Editorial

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Heftarchiv Meinung
■ Ein zuversichtlich-warmer Blick in politisch eisigen Zeiten? Um so in die Zukunft schauen zu können, braucht Deutschlands zahnärztlicher Nachwuchs dringend die novellierte Approbationsordnung.

Liebe Leserinnen und Leser,

klagt der heutige akademische Nachwuchs, dass die Situation an den Hochschulen „unaushaltbar“ ist, kontert manch arrivierter Absolvent mit dem Allerweltsspruch, dass jede Zeit ihre „besonderen Härten“ habe. Logisch, dass die Alten den Jungen – selbst im Schlechten – in nichts nachstehen wollen. Schlimm nur für die Jungen, dass das Gestern und Heute inzwischen gebündelt, also doppelt schwer daher kommt! Denn seit dem Aufbegehren gegen den „unter den Talaren hängenden Muff der tausend Jahre“ in den Sechzigern vorigen Jahrhunderts hat sich – mal abgesehen von sporadischer Kosmetik – an den bundesdeutschen Hochschulen reformistischstrukturell nicht mehr allzu viel getan.

Nehmen wir doch die Approbationsordnung der Zahnärzte als typisches Beispiel: Auch hier gab es – bis auf besagte „Schönheitsmaßnahmen“ und marginale Anpassungen – seitens der Gesetzgeber in den letzten fünf Jahrzehnten so gut wie keine Anpassung an die Entwicklung von Gesellschaft, Wissenschaft und Forschung. Doch gerade diese Bereiche haben sich deutlich gewandelt. Heute stehen wir vor ganz anderen Herausforderungen und entsprechend erforderlicher Neuausrichtung.

Innerhalb des zahnmedizinischen Faches wurde über Jahre gedacht, gesprochen und gestritten. Dann gab es vor fünf Jahren die Einigung auf einen abgestimmten Vorschlag zwischen Wissenschaft, Studenten und Berufsstand. Ein gedanklich ausgereifter Entwurf, der zudem auf Bundesebene politisch dankbar aufgenommen wurde, war das Ergebnis harten Ringens innerhalb der Profession.

Und nun liegt in der Politik alles auf Eis? Klar muss sein, dass eine Verbesserung der für die zahnmedizinische Ausbildung unzumutbaren Strukturen eben nicht kosten- und kapazitätsneutral umgesetzt werden kann. Bessere Ausbildung, eigentlich das letzte große Plus, was diese Gesellschaft ihrer kommenden Generation im internationalen Konkurrenzkampf mit auf den Weg geben kann, gibt es nicht für „null und nichts“.

Wer hier aber aufgibt, muss auch wissen: Ohne entsprechende Novellen wird sich Europas Vorsprung in bestimmten Leistungsspektren weiter gen Boden schrauben. Die bundespolitische Entscheidungsebene scheint das beherzigen zu wollen. Doch die Länder blockieren mit dem Argument gähnend leerer Kassen.

Wenn Politik und Gesellschaft jetzt zu dem Schluss kommen sollten, nach dem Aufbegehren der Alt-68er genug für die Bildungsstrukturreform getan zu haben, wird sich das rächen. Man braucht nur via Pisa auf die Schulen zu schauen, um festzustellen, wie gewaltig die Schieflage ist.

Mir graut vor der Perspektive, dass alma mater mangels gesellschaftlicher Unterstützung unseren akademischen Nachwuchs künftig an den Babyklappen der Bildungsministerien ablegen muss.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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