Betreuung von Menschen mit Behinderungen

Neue Plattform für die Forschung

Experten aus Standespolitik, Zahnärzteschaft und Wissenschaft kamen zu einem Arbeitstreffen am 2. Juli in Erfurt zusammen, um eine Forschungsplattform zur zahnärztlichen Betreuung von Menschen mit Behinderungen anzustoßen. Weil die Datenlage in diesem Versorgungsbereich immer noch dürftig ist, gilt es nun, konkrete Forschungsrichtungen und -inhalte zu definieren und Desiderate für künftige Forschungsfelder zu formulieren.

Im Fokus des Treffens standen Aspekte der Versorgungsforschung. Die BZÄK, die Landeszahnärztekammer Thüringen, die DGZMK, die Universitäten Witten/Herdecke, Hannover und Jena sowie die Arbeitsgemeinschaft für zahnärztliche Behindertenbehandlung des Berufsverbandes Deutscher Oralchirurgen (BDO) haben eine Initiative gegründet, um Standespolitiker, engagierte Zahnärzte, Hochschullehrer und Wissenschaftler zu einer Forschungsplattform zusammenzuführen. Ziel ist es, ein Konzept zur Erhebung repräsentativer und vorzeigbarer Daten zur Behandlung von Menschen mit Behinderungen zu erarbeiten.

Ein erstes Treffen der neuen Plattform fand auf Einladung der Kammer Thüringen im Vorfeld des Akademietags am 3.7. in Erfurt statt (siehe Bericht Seite 30). Der gastgebende thüringische Kammerpräsident Dr. Andreas Wagner verwies auch auf das Programm des Akademietags, der sich mit dem Schwerpunkt der Alten- und Behindertenzahnheilkunde beschäftige: „Wir sind als Kammer und als Berufsstand gefordert, den Kollegen entsprechende Fortbildungen anzubieten. Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen wir uns diesen Herausforderungen stellen und die Kollegenschaft mitnehmen.“

Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK, berichtete, dass derzeit Gespräche mit Vertretern der Politik und des Bundesgesundheitsministeriums geführt würden, um das Konzept „Mundgesundheit trotz Handicap und hohem Alter“ vorzustellen. In diesem Rahmen werde immer wieder auch die Frage nach belegbaren Daten und Fakten gestellt. Oesterreich: „Wir brauchen wissenschaftlich abgesicherte Konzepte und eine Datenbasis, die wir in die Öffentlichkeit kommunizieren können.“

Auf der Schattenseite

„Menschen mit Behinderungen stehen auf der Schattenseite des Lebens“, führte Dr. Volker Holthaus, erster Vorsitzender der AG für zahnärztliche Behindertenbehandlung im Berufsverband Deutscher Oralchirurgen (BDO) aus. Auch im Hinblick auf den in 2014 stattfindenden Weltkongress der International Association of Disability and Oral Health IADH (siehe Kasten) müssten Forschungsaktivitäten forciert werden. Es gelte, international vergleichbare Daten zusammenzutragen, die auch in der gesundheitspolitischen Argumentation Bestand hätten.

Der Status Quo zur Behindertenbehandlung an den deutschen Universitäten sei unbefriedigend, wie Dr. Reinhard Schilke von der Medizinischen Hochschule Hannover berichtete. Eine Umfrage bei Universitätskliniken belege bundesweite Defizite und eine Unterversorgung der Patienten. Prof. Dr. Andreas Schulte, Universität Heidelberg, wies auf Forschungslücken im Bereich dieser Patientenklientel hin – erforderlich seien Daten etwa zur Kariesprävalenz, zum Zahnersatz und zu Parodontalerkrankungen, zum Behandlungsbedarf oder zur Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen. Außerdem sei es schwierig, Interessenten für die Forschungsarbeit zu gewinnen.

Dr. Imke Kaschke, Manager Healthy Athletes, Special Olympics, umriss ein Konzept zur Datenerhebung. Dazu gehöre die Eruierung von Patientendaten zur Mundgesundheit aus Praxis und Universität, die Darstellung der gegenwärtigen Versorgungssituation, rechtliche und gesundheitspolitische Rahmenbedingungen und Lebensqualitätsforschung.

Drei Arbeitsgruppen erörterten Handlungsfelder und arbeiteten Vorschläge für weitere Maßnahmen zur Datenerhebung heraus:

• eine umfangreiche Abfrage in den Kammern zur Organisation und zum Stand der Betreuung,

• Vorschläge zur Datenerfassung in Praxen und Einrichtungen,

• eine anonyme Erfassung epidemiologischer Daten über Befunde bei der zahnärztlichen Betreuung.

Das Treffen ergab viel Input für die weitere Arbeit in den Universitäten, Hochschulen und in den berufspolitischen Gremien. pr

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