Aktuelle Aspekte

Diagnostik der obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen

201494-flexible-1900
Heftarchiv Zahnmedizin
Die Sialolithiasis ist die häufigste Ursache einer obstruktiven Sialadenitis der großen Kopfspeicheldrüsen. Aufgrund der anatomischen Lage und dem Beschwerdebild stellen die Zahnärztin oder der Zahnarzt häufig die erste Anlaufstelle für die Patienten dar. Aus diesem Grund stellen wir in diesem Übersichtsartikel den aktuellen Stand der diagnostischen und therapeutischen Verfahren in der Behandlung von obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen vor. Dieser Beitrag widmet sich vornehmlich den diagnostischen Möglichkeiten. Die aktuellen Therapiekonzepte obstruktiver Speicheldrüsenerkrankungen werden in einer der nächsten Ausgaben dargestellt.

Fundierte Kenntnisse über die aktuellen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten dieser Erkrankung sind essentiell, damit die Patienten einer optimalen Diagnostik und Therapie in einem spezialisierten Zentrum zugeführt werden können. In den letzten Jahren wurden die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten entscheidend weiterentwickelt. Insbesondere kam es zu einem Wandel des Therapiekonzepts, weg von der rein operativen Therapie im Sinne einer operativen Drüsenentfernung, hin zu drüsenerhaltenden Therapien mittels minimal invasiver Me thoden.

Allgemeine Grundlagen

Obstruktive Sialadenitiden stellen die häufigsten nicht-neoplastischen Erkrankungen der Speicheldrüsen dar und können durch Konkremente (Sialolithiasis), fibromuzinöse Plaques, Gangstenosen, Fremdkörper, intraduktale Raumforderungen, anatomische Varianten oder Malformationen verursacht werden. Dies führt zu einer mechanischen Obstruktion und somit zu einer Stase des Speichelflusses [Brown et al., 1997]. In 60 Prozent ist eine Sialolithiasis die Ursache einer Obstruktion der Speicheldrüsenausführungsgänge [Koch et al., 2008].

Symptomatik:

Typisch für diese Patienten sind häufig bereits über Monate oder Jahre bestehende, rezidivierende schmerzhafte Schwellungen im Bereich der betroffenen Drüse. Die durchschnittliche Beschwerdedauer bei der Diagnosestellung beträgt 2,4 Jahre [Zenk et al., 1999]. Aber auch eine solitäre Schwellung ohne Schmerzen sollte an eine Obstruktion beziehungsweise eine Sialolithiasis denken lassen. Pathognomonisch für eine obstruktive Sialadenitidis ist dabei der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Beschwerden und der Anregung der Speichelsekretion beispielsweise durch Nahrungsaufnahme – die sogenannte „Speichelsteinkolik“ [Escudier, 1998; Zenk et al., 1999]. In der Regel ist die Schwellung nur temporär und innerhalb von Stunden oder Tagen rückläufig. Bei längerem Krankheitsverlauf kann es zu einer persistierenden Schwellung im Bereich der betroffenen Drüse kommen. Im Falle einer akuten Entzündung kann sich eitriges Sekret aus dem Ostium des jeweiligen Ausführungsganges entleeren [Zenk et al., 1999]. Abszesse, phlegmonöse Entzündungen, sialokutane oder sialoorale Fisteln sind mögliche Komplikationen einer Sialadenitis [Paul et al., 1995].

Die Sialolithiasis ist mit 60 Prozent die häufigste obstruktive Ursache für eine einseitige Entzündung oder Schwellung der großen paarigen Kopfspeicheldrüsen [Koch et al., 2008] und stellt die häufigste Indikation zur operativen Entfernung der Glandula submandibularis dar [Goh et al., 1998]. Die Inzidenz für ein symptomatisches Speichelsteinleiden wird in neueren Studien zwischen 27,5 und 59 Fällen pro 1 000 000 Einwohner und Jahr beziffert [Escudier et al., 1999]. Die Gl. submandibularis ist mit rund 80 bis 90 Prozent am häufigsten betroffen, gefolgt von der Gl. parotis (rund fünf bis zehn Prozent) und der Gl. sublingualis (rund zwei bis fünf Prozent) [Lustmann et al., 1990; Bodner, 1993]. Sehr selten kommen Steine in den kleinen Speicheldrüsen vor.

Speichelsteine treten etwas häufiger bei Männern als bei Frauen auf. Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen der dritten und der sechsten Lebensdekade [Haubrich, 1976]. In seltenen Fällen (drei Prozent) können bereits im Kindesalter Sialolithiden in einer Speicheldrüse auftreten [Nahlieli et al., 2000]. In unserem Patientenkollektiv war ein sechsjähriges Mädchen die jüngste Patientin mit einem präpapillär liegenden Konkrement in der Glandula submandibularis.

Obwohl gelegentlich von großen Speichelsteinen mit einem Durchmesser von bis zu 7 cm berichtet wird, beträgt die mittlere Steingröße zum Zeitpunkt der Diagnose in den Bereichen der Glandula submandibularis und der Glandula parotis 3,2 mm beziehungsweise 4,9 mm [Marchal et al., 2001; Marchal et al., 2002]. Die Größenzunahme eines bestehenden Steines wird mit 1 mm pro Jahr angegeben [Rausch et al., 1970].

Die Steine der Glandula submandibularis befinden sich in neun Prozent der Fälle im intraparenchymatösen Gangsystem, in 57 Prozent im Hilusbereich und in 34 Prozent im distalen Gangsystem. Im Vergleich dazu liegen die Steine in der Glandula parotis zu 23 Prozent im intraparenchymatösen Gangsystem, zu 13 Prozent im Hilusbereich und zu 64 Prozent im distalen Anteil des Stenonschen Ganges [Iro et al., 2003].

In der Literatur finden sich – je nach verwendeter Untersuchungsmethode – unterschiedliche Angaben über die Größe der Gangdurchmesser. So wird der Durchmesser des Ausführungsganges der Gl. submandibularis (Ductus Stenon) mit 1,4 mm und 1,7 mm beziehungsweise des Ausführungsganges der Gl. parotis (Ductus Wharton) mit 1,5 mm und 2,7 mm angegeben [Hettwer et al., 1968; Zenk et al., 1998]. In histologischen Untersuchungen von Zenk und Mitarbeitern wie auch in sialographischen Untersuchungen von Hettwer et al. konnte gezeigt werden, dass sowohl beim Ductus Stenon als auch beim Ductus Wharton das Ostium die engste Stelle darstellt (0,5 mm), zudem liegt im Bereich des Durchtritts durch den M. buccinator eine weitere Engstelle des Ductus Stenon (1,2mm) vor. Obwohl Ätiologie und Pathogenese der Sialolithiasis derzeit noch nicht abschließend geklärt sind, scheinen allgemeine Risikofaktoren eine Steinbildung zu begünstigen. Neben Obstruktion zählen reduzierter Speichelfluss, Dehydratation, Nikotinabusus und pH-Wertveränderungen im Speichel zu den anerkannten Risikofaktoren [Escudier, 1998]. Ein kausaler Zusammenhang mit systemischen Erkrankungen oder anderen Steinleiden, beispielsweise Steinleiden der abführenden Harn- und Gallenwege, konnte auch in neueren Studien nicht nachgewiesen werden [Zenk et al., 1999].

Die Speichelsteine setzen sich aus einer organischen und einer anorganischen Komponente zusammen, die in unterschiedlichen Verhältnissen auftreten. Die organischen Anteile sind hauptsächlich Glykoproteine, Mukopolysaccaride und Zellreste [Aschby, 1995], wobei die anorganische Komponente hauptsächlich aus Kalzium, Magnesium, Phosphaten und Kalzium-Karbonaten besteht. Diese anorganischen Ionen bilden in Abhängigkeit von der Kalzium- und Phosphationenkonzentration entweder Apatit (bei niedriger Ca- und P-Konzentration) oder Whitlockit (bei hoher Ca- und P-Konzentration) [LeGeros, 1991], wobei Whitlockit vorwiegend im Kern eines Steines vorkommt [Yamamoto et al., 1984; Mishima et al., 1992].

Entstehung der Speichelsteine:

Obwohl mehrere Hypothesen über die Pathogenese der Speichelsteine bestehen, ist diese nicht vollständig geklärt. Generell geht man davon aus, dass die Steinbildung in zwei Phasen verläuft. In der ersten Phase wird ein zentraler Kern gebildet, auf den sich in der zweiten Phase Schichten von organischem und anorganischem Material auflagern [Rausch et al., 1970]. Eine Hypothese basiert auf der Existenz von intrazellulären Mikrosteinen, die zusammen mit dem produzierten Speichel in das Gang system sezerniert werden und dann dort als Nidus für eine fortschreitende Kalzifizierung dienen [Epivatianos et al., 1987]. Mehreren Arbeitsgruppen gelang es, solche Mikrokalzifizierungen in Sekretionsvesikeln von Speicheldrüsen unterschiedlichen Ursprungs nachzuweisen [Westhofen et al., 1984; Epivatianos et al., 1987; Epivatianos et al., 1989].

Eine weitere Hypothese bezeichnet intraductal bestehende Schleimpfropfen, sogenannte „Mucus-Plugs“, als Keim für die weitere Kalzifizierung und somit Steinbildung. Kürzlich veröffentlichten Marchal und Mitarbeiter eine weitere Hypothese der Steinpathogenese, die von einer retrograden Einwanderung von Nahrungsbestandteilen oder Bakterien aus der Mundhöhle in den Drüsenausführungsgang ausgeht. Diese retrograd eingewanderten Substanzen fungieren in der Folge als Nidus für weitere Kalzifikationen. Als Beweis führen Marchal et al. einen Fallbericht an, bei dem sich der entfernte Stein histologisch als eine Kalzifikation um einen pflanzlichen Nidus darstellte [Marchal et al., 2001]. Letztendlich scheint die Kombination aus lokalen anatomischen/pathologischen Gegebenheiten, physiologischen und biochemischen Faktoren, die zur Ausfällung lithogener Substanzen durch Veränderung der Speichelszusammensetzung führen, für die Speichelsteinbildung verantwortlich zu sein [Grases et al., 2003].

Diagnostik

In nur 1,2 Prozent der Fälle wird ein Speichelstein als Zufallsbefund ohne Symptomatik diagnostiziert, beispielsweise im Rahmen einer zahnärztlichen Röntgenuntersuchung (Abbildungen 1a und 1b) [Lustmann et al., 1990; Zenk et al., 1999]. Weitaus häufiger erfolgt die Diagnosestellung nach dem erstmaligen Auftreten einer „Speichelsteinkolik“ mithilfe verschiedener diagnostischer Verfahren. Die typische Anamnese der Sialolithiasis bestehend aus enger zeitlicher Verknüpfung von Speichelsekretionsanregung mit dem Auftreten einer schmerzhaften Schwellung im Bereich einer Speicheldrüse. Dies sollte den Verdacht auf einen Speichelstein lenken und weitere diagnostische Maßnahmen sollten sich anschließen. Als diagnostische Basisverfahren kommen neben der klinischen Untersuchung konventionelle Röntgenaufnahmen (Orthopantomogramm, Mundbodenübersicht), die Sonographie und mit Einschränkungen die konventionelle Sialographie (Röntgenkontrastdarstellung des Gangsystems) zur Anwendung. In den letzten Jahren neu entwickelte diagnostische Verfahren wie beispielsweise die Computertomographie oder die Magnetresonanz-Sialographie werden mittlerweile vermehrt eingesetzt. Einen besonderen Vorteil bietet die moderne Speichelgangsendoskopie (SGE), die sowohl zur Diagnosestellung als auch zur Therapie angewendet wird.

Da für die Therapieplanung die Kenntnis der Anzahl der Steine, deren Lokalisation und Wandadhärenz sowie deren Form und Größe von entscheidender Bedeutung sind, ist häufig die Anwendung mehrerer diagnostischer Verfahren unumgänglich. Entscheidend ist die richtige Auswahl des geeigneten Diagnoseverfahrens, da jedes einzelne Vor- und Nachteile birgt, die es zu beachten gilt.

Im letzten Jahr wurde von einer Expertenkommission eine Klassifikation (LSD-Klassifikation) bezüglich der obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen veröffentlicht (Tabelle 1). Diese basiert auf der Präsenz oder Abwesenheit eines Steines, einer Stenose und/oder einer Dilatation, und soll die endoskopischen, die MR-sialograhischen sowie die konventionell sialographischen Befunde objektivieren und vergleichbar machen. In der Zukunft soll anhand der Klassifikation die Auswahl des geeigneten therapeutischen Verfahrens erleichtert werden [Marchal et al., 2008].

Diagnostische Verfahren

Klinische Untersuchung:

Bei Verdacht auf eine Sialolithiasis sollte zunächst eine bimanuelle Palpation der Speicheldrüse und gegebenenfalls des Mundbodens erfolgen. Die Palpation eines Steines im Mundboden gelingt problemlos bei ausreichender Steingröße im Verlauf des Ductus Wharton. Schwieriger bis unmöglich ist – aufgrund der anatomischen Lage – die Palpation eines Steines im Bereich des Ausführungsganges der Gl. parotis, des Ductus Stenon [Rausch et al., 1970; Iro et al., 1992]. Bei einer akuten Entzündung der Speicheldrüse sollte neben der palpatorischen Steinsuche auch auf Fluktuation geachtet werden, um eine Abszedierung der Speicheldrüse zu erkennen und rechtzeitig die adäquate Therapie einzuleiten. Aufgrund der ausgeprägten Schmerzsymptomatik gestalten sich die Palpation der Drüse und insbesondere das Exprimieren von Speichel häufig schwierig. Beim Exprimieren des Speichels ist auf seine Beschaffenheit zu achten. Bei einer putriden Sekretion ist von einer akuten Entzündung der Drüse auszugehen und der Patient umgehend in eine Fachklinik zu überweisen. Flockige Ausfällungen im Sinne von „Mucus-Plugs“ und eine verminderte oder verdickte Speichelsekretion lassen auf eine obstruktive Störung im Bereich der Speicheldrüse schließen.

Konventionelle Röntgenaufnahmen:

Mit konventionellen Röntgenaufnahmen ist eine Darstellung von schattengebenden Konkrementen möglich. Es kommen hauptsächlich die Panoramaschichtaufnahme (OPG) und die Mundbodenübersichtsaufnahme in Betracht (Abbildungen 1a und 1b). Aufgrund des hohen anorganischen Anteils sind Konkremente häufig nicht schattengebend und nur in 20 Prozent mittels konventioneller Röntgenaufnahmen nachweisbar [Rausch et al., 1970]. Insbesondere die Differentialdiagnose zu Phlebolithen, verkalkten intravaskulären Thromben, verkalkten Lymphknoten und atherosklerotischen Gefäßveränderungen kann sich oft schwierig gestalten [Hopkins, 1969]. Somit sollte diese Methode im Rahmen des Screenings nur dann angewendet werden, wenn keine alternative Methode zur Verfügung steht. Diesen Aufnahmen ist die Zufallsdiagnostik von Steinen vorbehalten.

Computertomographie:

Die Computertomographie ist ein häufig bei Speichelsteinen angewendetes Diagnoseverfahren. Ergebnisse dieser Untersuchung sind aber nur aussagekräftig im Falle von großen Steinen und wenn eine Schichtdicke vom 1 mm nicht überschritten wird. Neben der, verglichen mit den anderen Methoden, hohen Strahlenbelastung ist die fehlende Beurteilbarkeit des Gangsystems und der Ganganomalien als entscheidender Nachteil zu nennen. Des Weiteren ist die präzise Lokalisation eines Steines nicht möglich [Avrahami et al., 1996]. Da mit der Sonographie und der MR-Sialographie alternative Verfahren zur Verfügung stehen, die ohne Strahlenbelastung des Patienten eine komplette Darstellung des Gangsystems ermöglichen, sollte auf die Computertomographie in der Speichelsteindiagnostik nur in Ausnahmefällen zurückgegriffen werden.

Ultraschall (Sonographie):

Die Ultraschall-Untersuchung ist ein nichtinvasives, weit verbreitetes und kosten-

günstiges Verfahren für die Speicheldrüsenund Speichelgangsdarstellung [Rinast et al., 1989; Jager et al., 2000]. Vorteilhaft ist, dass weder Kontrastmittel verwendet werden muss noch eine Strahlenbelastung für den Patienten entsteht. Die meisten krankhaften Veränderungen der großen Speicheldrüsen lassen sich mit der Sonographie sehr gut detektieren. Bei einer akuten Entzündung der Speicheldrüsen kann die Sonographie klären, ob es sich um eine Entzündung durch eine Obstruktion des Gangsystems mit einer prästenotischen Dilatation des Ganges handelt oder ob größere oder kleinere Einschmelzungsareale (Abszesse) vorhanden sind. Bei chronischen Entzündungen der Speicheldrüsen sind die Drüsen meist weniger angeschwollen, das Drüsengewebe ist durch die lange dauernden Entzündungsreize deutlich in der Funktion verändert und zeigt sich im Ultraschallbild durch die Einwanderung von Entzündungszellen aufgelockert. Oftmals finden sich vergrößerte Lymphknoten innerhalb der Drüse bei lang anhaltendem Geschehen. Ist für die Entzündung der Drüse ein Steinleiden verantwortlich, so kann mithilfe der Sonographie die Lokalisation und Ausdehnung des Steines ermittelt werden: im Drüsengewebe, in den kleinen intraglandulären Ausführungsgängen, im Hilusbereich oder im Hauptausführungsgang. Mit hochauflösenden Schallköpfen sind Steine ab einer Größe von 1,5 mm nachweisbar, wenn sie gut mineralisiert und somit echogen sind (Abbildung 2) [Iro et al., 2003]. Der Nachweis von Konkrementen hingegen kann problematisch sein, insbesondere wenn diese nur gering mineralisiert sind. Dann kann es erforderlich sein, durch Sialogoga die Speichelproduktion anzuregen, um so eine prästenotische Dilatation des Ganges zu provozieren und damit indirekt die Lage der Obstruktion beziehungsweise des Sialolithen darzustellen. In einer Untersuchung von Jager et al., in der die Magnetresonanz-Sialographie mit der Sonographie verglichen wurde, erwies sich die Sonographie mit einer Spezifität und Sensitivität von 80 Prozent bezüglich des Auffindens eines Speichelsteines der MR-Sialographie unterlegen [Jager et al., 2000]. Ein weiterer Nachteil der Sonographie ist, dass die Qualität der Sonographie sehr von der Erfahrung des Bedieners abhängt und dem Operateur keine interpretierbaren Bilder liefert, außer er führt die Sonographie selbst durch.

Konventionelle Sialographie:

Bei Verdacht auf eine obstruktive Erkrankung der Speicheldrüsen ist die konventionelle Sialographie ein weiteres, weit verbreitetes Diagnoseverfahren, das eine sehr hohe Detailauflösung bietet. Diese Untersuchung ist eine Kontrastdarstellung des intra- und extraglandulären Gangsystems. Dabei wird der Speichelgang mit einem Katheter sondiert und retrograd mit einem röntgendichten, nichtionischen Kontrastmittel aufgefüllt, um dann unter Röntgendurchleuchtung dargestellt zu werden. Somit werden nicht nur Steine dargestellt, sondern auch die morphologische Struktur des Gangsystems wird abgebildet (Abbildung 1c). Da sich die Steine häufig nur indirekt durch Kontrastmittelaussparungen darstellen, sind falsch positive Befunde möglich, beispielsweise durch Lufteinschlüsse. Neben einer nicht vermeidbaren Strahlenexposition von etwa 60cGy*cm2 sind die Möglichkeiten einer allergischen Reaktion auf das Kontrastmittel bis hin zum anaphylaktischen Schock, Schmerzen während der Untersuchung, Gangperforation sowie Infektionen als Nachteile zu nennen [Cockrell et al., 1993]. Des Weiteren besteht die Möglichkeit frei flottierende Steine tiefer in das Gangsystem hinein zu schieben und damit eine mögliche endoskopische Bergung zu erschweren [Marchal et al., 2003].

Aus diesen Gründen ist die konventionelle Sialographie heutzutage nur mehr selten indiziert [Schratter et al., 1994] und beschränkt sich mittlerweile auf die Sialadenitisdiagnostik symptomatischer Patienten, bei denen weder sonographisch noch kernspintomographisch pathologische Befunde erhoben werden konnten [Schroder et al., 1998]. Aber auch in diesen Fällen wird die konventionelle Sialographie zunehmend von der diagnostischen Speichelgangsendoskopie (SGE) abgelöst.

Magnetresonanz-Sialographie:

Die Magnetresonanz-Sialographie (MRSialographie) ist das jüngste Verfahren zur Abbildung der Speichelgänge. Diese Methode wurde 1996 durch Lomas und Mitarbeiter publiziert [Lomas et al., 1996] und in den letzten Jahren derart modifiziert, dass heutzutage eine sehr gute Bildqualität erreicht werden kann [Schroder et al., 1998]. Speziell gewichtete T2-Sequenzen werden in Kombination mit einer Unterdrückung des Fettsignals zur Darstellung des Flüssigkeitssignals der speichelgefüllten Innenräume der Drüse verwendet. Insbesondere Untersuchungen in 3-Tesla Hochfeldgeräten zeigen eine besonders hohe Kontrastauflösung wegen des hohen Signalzu-Rausch-Verhältnisses. Mittels dieses Verfahrens ist eine räumliche Darstellung des gesamten Gangsystems möglich (Abbildung 3a) [Jager et al., 2000]. Trotz der Erstbeschreibung vor über zehn Jahren und den vielen Vorteilen dieser Methode wird sie bisher klinisch kaum angewendet. Insbesondere die Tatsache, dass diese Untersuchung nur an speziellen Zentren möglich ist, führte dazu, dass bisher vergleichsweise wenige wissenschaftliche Studien zur Validierung des Verfahrens durchgeführt wurden. Die Vorteile dieses schmerzfreien Verfahrens liegen in der Detailauflösung, der Objektivierbarkeit der Beurteilung und der genauen Lokalisationsmöglichkeit einer Obstruktion, ohne dass der Patient einer Strahlenexposition ausgesetzt wird oder eine Sondierung des Ganges zur Applikation eines Kontrastmittels notwendig ist. Lediglich die allgemeinen Kontraindikationen für MRTUntersuchungen wie Herzschrittmacher, Ferromagnetische Implantate, Zahnspangen oder Platzangst limitieren dieses Verfahren. Neben den allgemeinen Kontraindikationen sind die limitierte Verfügbarkeit, der hohe Kostenaufwand und die etwas schlechtere Auflösung im Vergleich mit der konventionellen Sialographie als Nachteile dieser Untersuchung zu nennen [Becker et al., 2000]. Trotz der genannten Nachteile hat sich diese radiologische Untersuchungsmethode als ein effektives Diagnostikum im Rahmen der Sialolithiasis erwiesen [Becker et al., 2000; Jager et al., 2000]. In einer Studie, in der die Kernspinsialographie mit der Sonographie und der digitalen Substraktionssialographie verglichen wurde, konnte gezeigt werden, dass die MR-Sialographie zur Beurteilung des zentralen Speicheldrüsengangsystems mit Darstellung von Strikturen (Abbildung 3b), Dilatationen, Ganganomalien, intraduktalen Steinen (Abbildungen 3c und 3d), Gangabbrüchen und Gangverlagerungen sehr gut geeignet ist [Schroder et al., 1998]. Ein weiterer Vorteil dieser Untersuchungstechnik ist, dass die Anatomie des Gangsystems nicht beeinflusst wird und eine exakte Abgrenzung der Gänge und Obstruktionen möglich ist. Dies ist insbesondere im Rahmen der Stenosediagnostik wichtig, da es entscheidend für die Therapie ist ob die Stenose kurz- oder langstreckig ist und ob sie solitär oder multipel auftritt. Bei der konventionellen Sialographie kann es nämlich durch die Applikation des Kontrastmittels zu einer Dilatation des Gangsystems kommen, während bei der Sonographie durch das Aufdrücken des Schallkopfes die Gänge häufig komprimiert werden [Huisman et al., 2001]. Durch eine zweiphasige Aufnahmetechnik, vor und nach Stimulation der Speichelsekretion, ist mit der MR-Sialographie eine Funktionsanalyse der Drüse möglich.

Speichelgangsendoskopie (SGE):

Die Sialoendoskopie wurde erstmals Anfang der 90er-Jahre beschrieben [Gundlach et al., 1990; Katz, 1991]. Ursprünglich als ein rein diagnostisches Verfahren vorgestellt, kann sie mittlerweile kombiniert als ein gleichzeitig diagnostisches und therapeutisches Verfahren im Rahmen von obstruktiven Erkrankungen der Speicheldrüsen angewendet werden [Marchal et al., 2000]. Dieses minimalinvasive Verfahren schließt die diagnostische Lücke zur Differenzierung von Steinen, Gangstrikturen und entzündlichen Veränderungen, da diese direkt visualisiert werden können. Um die diagnostische Strahlenbelastung bei Kindern bei Verdacht auf eine Sialolithiasis oder bei unklaren unilateralen rezidivierenden Drüsenschwellungen zu reduzieren, stellt die diagnostische Endoskopie eine gleichwertige Alternative zu den konventionellen radiologischen Verfahren dar [Faure et al., 2007; Faure et al., 2008; Quenin et al., 2008]. Des Weiteren wird die Speichelgangsendoskopie auch als adäquates Diagnostikum bei der juvenilen rezidivierenden Parotitis eingesetzt [Quenin et al., 2008].

Im Jahr 2008 wurde von einer Expertenkommission eine Klassifikation (LSD-Klassifikation) der obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen veröffentlicht. Diese basiert auf der Präsenz oder Abwesenheit eines Steines (L = Lithiasis), einer Stenose (S = Stenosis) und/oder einer Dilatation (D = Dilatation), und soll die endoskopischen, die MRSialographischen sowie die konventionell sialographischen Befunde objektivieren und vergleichbar machen. In der Zukunft soll anhand der Klassifikation die Auswahl des geeigneten therapeutischen Verfahrens erleichtert werden [Marchal et al., 2008]. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die LSDKlassifikation.

Bei der Sialoendoskopie wird das speichelableitende Gangsystem der großen Speicheldrüsen mit dem Endoskop untersucht. Obstruktionen der Drüsenausführungsgänge können somit diagnostiziert und in der gleichen Sitzung – falls notwendig – auch therapiert werden (siehe interventionelle Speichelgangsendoskopie). Im Rahmen der diagnostischen Endoskopie können durch einen erfahrenen Untersucher der Drüsenhauptausführungsgang sowie die Gänge zweiter und dritter Ordnung beurteilt werden [Marchal et al., 2003]. Schwierig keiten stellen die Biegung des Ductus Stenon um den M. buccinator und das Knie des Ductus Wharton im Bereich des M. mylohyoideus dar.

Seit den Erstbeschreibungen Anfang der 90er-Jahre wurden diverse starre, halbstarre und flexible Endoskope mit unterschiedlichen Durchmessern entwickelt. Aufgrund der guten Manövrierfähigkeit, der guten Bildqualität sowie der geringen Traumatisierung des Gewebes haben sich mittlerweile semirigide Endoskope durchgesetzt. Diese Endoskope sind neben dem optischen Kanal mit einem Arbeits- und einem Spülkanal ausgestattet [Nahlieli et al., 1994; Nahlieli et al., 1997; Nahlieli et al., 2000]. Anatomische Studien bezüglich des Speichelgangdurchmessers zeigten, dass der Durchmesser eines Endoskops 1,7 mm nicht überschreiten sollte, um somit iatrogenen Gangverletzungen vorzubeugen [Zenk et al., 1998; Koch et al., 2008].

Ein Vorteil der Sialoendoskopie ist, dass sie ambulant in einer örtlichen Betäubung durchgeführt werden kann und eine schmerzfreie sowie schnelle Behandlung darstellt. Eine diagnostische Speichelgangsendoskopie dauert im Mittel 26 ± 14 Minuten und eine interventionelle 73 ± 43 Minuten [Marchal et al., 2001]. Nur in Einzelfällen kann es notwendig sein, die Untersuchung in einer Sedierung oder kurzen Intubationsnarkose durchzuführen. Bei der Speichelgangsendoskopie erfolgt zunächst die Schleimhautanästhesie, gefolgt von der Infiltration der Papille mit einem Lokalanästhetikum. Nach Erreichen der vollständigen Anästhesietiefe erfolgt die Aufweitung des Ostiums, um das Endoskop über diese natürliche Engstelle in den Speichelgang einzuführen. Es existieren mehrere verschiedene Methoden, um das Ostium zu erweitern. In der Regel erfolgt eine Bougierung mit speziellen Speichelgangsdilatatoren und Bougierinstrumenten (Abbildungen 4a und 4b).

Bei extrem engen Papillen kann auch die von Chossegros und Mitarbeitern beschriebene „guide wire“-Technik zum Einführen des Endoskops in den Speichelgang angewendet werden. Dabei erfolgt zunächst die Einlage eines Führungsdrahtes („guide wire“) in den Ausführungsgang, über den dann spezielle Bougierinstrumente in das Ostium des Ganges eingeführt werden [Chossegros et al., 2006]. In seltenen Fällen kann auch eine Papillotomie notwendig sein, um das Endoskop in den Gang einzuführen. Nach erfolgter Aufdehnung des Ostiums werden extrem dünne Endoskope in den Gang eingeführt, die eine visuelle Inspektion des Ganges ermöglichen. Verengungen, Dilatationen, Steine und Stenosen können so diagnostiziert werden. Während der Endoskopie wird das Kollabieren des Gangsystems durch die kontinuierliche Spülung mit isotonischer Kochsalzlösung mit Lokalanästhetikazusatz verhindert, so dass der Untersucher eine gute Übersicht über die Gänge hat. Über den Arbeitskanal können Instrumente wie Zangen, Bohrer, Dilatationsballons und Steinfangkörbchen (Abbildungen 4c und 4d) in den Gang eingeführt und somit kleinere Steine entfernt, Proben entnommen oder Verengungen mittels Ballondilatation aufgedehnt werden [Capaccio et al., 2007]. Durch die temporäre Einlage von Stents kann das erzielte Ergebnis nach einer Ballondilatation gesichert werden.

Auch wenn das Verfahren der Sialoendoskopie technisch sehr anspruchsvoll ist, weist es in der Hand eines erfahrenen Untersuchers nur wenige interventionelle Risiken auf. Eine temporäre Parästhesie des N. lingualis durch den Zusatz von Lokalanästhetika zur Spüllösung wird in 0,5 Prozent der Fälle beschrieben [Nahlieli et al., 2000]. Weitere Nebenerscheinungen sind durch die Spüllösung bedingte postinterventionelle Schwellungen der untersuchten Drüse in nahezu 100 Prozent der Fälle, sowie postinterventionelle Gangstrikturen (zwei bis vier Prozent), Infektionen (zwei bis drei Prozent) und Blutungen (0,5 Prozent) [Nahlieli et al., 1999; Nahlieli et al., 2006]. Um diese Risiken so gering wie möglich zu halten, ist ein äußerst vorsichtiges Vorgehen ohne Traumatisierung des Gangsystems und der Papille notwendig. Kontraindikationen, die eine Sialoendoskopie verbieten, sind akut eitrige Sialoadenitiden, eine Schwangerschaft, medikamentöse Antikoagulation oder Erkrankungen, die eine Störung der Hämostase bedingen. Im Falle einer akuten Sialadenitis muss diese zunächst konservativ behandelt werden, um dann die Spiegelung im freien Intervall durchzuführen.

Fazit

Bei unklaren Schwellungen im Bereich der großen Speicheldrüsen, die in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer Anregung der Speichelsekretion stehen, sollte immer an eine Obstruktion gedacht werden, und mittels der oben beschriebenen Diagnoseverfahren abgeklärt werden. Insbesondere bei häufig rezidivierenden oder innerhalb von drei Monaten mittels konservativer Therapie nicht beherrschbaren Beschwerden, sollte der Einsatz weiterführender Diagnoseverfahren erfolgen. Der Palpationsbefund gibt erste wichtige Hinweise in der Differentialdiagnose, wobei insbesondere auf die Textur der Schwellung, palpable Steine und die Beschaffenheit des exprimierten Speichels zu achten ist. Da sich Steine nur in wenigen Fällen auf konventionellen Röntgenaufnahmen zeigen und die Differentialdiagnose häufig schwierig ist, sollten diese Aufnahmen nicht als Screeningverfahren eingesetzt werden. Ebenso sollte eine konventionelle Sialographie nur bei speziellen Fragestellungen oder wenn kein alternatives Verfahren vor Ort anwendbar ist, eingesetzt werden, da die Strahlenbelastung für den Patienten durch die Anwendung alternativer Verfahren vermeidbar und die Spezifität dieser Untersuchung gering ist. Des Weiteren können durch eine Sialographie Konkremente tiefer in das Gangsystem geschoben werden, und dadurch eine endoskopische Bergung unmöglich machen.

Trotzdem sind Form, Lokalisation, Anzahl und Größe der Konkremente für die Planung der weiteren Therapie einer Sialolithiasis entscheidend, und es sollte sich eine weitere bildgebende Diagnostik anschließen. Die Sonographie stellt aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität sowie den vielen Vorteilen ein adäquates Verfahren dar, um die oben genannten Informationen schnell und mit wenig Aufwand zu erlangen. Ein Nachteil der Sonographie ist die fehlende Reproduzierbarkeit der Informationen für den Behandler.

Dagegen ist die MR-Sialographie bei annähernd gleicher Sensitivität und Spezifität deutlich objektivierbarer und kann alternativ angewendet werden. Vorteile dieses Verfahrens sind, dass das komplette Gangsystem abgebildet wird und die Gangstruktur nicht durch invasive Maßnahmen beeinflusst wird, beispielsweise durch die Kompression während einer Sonographie. Dies sind entscheidende Vorteile in der Diagnostik von Stenosen und Strikturen, da hier die Unterscheidung zwischen langstreckigen und kurzstreckigen Stenosen wichtig ist, um die optimale Therapie auszuwählen. Nachteilig sind der hohe Kostenaufwand und die mangelnde Verfügbarkeit dieses Verfahrens.

Die Speichelgangsendoskopie schließt als minimalinvasives Verfahren die diagnostische Lücke zur direkten Differenzierung zwischen den einzelnen Gangpathologien (Stein, Stenose, Dilatation, Sialodochitis), da diese direkt visualisiert werden. Aufgrund der Vorteile dieses Verfahrens und der Möglichkeit einer direkten Intervention stellt die Speichelgangsendoskopie ein ideales Diagnoseverfahren im Rahmen der obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen dar.

Um die Patienten einer adäquaten Diagnostik zuzuführen und somit eine optimale Therapieplanung durchführen zu können, sollten Patienten mit obstruktiven Speicheldrüsenerkrankungen vorwiegend an spezialisierten Zentren behandelt werden. In einem weiteren Beitrag in einem der folgenden zm-Hefte werden die aktuellen Therapiekonzepte obstruktiver Speicheldrüsenerkrankungen dargestellt werden.

Dr. Christian NaujoksDr. Dr. Christoph SprollPD Dr. Dr. Rita DepprichProf. Dr. Dr. Norbert KüblerPD Dr. Dr. Jörg HandschelKlinik für Kiefer und Plastische Gesichts - chirurgie, Westdeutsche KieferklinikUniversitätsklinik DüsseldorfMoorenstr. 540225 Düsseldorfchristian.naujoks@med.uni-duesseldorf.de

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