Parodontologie

Keine Parodontalerkrankungen bei Patienten mit Akromegalie

Trotz einer erhöhten Lockerung der Zähne, okklusalen Interferenzen und Diastemata scheinen Parodontalerkrankungen bei Patienten mit Akromegalie nicht aufzutreten. Wahrscheinlich spielen dabei Wachstumshormone und insulinähnliche Wachstumsfaktoren eine protektive Rolle.

Akromegalie ist eine chronische Erkrankung, die durch eine Hypersekretion des Wachstumshormons (GH) hervorgerufen wird. Die GH-Hypersekretion bewirkt gleichzeitig eine Erhöhung des insulinähnlichen Wachstumsfaktors IGF-I, das den Knochenstoffwechsel beeinflusst. In der Mundhöhle manifestiert sich die Akromegalie durch Prognathie, Makroglossie, Diastemata, Zahnbeweglichkeit und in seltenen Fällen durch Gingivahyperplasien. Die letzten drei genannten Veränderungen lassen ein erhöhtes Parodontitisrisiko bei diesen Patienten vermuten. In der zugänglichen Literatur fehlen jedoch systematische Erkenntnisse über Parodontopathien bei Akromegalie-Patienten. In die vorliegende randomisierte klinische Untersuchung wurden 16 Akromegalie-Patienten sowie 20 nicht an Akromegalie erkrankte Probanden eingeschlossen. Die Individuen der beiden Gruppen stammten aus der gleichen Altersgruppe sowie aus ähnlichen sozio-ökonomischen Verhältnissen und waren ursprünglich an einer Parodontitis-Behandlung interessiert. Die Diagnose der Akromegalie wurde anhand der Bestimmung des Wachstumshormon- sowie des IGF-I-Gehalts mittels eines Lumineszenzspektrometers (Quimilumineszenz) gestellt. Zur Bestimmung des Parodontalstatus wurde die Sechs-Punkt-Messung verwendet. Individuen mit Sondierungstiefen von weniger als vier Millimetern und ohne klinischen Attachmentverlust (CAL) wurden als gesund eingestuft. Probanden mit Sondierungstiefen zwischen vier und sechs Millimetern und CAL bis vier Millimeter sowie die mit Sondierungstiefen über sechs Millimeter und CAL über vier Millimeter wurden entsprechend als Patienten mit einer chronischen moderaten und einer chronischen schweren Parodontitis eingestuft. Zusätzlich wurden Bleeding on Probing (BOP), der Gingiva-Blutungsindex (GBI) und die Prüfung der Zahnbeweglichkeit zur Untersuchung herangezogen. Das Fehlen von Zähnen, Diastemata sowie okklusale Interferenzen wurden ebenfalls berücksichtigt. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte, dass bei keinem in die Studie eingeschlossenen Akromegalie-Patienten eine Parodontitis diagnostiziert werden konnte. Keiner der Patienten zeigte Sondierungstiefen größer als vier Millimeter. In der Kontrollgruppe wurde bei 50 Prozent der Probanden ebenfalls keine Parodontitis diagnostiziert. Die andere Hälfte der Kontrollgruppe wies in 20 Prozent der Fälle chronische schwere und in 30 Prozent der Fälle chronische moderate Parodontitis auf. Keine signifikanten Unterschiede wurden hinsichtlich der Mundhygiene und der Essgewohnheiten zwischen den Akromegalie-Patienten und den Probanden der Kontrollgruppe festgestellt. Nach Aussagen der Autoren sind die Akromegalie-Patienten trotz einer erhöhten Lockerung der Zähne, okklusaler Interferenzen und Diastemata weniger anfällig für Parodontopathien. Dies könnte damit erklärt werden, dass es beim Krankheitsbild der Akromegalie zu einem anabolischen Effekt von GH und IGF-I im Parodontalund Knochengewebe kommt. Dabei scheinen GH und IGF-I eine protektive Wirkung auf das Parodont zu besitzen.

Dr. Michael WolginCharité - Universitätsmedizin BerlinCharitéCentrum 3 für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeAbt. für Zahnerhaltungskundeund ParodontologieAßmannshauser Str. 4-614197 Berlinmichael.wolgin@charite.de

Quelle: Lima DL, Montenegro RM Jr, Vieira AP, Albano MF, Rego DM. Absence of periodontitis in acromegalic patients. Clin Oral Invest 2009;13:165-169.

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