Kreditklemme bei Zahnärzten

Fakten und Fiktionen

sg
Haben sich die Kreditvergaberichtlinien der Bankinstitute tatsächlich verschärft oder handelt es sich bei den Beschwerden von Zahnärzten über eine mangelnde Kreditvergabe nur um Ausnahmen? Der folgende Beitrag versucht, Antworten auf diese Frage zu finden.

Zumindest die Zahlen sprechen eine recht klare Sprache: Der aktuelle Kreditmarktausblick der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zeigt deutlich, dass sich der Abschwung am Kreditmarkt offenbar fortsetzt. So schrumpfte das von der KfW berechnete Kreditneugeschäft der deutschen Banken mit inländischen Unternehmen und mit Selbstständigen im dritten Quartal 2009 um rund 8,5 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Damit hat die Abwärtsdynamik am Kreditmarkt deutlich zugenommen. Die KfW ist allerdings zurückhaltend, von einer „Kreditklemme“ zu reden. So formuliert sie vorsichtig: Es kann „aus den nun markanten Schrumpfungsraten der Neuausreichungen jedoch nicht auf eine Kreditklemme geschlossen werden“. Immerhin räumt sie ein, dass sich der Rückgang der Kreditneuzusagen in einer Dimension bewegt, „wie sie zuletzt in den Jahren 2003 und 2004 beobachtet werden konnte“.

Damals, so führt die KfW weiter aus, „war die konjunkturelle Lage trotz der Rezession 2003 deutlich besser als heute“.

Auch für das vierte Quartal 2009 wird mit einer erneuten Beschleunigung des Rückgangs der Kreditneuzusagen gerechnet, bevor dann im ersten Quartal 2010 eine „Stabilisierung auf niedrigem Niveau“ erwartet wird. Die Einschätzung der KfW deckt sich auch mit den Erfahrungen von vielen Zahnärzten, die vor allem beklagen, dass Kreditverlängerungen von zusätzlichen Sicherheiten abhängig gemacht werden.

Kredite nur gegen weitere Sicherheiten

So berichtet Hans-Peter A. aus Süddeutschland, dass „eine Kreditverlängerung meines Betriebsmittelkredits nur mit einer zusätzlichen Grundschuld auf dem Praxisgebäude möglich war“. Joachim W. aus Berlin zeigt sich sogar überzeugt davon, dass „die Erhöhung meines Überziehungskredits nur möglich war, weil ich einen um zwei Prozent höheren Zinssatz akzeptiert habe“. Ohne diese Zugeständnisse wäre es also offenbar zu keiner Kreditverlängerung gekommen.

Mittlerweile hat sich auch die Politik des Themas angenommen. Offensichtlich wird hier ein sprichwörtlicher Flächenbrand nicht mehr ausgeschlossen, so dass selbst die Kanzlerin ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck brachte, eine Kreditklemme könnte die wirtschaftliche Erholung abwürgen. Mittelständische und auch große Firmen befänden sich „in einer sehr kritischen Situation“, führte Merkel weiter aus.

Kritik an zurückhaltender Vergabepraxis der Banken

Die zunehmende Kritik an der Kreditvergabepolitik der Banken scheint allmählich Wirkung zu zeigen. So ist nun plötzlich bei der einen oder anderen Bank von „Sonderprogrammen gegen die Kreditklemme“ oder von einem „Mittelstandsfonds“ ebenso die Rede wie von einem „Kreditmediator“, der als Beauftragter der Bundesregierung zwischen Unternehmen und Finanzinstituten vermitteln soll. Ob überhaupt und in welcher Form dies alles letztlich umsetzbar ist, muss sich naturgemäß erst noch zeigen.

Die vor allem in den Heilberufen als Kreditgeber tätige Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) sieht dagegen zumindest für ihr Haus keine Kreditklemme. Eher im Gegenteil, da nach ihrer Aussage die Neuausleihungen Ende des vergangenen Jahres mit über 4 Milliarden Euro über den Vorjahreswerten lagen. An der Kreditbegleitung der Ärzte und Apotheker bei Existenzgründungen, Investitionsvorhaben und Immobilienfinanzierungen hat sich danach nichts geändert.

Im Ergebnis scheint es also darauf hinauszulaufen, dass Banken, wenn auch nicht flächendeckend, ihre Kreditvergabepolitik im Verlauf der Wirtschafts- und Finanzkrise durchaus verschärft haben. Immerhin bleibt aber auch festzuhalten, dass diese Zurückhaltung augenscheinlich, wenn auch nur schrittweise, zu Gunsten einer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung aufgegeben wird.

Michael Vettervetter-finanz @t-online.de

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