kommission zwar Sachverständige zwecks Beratung hinzuziehen solle, allerdings „nicht in der Form einer festen Struktur“.

Keine Vorschalt-Hektik

Wenig Verständnis zeigte der CDU-Parlamentarier hingegen für die immer wieder aufschwelende Kritik, dass die neue Regierung ihr Handeln wegen anstehender Wahlen auf Landesebene bewusst hinauszögere: „Nein, es braucht drei Viertel bis ein Jahr, um die notwendigen Dinge zu entwickeln.“ Insbesondere dem Koalitionspartner FDP komme jetzt eine ganz andere Verantwortung als bisher zu: „Die konnten neun Jahre lang erklären, dass im Himmel Jahrmarkt ist.“ Trotzdem müsse man dem neuen Bundesgesundheitsminister jetzt erst einmal die Zeit geben, in dem lange Zeit „recht stramm“ geführten Ministerium eine entsprechende Vertrauensbasis zu schaffen.

Hektische Vorschaltgesetze sind laut Koschorrek von der neuen Bundesregierung im Gesundheitswesen nicht zu erwarten. Dennoch ließ der Schleswig-Holsteinische Zahnarzt keinen Zweifel daran, dass es bereits Anfang des Jahres mit der inhaltlichen Arbeit losgehen werde. Ziel sei es, „bis Ende Januar, Anfang Februar die möglichen Wege aufzuzeigen“.

Nach wie vor erstaunlich sei der Stellenwert, der der von ihm als „Abteilung Z“ apostrophierten zahnmedizinischen Versorgung im neuen Koalitionsvertrag beigemessen wurde. Koschorrek: „Das war in dieser Form noch nie da.“ Und das könne man, so zeigte sich der Zahnmediziner überzeugt, aus der weiteren Entwicklung auch nicht mehr einfach herausnehmen.

Auch in der anschließend vom VV-Vorsitzenden Dr. Pochhammer geleiteten Diskussion machte der CDU-Politiker deutlich, dass er mit seiner auch professionsbezogenen Einschätzung nicht grundsätzlich auf dem Kurs des politischen Mainstreams der großen Koalition lag. Koschorrek betonte beispielsweise, dass er wenig Verständnis für die Haltung der alten wie auch der neuen Koalition bezüglich der im § 73 b SGB V festgeschriebenen Haltung zum Thema Selektivverträge habe. Auch er habe kein Verständnis dafür, „warum man da etwas zerschlagen wolle, ohne Alternativen zu haben“. In den „Hoppenthalers dieser Welt“ sieht auch der CDU-Mann keine Alternative. Hier seien Steuerungselemente notwendig. Hoffnungslos sei die aktuelle politische Lage allerdings auch in dieser Frage nicht: „Aus den Kollateralschäden des § 73 b können wir lernen, wo die Möglichkeiten und die Grenzen von Selektivverträgen liegen.“

Ein Vertrag für vier Jahre

Nach etwaigen Präferenzen in der Handlungsabfolge des Koalitionsvertrags befragt, betonte Koschorrek, dass „dieser Koalitionsvertrag für die nächsten vier Jahre gedacht sei. Klar machen müsse man sich, dass in einem weniger staatlich regulierten System, wie es der Koalitionsvertrag jetzt anstrebe, die Prinzipien Selbstverwaltung und Eigenverantwortung „natürlich stärker gefordert sind“. Eine große Aufgabe sieht der CDU-Gesundheitspolitiker aber auch in der Schaffung von Transparenz: „Wir werden damit leben müssen, dass der GKV-Leistungskatalog, so wie er jetzt Bestand hat, sich bis auf kleine Stellschrauben nicht großartig ändern wird. Deshalb müssen wir aber der Bevölkerung auch klar machen, dass es künftig teurer wird.“ Der dafür notwendige Sozialausgleich gehöre – Schritt für Schritt – in das allgemeine Steueraufkommen überführt. Und der Umgang mit der Kritik? „Die Talkshowhelden wie ‚Blüm‘, ‚Geißler‘ und ,Lauterbach’ werden wir aushalten müssen.“

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