DGK-Frühjahrstagung

Gelebte Vernetzung

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Heftarchiv Zahnmedizin
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Referenten aus Standespolitik, Wissenschaft und Praxis berichteten auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) in Berlin über Ergebnisse, Trends und Herausforderungen in der Gruppen-prophylaxe. DGK-Präsident Prof. Christian Hirsch erklärte in Bezug auf das Ziel der Veranstaltung: „Mit dieser Tagung wollen wir die Gruppenprophylaxe mit der kinderzahnärztlichen Praxis besser verknüpfen.“ Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Berlin statt.

Nach einer Schweigeminute für die unerwartet verstorbene Zahnärztin Dr. Anja Hintze aus Dresden erklärte Hirsch: „Wir wollen die Personen zusammenbringen, die – jeder in seinem Bereich – einen wichtigen Baustein in der Gesamtaufgabe Kindergesundheit leisten.“ Zudem sei es wichtig, sich mit dem wissenschaftlichen Hintergrund von Gruppenprophylaxe zu beschäftigen. „Hier ist sicher noch Forschungsbedarf“, konstatierte Hirsch.

Dr. Wolfgang Schmiedel, Präsident der Zahnärztekammer Berlin begrüßte die Entscheidung, die Frühjahrstagung gemeinsam mit der LAG Berlin durchzuführen. So werde der Fokus einmal auf die Arbeit der hier „hochengagiert tätigen LAG“ gelegt. Die Berliner Kammer habe ihrerseits in den zurückliegenden Jahren viel für die Kinderzahngesundheit getan, unter anderem sei vor einem halben Jahr ein gänzlich neues Konzept realisiert worden: der Berliner Kinderzahnpass. Schmiedel bat eindringlich, das Thema Kindesmisshandlung nicht aus den Augen zu verlieren. „Wir leben in einem zunehmenden Klima sozialer Kälte und Verrohung. Alle Kollegen sollten ihre Möglichkeiten nutzen, um gefährdeten Kindern zu helfen.“

Gewachsener Stellenwert

Die Anwesenheit eines „so hohen Standespolitikers wie Dr. Dietmar Oesterreich“ zeige, welchen Stellenwert das Thema Gruppenprophylaxe mittlerweile innerhalb des Berufsstandes hat.

Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, skizzierte in seinem Beitrag zur Zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe in Deutschland die gesetzlichen Grundlagen und die strukturelle Situation der insgesamt 17 Landesarbeitsgemeinschaften. Gemäß dem Motto „Einheit durch Vielfalt“ ließen sich bei genauerer Betrachtung in der Realisierung des Auftrags gemäß § 21 SGB V Unterschiede ablesen, die den spezifischen Anforderungen geschuldet und durchaus gewollt sind. Beispielhaft berichteten Dr. Herbert Michel, Vorsitzender der Bayerischen LAGZ und Dr. Gudrun Rojas, ZÄD Brandenburg a. d. Havel, über ihre Erfahrungen zum Thema Gruppenprophylaxe.

Oesterreich betonte, dass neben dem Erhalt eines kariesfreien Gebisses bei allen Kindern mit naturgesunden Zähnen und der Risikoabsenkung des Karieszuwachses bei Kindern mit bereits erkrankten Zähnen ein weiterer Punkt bedeutend sei: ein positives Erleben von Mundgesundheit. Ein Ziel, das bereits bei der Gruppenprophylaxe im Kindergarten (drei bis sechs Jahre) Priorität habe.

Die Aufgaben der Gruppenprophylaxe veränderten sich mit der gesamtgesellschaft-lichen Entwicklung – zukünftig würden risikogruppenorientierte Prophylaxestrategien einen Schwerpunkt bilden. Maßgabe müsse sein, Best-Practice-Modelle bundesweit zu implementieren, um einheitliche Standards zu gewährleisten. Bei allem Engagement des Berufsstandes dürfe nicht versäumt werden, die staatliche Verantwortung für die Mundgesundheitsprävention einzufordern: „Der Abbau von Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst ist kein Weg, den die Bundeszahnärztekammer kritiklos hinnehmen wird“, versicherte Oesterreich.

Unter der Überschrift „Gruppenprophylaxe mit oder ohne Fluoridierung?“ stellte Prof. Klaus Pieper Leiter der Kinderzahnheilkunde der Philipps-Universität Marburg aus Sicht der Wissenschaft die Ergebnisse einer großen Vergleichsstudie in Marburg und Osnabrück an Brennpunktschulen vor. Die Mundgesundheitswerte der Kinder mit Fluoridierung lagen der Studie zufolge bei rund 50 Prozent über denen der Vergleichsgruppe. Wie schwierig eine wissenschaftliche Bewertung der Gruppenprophylaxe ist, verdeutlichte Dr. Hendrik Meyer-Lückel, Kiel: „Die Wirkungszusammenhänge sind sehr komplex und erschweren die Beurteilung einzelner Faktoren.“ Generell müsse Mundgesundheitsförderung nach verhaltensmodifizierten und medikalen Komponenten unterschieden werden. Seiner Einschätzung nach ist es der effizienteste Weg, wenn „beaufsichtigtes konsequentes Zähneputzen durch die Lehrer“ erfolgt. Er räumte jedoch ein: „Im Hinblick auf Verbreitung und Bedeutung ist die Gruppenprophylaxe noch sehr wenig beforscht.“

Emotionales Lernen

Gelebte LAG-Gesundheitserziehung stellte Sybille van Os-Fingberg vor: Sie ließ die Teilnehmer – wie Kinder im LAG-Unterricht – in einer „Verhüllungsaktion“ in die Rolle von Zähnen schlüpfen, die mit Tüchern alias Speiseresten behangen waren und einen Bakterienangriff er- und überlebten.

 

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