Leitartikel

Keine Extrawürste

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

ein Freund der Zahnärzte war Horst Seehofer nie. Ob er sich jetzt, wie die Medien vermuten, als Freund der bayerischen Hausärzte erweist, soll der kommende Herbst zeigen. Und ob der wirklich heiß wird, lässt sich angesichts der gegenwärtigen Drohgebährden nur erahnen.

Auf jeden Fall gilt: Die von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler der Öffentlichkeit präsentierten Eckpunkte der Gesundheitsreform haben sich zum Sommerthema erster Ordnung entwickelt. Das als erneutes Kostendämpfungsgesetz daherkommende Vorhaben versteckt allenfalls die kleine Genialität einer noch klitzekleineren Gesundheits prämie. Der Minister ist stolz darauf. Das kann er wohl auch ein bisschen sein, sollte das Konzept im Herbst so greifen. Zumindest wäre das eine wirkliche Pionierleistung. Vielleicht sind gerade deshalb so viele dagegen.

Allen voran lamentiert der Hausärzteverband gegen die avisierte Begradigung, dass nach den zur Zeit noch laufenden Verträgen nach Paragraph 73 b SGB V mit der un gleichen Behandlung und Bezahlung von Ärzten in unterschiedlichen Vertragswelten Schluss sein soll. Andersherum: Die von der großen Koalition der letzten Legislatur mit der Absicht eingeführte Möglichkeit, mittels dieser Verträge eine Triple-Win-Situation für Ärzte, Kassen und Patienten zu schaffen, hat eine von den Krankenkassen konstatierte Teuerung durch in ihren Augen zu hoch honorierte Hausärzte bewirkt. Rumgesprochen hatte sich das auch schon zu Zeiten von Schwarz-Rot. Damals schienen hohe Ziele noch höhere rote Zahlen zu rechtfertigen.

Inzwischen setzt sich die Erkenntnis durch: Ein Paragraph 73 SGB V, egal ob in b- oder in c-Version, ist für die Versorgung kein Gewinn, kommt aber volkswirtschaftlich betrachtet teurer als die kollektive Systemvariante.

Wir Zahnärzte haben das – wie übrigens die nicht dem Hausärzteverband verpflichtete Ärzteschaft – von Anfang an behauptet und dem Paragraphen und daraus resultierenden sektiererischen Selektivverträgen eine klare Absage erteilt. Das hat man gehört, hat die Sachlage aber über so lange Zeit beobachtet, dass selbst wir Kri tiker uns eigene Modelle schaffen mussten, um mit diesem Paragraphen, besser gegen ihn, umzugehen. Inzwischen hat sich der obskure Effekt des 73 b wohl auf der Ebene der politischen Entscheider herumgesprochen. Dass Philipp Rösler diesem Irrtum einen Riegel vorschieben will, ist daher nur konsequent. Gestützt wird er auch durch prominente Stimmen aus der CDU. Und an die prinzipiellen innerwie außerkoalitionären Widerstände aus CSU, SPD, Grünen und Linken scheint sich Rösler inzwischen zu gewöhnen.

Doch egal wie weit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein immer wieder protestierender Gesundheitsminister Markus Söder ihren Rückhalt für die Hoppenthallers dieser Welt auch immer treiben wollen: Wir Zahnärzte haben unsere Antwort auf das Sparpaket bereits erteilt. Das darf aber nicht alles sein! Bis auf die endlich konkreter gefasste Aussicht auf Honoraranhebung im Osten auf Westniveau vermissen wir die überfälligen Strukturveränderungen, die – sollen sie überhaupt noch realisiert werden können in dieser Legislaturperiode – im Herbst vorgelegt werden müssen. Jetzt also nur Kostendämpfung, jetzt nur runter vom erwarteten 11,5-Milliarden-Defizit der GKV. Da soll ja jeder seinen Sparbeitrag leisten. Auch wir Zahnärzte, die wir ja schon die Sparmeister der letzten Jahre waren.

Was wir in einer wie auch immer temperierten Herbstphase allerdings nicht akezptieren werden, ist ein noch größerer Einschnitt in unserem Honorargefüge für einen wie auch immer gearteten Klientelprofit des Hausärzteverbands. Der muss sich gefälligst – wie ja auch von Rösler beabsichtigt – einreihen. Denn schön, soviel kann man mit Sicherheit behaupten, findet das Unterfangen dieser erneuten Kostendämpfung im Gesundheitswesen keiner.

Wenn auf diesem Wege eine von der Mehrheit immer angemahnte, weil für die medizinische und zahnmedizinische Versorgung richtige Kurskorrektur mit herauskommt, dann um so besser: Das Gesundheitssystem braucht keine Extrawürste für wenige.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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