Öffentlichkeitsbeauftragte analysieren Arztbewertungen

Eine Portion gesunde Skepsis

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Mit der wachsenden Patientenorientierung im Gesundheitswesen befasste sich die Herbst-Koordinierungskonferenz der Öffentlichkeitsbeauftragten der Länderkammern und KZVen am 24. und 25. September in Düsseldorf. Ein Schwerpunkt: Arztbewertungen und Portale im Internet. Das Fazit der PR-Experten: eine Portion gesunde Skepsis ist zwar angesagt, dennoch sollte sich der Berufsstand dem Thema aktiv stellen.

Von vielen Vertretern im zahnärztlichen Bereich wird das Thema Arztbewertungsportale im Internet kritisch gesehen. Doch wie sollte der Berufsstand damit umgehen? Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK und federführender Gastgeber, unterstrich die Haltung der Zahnärzteschaft: Patientenorientierung sei ein wichtiger Teil aktiver Professionspolitik. Das Leitbild des informierten Patienten sei im Berufsstand schon weitgehend verinnerlicht. Im Zuge sich ändernder Wettbewerbsbedingungen müsse sich der Zahnarzt neuen Herausforderungen wie den Arztbewertungsportalen stellen und Probleme damit aktiv angehen, zu verhindern seien sie ohnehin nicht. Allerdings erforderten die Portale unbedingt eine Qualitätskontrolle. Außerdem warnte Oesterreich vor Gefahren, nämlich dann, wenn über Portale gesammelte Daten für etwaige Selektivverträge mit Krankenkassen missbraucht werden könnten.

Den Blick auf strukturelle Fragen lenkte der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz. Er machte den PR-Experten deutlich, dass der Gesetzgeber der Patientenorientierung sukzessive einen immer größeren Stellenwert eingeräumt habe, was letztlich auch die tradierte Rolle des Arztes in Frage stelle. Die Einbeziehung von Patienteninteressen vollziehe sich sowohl in der Legislative, in der Selbstverwaltung (zum Beispiel im G-BA), in Institutionen (zum Beispiel Patientenbeirat der KBV), als auch auf der Mikro-Ebene zwischen dem Arzt und Patienten (Partnerschaftliche Entscheidungsmodelle). Auch die schwarz-gelbe Koalition wolle die Patientensouveränität stärken. Fedderwitz: „Die Bedeutung des Patienten als Leistungsgestalter und Leistungsbewerter wächst in dem Maße, in dem Elemente des Wettbewerbs und der Qualitätssicherung in der GKV eingeführt werden.“ Gegenüber Arztbewertungsportalen sei zwar eine gesunde Skepsis angebracht, aber man müsse sich mit der Thematik beschäftigen.

Qualitätskriterien

Corinna Schaefer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (äzq) skizzierte das Thema aus Sicht der Ärzteschaft. Die derzeitigen Arzt- und Klinikbewertungsportale im Internet seien heterogen, bildeten die Patientenzufriedenheit nicht transparent ab und seien zur Arztsuche nicht geeignet. Schaefer beschrieb das im Auftrag von KBV und Bundesärztekammer entwickelte Clearingverfahren, mit dem die äzq Kriterien für Arzt- und Klinikbewertungsportale definiert hat. Es berücksichtigt rechtliche, journalistische und gesundheitspolitische Implikationen. Ergebnis ist eine Checkliste sowie die Entwicklung von Qualitätskriterien, die regelmäßig aktualisiert und publiziert wird. Die Ärzteschaft habe sich gegen die Einrichtung eines eigenen Portals ausgesprochen, da Behandlungsqualität nicht auf dieser Basis beurteilbar sei.

Über die Erfahrungen mit dem Projekt „Weisse Liste“ zur Arzt- und Krankenhaussuche, initiiert von der Bertelsmann-Stiftung, sowie mit dem Pilotprojekt „Arztnavigator“ in Kooperation mit der AOK referierte Prof. Dr. Raimund Geene, Hochschule Magdeburg-Stendal. Alle Aspekte, die die Arzt-Patienten-Beziehung beträfen, seien (im Gegensatz zu medizinischen Kriterien) vom Patienten sehr gut beurteilbar. Geene betonten die Notwendigkeit, dem Patienten eine verlässliche Orientierungshilfe zu geben, eine belastbare Datengrundlage für die Informationen zu liefern und eine manipulationssichere, unabhängige und nutzerfreundliche Arztsuche anzubieten. Anspruch der Bertelsmann-Projekte sei eine hohe, methodische Güte und die Erfüllung der äzq-Kriterien.

GOZ-Diskussion

Der Präsident der BZÄK, Dr. Peter Engel, nutzte die Gelegenheit, den Öffentlichkeitsarbeitern den derzeitigen Stand der GOZDiskussion vorzustellen. Wichtigstes Ziel der Zahnärzteschaft sei, den Kollegen den gesetzlichen Grundlagen der jetzigen GOZ entsprechend eine individuelle Abrechnungsmöglichkeit zu erhalten. Eine alte GOZ mit Optionen zur individuellen Abrechnung sei für alle besser als eine neue GOZ mit Öffnungsklausel. Engel: „Wir werden alles zur Verfügung Stehende nutzen, um die private Zahnheilkunde adäquat abrechnen zu können.“ Die HOZ als Grundlage zur GOZ-Novellierung sei vom Bundesgesundheitsministerium verworfen worden.

Über den Patienten im Mittelpunkt der deutschen Gesundheitspolitik referierte Gregor Bornes, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen. Sein Fazit: Patienten kämen immer stärker in die Rolle des Kunden, was nur für starke Marktteilnehmer von Vorteil sei. Ihre Bedürfnisse richteten sich vornehmlich nach Verbesserung der Qualität von Informationen, nach Transparenz von Angeboten und nach Therapiesicherheit. Als fruchtbar hob Bornes die Zusammenarbeit von Kammern, KZVen und Patientenberatung hervor.

Die europäische Sicht erläuterte Dr. Alfred Büttner, Leiter des BZÄK-Büros Brüssel. Aktuelle Empfehlungen, Rechtssetzungsverfahren, Richtlinienentwürfe und Aktionsprogramme zeugten davon, dass die EU dem Patientenschutz eine größere Rolle einräumen wolle. Dazu gehöre etwa die Ratsempfehlung zur „Sicherheit der Patienten unter Einschluss der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen“ (2009) oder der derzeit diskutierte Richtlinienvorschlag über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung. Sein Fazit: „Europa nutzt verschiedene Wege, um beim Patientenschutz Impulse zu setzen.“

Fehlermanagement

Abschließend berichtete BZÄK-Vizepräsident Dr. Michael Frank über das von der Zahnärztlichen Zentralstelle Qualitätssicherung (zzq) im IDZ entwickelte Pilotprojekt „jeder-zahn-zählt“, ein Fehlerberichts- und Lernsystem für Zahnarztpraxen. Das Projekt gewährleiste die berufspolitische Forderung nach Anonymität, Freiwilligkeit der Teilnahme und nicht justiziabler Verwendung der Erkenntnisse. Die Pilotphase soll ab November 2010 auf dem Deutschen Zahnärztetag starten.

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