Einbruchsicherung für Zahnarztpraxen

Tatort Praxis

Die gute Nachricht: Die Gesamtzahl an Einbruchdiebstählen in Deutschland ist laut Polizeilicher Kriminalstatistik in den vergangenen Jahren leicht gesunken. Die schlechte: Immer häufiger gehören Arzt- und insbesondere Zahnarztpraxen zu den Zielen. Denn nach der Einführung der Praxisgebühr vermuten die Täter hier neben hochwertigen medizinischen Geräten, Rezeptblöcken oder Zahngold auch größere Mengen an Bargeld. Als geeignete Gegenmaßnahme empfiehlt sich der Einbau einbruchhemmender Türen oder Fenster oder der Einsatz moderner Alarmanlagen.

Mal gelingt es, mal gelingt es eher nicht: In Essen hatte vor wenigen Wochen ein 19-Jähriger versucht, über den Balkon in eine Zahnarztpraxis einzubrechen. Dank einer aufmerksamen Anwohnerin konnte die zu Hilfe gerufene Polizei den Mann jedoch auf frischer Tat festnehmen. Als fadenscheinige Ausrede gab der Kletterkünstler an, er habe lediglich seinen Schlüssel zurückholen wollen, den er aus Versehen auf den Balkon geworfen habe. Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Da der Mann der Polizei jedoch bereits einschlägig wegen verschiedener weiterer Delikte bekannt war, wurde er dennoch vorübergehend in Gewahrsam genommen. Der Zahnarzt kam in diesem Fall also mit dem Schrecken davon.

Weniger Glück hatte im vergangenen Jahr ein Kollege im thüringischen Rudolstadt. Dem oder den Tätern war es nach einem Bericht des MDR gelungen, über ein Seitenfenster in eine Zahnarztpraxis einzusteigen. Als Beute entwendeten sie mehrere teure medizinisch-technische Geräte und Instrumente, darunter ein Zahnstein-Entfernungsgerät, teure Technikmotoren und sechs verschiedene Winkelstücke aus Titan. „Offenbar kannten sich die Diebe in den Räumlichkeiten bestens aus, denn sie wussten ganz genau, wie man in die Praxis gelangen konnte“, so Polizeihauptkommissar Thomas Herbarth von der zuständigen Polizeilichen Beratungsstelle Saalfeld. „Auch sonst gingen die Täter sehr gezielt und gründlich vorbereitet vor. Wir fanden einen relativ sauberen Tatort vor und die gestohlenen technischen Geräte waren alle fachgerecht demontiert.“ Der entstandene Schaden allein für die verschwundenen Geräte beläuft sich auf 41 000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für notwendige Reparaturen sowie der finanzielle Schaden durch eine entwendete Geldkassette.

Meist Bargeld im Visier

Eine derartig große Beute ist nicht selten. In vielen Fällen beschränken sich die Täter jedoch auf die Mitnahme von Bargeld. Einen wichtigen Grund für den deutlichen Anstieg von Einbrüchen in Zahnarztpraxen vermuten Experten daher in der Einführung der Praxisgebühr: Die damit gestiegenen Bargeldbestände in Praxen haben sich natürlich auch bei den Tätern herumgesprochen.

Belegt wird dieser Zusammenhang auch durch den Blick auf die Polizeiliche Kriminalstatistik für Sachsen, deren Befund sich so oder so ähnlich auch auf andere Bundesländer übertragen lässt: Die Statistik weist für den Tatzeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2008 1 331 Fälle von Diebstahl in Arzt- oder Zahnarztpraxen aus. Bei über 50 Prozent dieser Einbrüche (675 Fälle) wurde Bargeld entwendet. Lediglich in neun Prozent der Fälle wurden dagegen Bildschirme, Computer und Notebooks (125), in rund drei Prozent Rezepte (35), und in lediglich 1,5 Prozent Arzneimittel (19) oder medizinisches Gerät (18) von den Dieben mitgenommen. Und Betäubungsmittel waren sogar nur in rund einem Prozent (10) der Fälle bevorzugtes Diebesgut. „Die Hauptzielrichtung der Täter ist gegenwärtig Bargeld beziehungsweise Geld- und Kreditkarten“, so Joachim Zieschang, Erster Kriminalhauptkommissar und Leiter der Zentralstelle für Prävention beim Landeskriminalamt Sachsen. „Deren Lagerung erfolgt offensichtlich in vielen Fällen so, dass Täter leichten Zugriff darauf haben.“

Und auch sonst gibt es bestimmte regelmäßig wiederkehrende Tatmuster: Eingebrochen wird meist am Abend, am Wochenende oder während der Urlaubszeit, die von vielen Zahnärzten durch Anzeigen in Tageszeitungen bekannt gemacht wird. Bevorzugtes Ziel der Täter sind insbesondere solche Praxen, die in anonymen, rein gewerblich genutzten Gebäuden liegen. Hier nutzen die Einbrecher häufig die Möglichkeit, sich am Abend einsperren zu lassen, um dann nach Geschäftsschluss in die Praxisräume einzubrechen. Und dort haben sie dann in der Regel leichtes Spiel und alle Zeit der Welt, sämtliche Schränke und Schubladen auf Wertsachen zu durchsuchen, ohne dabei irgendwelche Anwohner oder Zeugen fürchten zu müssen. Aber auch Praxen, die in Wohngebieten liegen, sind vor Einbruch keineswegs sicher, wie die Erfahrung zeigt. Hier steigen die Einbrecher oft durch leicht erreichbare Fenster, Terrassen- oder Balkontüren ein.

Erleichtert wird den Einbrechern ihr Handwerk häufig durch Unwissenheit oder nachlässiges Verhalten aufseiten der Eigentümer. Denn trotz der bestehenden Gefahr und der Warnungen der Polizei sind viele Praxen nur unzureichend gegen Einbruch gesichert. Herkömmliche Türen oder Fenster, die womöglich noch auf Kipp stehen, stellen in der Regel kein Hindernis dar und sind durch die Täter meist in wenigen Sekunden überwunden. Als Einbruchswerkzeug reicht oft einfaches Hebelwerkzeug wie ein herkömmlicher Schraubenzieher. In manchen Fällen genügt sogar ein Fußtritt gegen eine schwache Tür.

Absolute Sicherheit gibt es nicht

Zugegeben, absolute Sicherheit gegen Einbruch gibt es nicht. Aber durch moderne Sicherungs- und Überwachungstechnik, geeignete personelle und organisatorische Maßnahmen sowie durch ein sicherheitsbewusstes Verhalten lassen sich viele der Fälle vermeiden. Gerade Gelegenheitsdiebe drehen durch mechanische Sicherungen oft wieder ab. Und das, ohne dass die Praxis dabei zur Festung ausgebaut werden müsste. In den meisten Fällen werden Fenster und Türen durch Hebelgewalt aufgebrochen. Als wirksame Gegenmaßnahme empfiehlt sich daher der Einbau geprüfter einbruchhemmender Bauelemente, so dass die Täter erst gar nicht in die Praxis gelangen.

Gelingt es den Einbrechern, trotz dieser Vorkehrungen in die Praxis einzudringen, dann zählt jede Sekunde. Optimal ist es, wenn die eingebauten mechanischen Sicherungen daher durch eine Einbruchmeldeanlage ergänzt werden, die den Einbruch an ein Wachschutzunternehmen meldet und sofort die Polizei auf den Plan ruft. Welche Alarmierungsart und welches Produkt im Einzelfall zu empfehlen sind, hängt in erster Linie von den örtlichen Gegebenheiten ab. „Am besten ist es daher, der Zahnarzt wendet sich an den individuellen Beratungsservice der Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen vor Ort“, so Polizeihauptkommissar Herbarth. „Die Fachleute dort stellen eventuelle Schwachstellen fest und geben konkrete Ratschläge zur Verbesserung des Einbruchschutzes. Die Beratungen werden mit Ausnahme von Berlin bundesweit kostenlos angeboten.“

In vielen Fällen reicht aber auch schon der Einsatz von Licht, um potentielle Einbrecher wirksam abzuschrecken. Denn Licht erhöht nicht nur das Entdeckungsrisiko, sondern signalisiert den Tätern gleichzeitig, es könnten sich unter Umständen Personen in der Praxis aufhalten. Durch den Einsatz automatischer Lichtschaltgeräte, Dämmerungsschalter oder Zeitschaltuhren kann dieser Effekt noch verstärkt werden. In dem von der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes herausgegebenen Infoblatt „Sicherheit in Arzt- und Zahnarztpraxen“ wird außerdem empfohlen, Kontakt zu den Bewohnern benachbarter Wohnungen oder Gewerbeeinheiten zu pflegen. Denn in einer aufmerksamen Nachbarschaft haben Einbrecher und Diebe deutlich geringere Chancen, zum Zug zu kommen.

Neben einer mangelhaften baulichen Sicherung der Praxis oder einer fehlenden Alarmanlage können vor allem Vergesslichkeit oder ein nachlässiger Umgang der Angestellten Sicherheitslücken entstehen lassen. Wichtig ist, dass beim Verlassen der Praxis alle Türen und Fenster verschlossen und sämtliche Rollläden heruntergelassen werden. Außerdem muss daran gedacht werden, die Einbruchmeldeanlagen einzuschalten.

Sicherheit als oberstes Gebot

Die meisten Einbrecher in Zahnarztpraxen haben es wie gesagt auf Bargeld abgesehen. Das Infoblatt der Polizei empfiehlt daher, das über die Praxisgebühr eingenommene Geld am besten umgehend vor dem Zugriff Unbefugter zu sichern und es grundsätzlich immer nur hinter verschlossenen Türen zu zählen und zu bündeln, um so erst gar keine Begehrlichkeiten zu wecken. Gleichzeitig rät die Polizei, den Bargeldbestand in der Praxis möglichst gering zu halten und das Geld in regelmäßigen Abständen zur Bank zu bringen. Sollte dies nicht immer möglich sein, sollte die Aufbewahrung in einem geprüften Wertschutzschrank erfolgen. Darüber hinaus rät Herbarth zu regelmäßigen Sicherungskopien, die dann zuhause oder in einem sicheren Wertbehältnis aufbewahrt werden sollten. „So können bei einem Einbruch zumindest keine wichtigen Patientendaten verloren gehen.“

So sinnvoll diese unterschiedlichen Maßnahmen im Vorfeld sind, so deutlich gewarnt werden muss andererseits jedoch vor falschem Engagement im Einsatz gegen den Täter: Ertappt jemand einen Einbrecher auf frischer Tat, dann ist das einzig Richtige, sich in Sicherheit zu bringen. „Der Schutz von Leben und Gesundheit hat in jedem Fall Vorrang vor materiellen Werten“, rät die Polizei in ihrem Infoblatt. „Gehen Sie kein unnötiges Risiko ein. Gegenwehr ist oft zwecklos, reizt den Täter und bringt Sie in Gefahr.“ Stattdessen sollte man sich den Hergang der Tat sowie wesentliche Merkmale des Täters wie Bekleidung, Alter, Größe, Statur, Haarfarbe und Sprache einprägen und schnellstmöglich unter 110 die Polizei informieren.

Individuelle Kennzeichnung

Ist es den Einbrechern trotz aller Sicherheitsmaßnahmen gelungen, in die Praxis einzudringen und Wertgegenstände oder Bargeld zu entwenden, dann hilft der Polizei eine individuelle Kennzeichnung gestohlener Geräte, um so deren Verbleib ermitteln zu können. Eine sichere Identifizierung ist beispielsweise durch die individuelle Gerätenummer möglich, so die Polizei. Fehle diese Nummer, dann empfiehlt sich, statt dessen eine eigene deutlich und dauerhaft sichtbare Kennzeichnung vorzunehmen – etwa mit unvergesslichen Daten, wie dem eigenen Kfz-Kennzeichen, dem eigenen Geburtsdatum und den Initialen des eigenen Namens. Darüber hinaus empfiehlt die Polizei, eine Wertsachenliste zu führen. Denn so stiegen die Chancen, die gestohlenen Geräte zurückzubekommen und die Tat nachweisen zu können.

Wichtig ist außerdem eine ausreichende Versicherung der Praxis und der dort genutzten Geräte. Die obligatorische Praxisversicherung deckt Schäden durch Brand, Diebstahl, Vandalismus, Leitungswasser, Sturm und Hagel ab. Um eine Unterversicherung zu vermeiden, empfehlen die Versicherer dabei, den Neuwert der Praxis zu versichern. Als Neuwerte gelten die Listenpreise der Hersteller oder die Werte für die Neuanschaffung der Geräte und des Inventars. Doch Vorsicht: Erst der Blick ins Kleingedruckte verrät, welche Schäden tatsächlich versichert sind und welche nicht.

Ein wirksamer Ansatz zur Reduzierung von Einbrüchen ist außerdem die Unterbrechung der kriminellen Vertriebswege. Deshalb sollte man generell äußerst misstrauisch bei gebrauchten zahnmedizinischen Geräten sein. „Das gilt insbesondere dann, wenn man sie von Leuten angeboten bekommt, die nicht als gewerbliche Händler gemeldet sind“, so Thomas Herbarth. „Außerdem sollte man darauf achten, dass man die Geräte in einem Originalkarton erhält und die Seriennummern vorhanden sind. Sollte diese nicht mehr vorhanden sein, kann der Zahnarzt davon ausgehen, dass es sich um Diebesgut handelt.“ Und dann heißt es Finger weg und gegebenenfalls die Polizei verständigen!

Robert UhdeGrenadierweg 3926129 Oldenburg

Polizeiliche Beratungsstellen:www.polizei-beratung.de

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