Die Rolle der ZFA

Durchsteigen statt Akademisieren

Während die Ärzte mit einem drastischen Medizinermangel zu kämpfen haben, stellt sich die Situation bei der Zahnärzteschaft ganz anders dar: Es gibt in Deutschland flächendeckend genügend Zahnärzte. Deshalb betrachtet der Berufsstand die Rolle des Assistenzpersonals differenziert. Eine eigenständige Berufsausübung und Akademisierung der Primärausbildung wird im zahnärztlichen Bereich strikt abgelehnt. Wohl aber gilt es, die Aufstiegsfortbildungen und Durchstiegsmöglichkeiten der ZFA zu verbessern. Feste Basis dabei ist das Prinzip der Delegation statt der Substitution von Tätigkeiten.

An der Position der Delegierten auf der BZÄK-Bundesversammlung vom letzten November in München gibt es nichts zu rütteln: „Ärzte- und Zahnärztemangel kann nicht dadurch behoben werden, dass medizinischen Hilfsberufen ärztliche oder zahnärztliche Aufgaben im Rahmen eigenständiger Berufsbilder übertragen werden. Mit seiner universitären und klinischen Ausbildung ist der Arzt und Zahnarzt ganzheitlicher Ansprechpartner des Patienten, der nicht nur Teilaspekten Beachtung schenkt. Eine Aufweichung des einheitlichen ärztlichen und zahnärztlichen Berufsbildes durch paraoder subakademische medizinische Hilfsberufe wäre ein entscheidender Rückschritt für die Qualität der medizinischen Versorgung.“

Dualismus noch präsent

Die Zahnärzte wissen, wovon sie sprechen. Denn ihnen ist der Dualismus zwischen akademisch gebildeten Kollegen und den Dentisten immer noch lebhaft in Erinnerung. Nach der Zusammenführung der beiden Berufsstände im Zahnheilkundegesetz von 1952 wurde das Delegationsprinzip zahnärztlicher Tätigkeiten rechtssicher definiert und die Verantwortung für die Behandlung und Therapie beim approbierten Zahnarzt festgelegt.

„Die Zeiten also, in denen beispielsweise die Eingliederung einer Prothese oder die Entfernung von Zahnstein als rein mechanisch zu verstehende Handlungen angesehen wurden, sind längst vorbei,“ erklärt Dr. Michael Sereny, Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen und im BZÄK-Vorstand zuständiges Mitglied für die Belange zahnärztlichen Assistenzpersonals. „Die Verzahnung von Zahnmedizin und Medizin wird immer evidenter.“ Auch der Vergleich mit ärztlichem Hilfspersonal greife nicht, erläutert Sereny weiter: „In der Zahnmedizin gibt es fast keine Diagnostik, die sich in messbaren Parametern wie etwa Blutdruck oder Blutzuckerwert darstellen lässt. Selbst ein einfacher Parodontalindex wie der Papillenblutungsindex kann nur durch invasives Handeln und damit nur in der Verantwortung des Zahnarztes erstellt werden.“

Umso mehr wehrt sich der Berufsstand jetzt gegen Tendenzen, die den Rechtsrahmen des Zahnheilkundegesetzes und die klaren Regeln des Berufsbildungsgesetzes für zahnärztliches Assistenzpersonal wieder aufweichen wollen – sei es etwa über das Grünbuch „Arbeitskräfte des Gesundheitswesens in Europa“ oder über Bestrebungen mancher Hochschulen im In- und Ausland, mittels verkürzten Studiengängen wie dem Bachelor eigenständige Berufsbilder für zahnärztliche Hilfsberufe zu schaffen. Schützenhilfe dazu gibt es auch von Seiten des Council of European Dentists, der auf seiner Vollversammlung im November 2009 in Brüssel der akademischen Aufwertung der Arbeit von nicht-zahnärztlichem Personal eine klare Absage erteilt hatte.

Hinzu kommt, dass an den jetzigen zahnmedizinischen Fakultäten in Deutschland keine weiteren Kapazitäten für etwaige Studienplätze für zahnärztliches Hilfspersonal zur Verfügung stehen dürften – sogar für die Zahnmedizinstudenten ist die Situation bereits ziemlich eng. Bei den potenziellen Bachelor-Anbietern im Assistenzbereich werden deshalb vom Berufsstand auch ökonomische Interessen vermutet, denn eine solche Ausbildung dürfte teurer sein als die berufsbegleitende Aufstiegsfortbildung. Weiterhin sieht die Zahnärzteschaft durch Akademisierungstendenzen und die damit verbundene Verwischung von Berufsgrenzen den Novellierungsprozess der Approbationsordnung für Zahnärzte (AOZ) in Gefahr.

Delegationsrahmen

Im September 2009 verabschiedete die BZÄK den Delegationsrahmen für ZFA, in dem der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durch den Zahnarzt und die Möglichkeiten der Delegation von Tätigkeiten festgeschrieben wurde. „Die Vor gaben unterstützen letztlich auch den Verbraucherschutz und die Patientensicherheit“, betont Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Die in der Hand der Zahnärztekammern liegende Aus- und Fortbildungsstruktur der ZFA habe sich gut bewährt, erklärt er weiter. Sie erfolge praxisnah und in eigener Regie des Berufsstandes. Außerdem sei sie staatlich anerkannt und durch das Berufsbildungsgesetz geregelt, haftungs-, berufs-, arbeitsund versicherungsrechtliche Fragen seien berücksichtigt.

Gut aufgehoben

Auch der Verband medizinischer Fachberufe e.V. spricht sich für die Delegation von ärztlichen Tätigkeiten aus. Die Verantwortung müsse beim Arzt/Zahnarzt bleiben, durch die Delegation sei es aber möglich, ihn von bestimmten Tätigkeiten zu entlasten. Diagnose und Therapiefestlegung beispielsweise gehörten natürlich nicht dazu.

„Die Berufe Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte sind im dualen Berufsbildungssystem sehr gut aufgehoben. Hier ist die ideale Ergänzung von lernfeldbezogener Theorie und handlungsorientierter praktischer Ausbildung“, unterstreicht Gabriele Leybold, erste stellvertretende Präsidentin des Verbandes. Allerdings werde eine Akademisierung nicht vollständig verneint: „Wir benötigen die wissenschaftliche Forschung zu unseren Berufen, um ihre Rolle im Gesundheitswesen evidenzbasiert auszubauen. An einigen Universitäten gibt es dazu bereits Projekte, bei denen auch gelernte Medizinische Fachangestellte mitarbeiten.“ Leybold hält es für notwendig, nach entsprechenden Aufstiegsfortbildungen von mindestens 400 Stunden auch akademische Karrieren zu ermöglichen. Daneben gebe es im Fachhochschulbereich Angebote, um auf Managementebene größerer medizinischer Einheiten Aufgaben übernehmen zu können.

Neue Herausforderungen

Eine Entlastung der Zahnärzte wird mit Blick auf die demografische Entwicklung dennoch zum Thema. Mit Problemen wie der wachsenden Alterspyramide, immobilen und multimorbiden Patienten, Menschen mit Behinderungen oder der Verzahnung von Medizin und Zahnmedizin kommen auf den Berufsstand neue Herausforderungen zu. Das betrifft auch das Assistenzpersonal. „Hier werden wir dafür Sorge tragen, dass Fortbildungsmaßnahmen beziehungsweise Aufstiegsfortbildungen für die ZFA die Voraussetzung bieten, damit Aufgaben delegiert werden können“, erklärt Dietmar Oesterreich. „Wir müssen die Vorteile des dualen Systems noch mehr nutzen, um die Durchstiegsmöglichkeiten zu verbessern, die Qualifizierung des Berufsbildes ZFA zu erhöhen und das Feld in allen Kammern so besetzen, wie es das Berufsbildungsgesetz vorsieht.“ pr

Der Delegationsrahmen der BZÄK für ZFA ist unterwww.bzaek.deabrufbar.

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