Die neue Erbschaftssteuer

Erben nach Plan

sg
Die neuen Gesetze für die Erbschaftssteuer gelten seit gut einem Jahr. Viele Fragen sind offen geblieben. Im Januar 2010 trat die Reform des Erbrechts in Kraft. Wer als Erblasser sein Vermögen weiterreichen will, sollte geschickt planen, um den Erben unnötige Steuerzahlungen zu ersparen. Dabei gilt es, auch auf Kleinigkeiten zu achten.

Wenn es ums Erben geht, wissen die meisten Deutschen ziemlich genau, was auf sie zukommt: 71 Prozent rechnen mit Geld und 64 Prozent mit Immobilien. Zu diesen Ergebnissen kam eine Umfrage der BHW-Bausparkasse Anfang Februar. Mit 26 Prozent weit abgeschlagen rangieren Kunstgegenstände und Schmuck auf dem dritten Platz. Wertpapiere erwarten sogar nur 16 Prozent der Befragten. Tatsächlich besteht „rund die Hälfte des deutschen Erbvolumens aus Immobilienvermögen, davon sind drei Viertel Einfamilienhäuser und noch unbebaute Grundstücke“, erklärt Dieter Pfeiffenberger, Vorstand der BHW-Bausparkasse. Dem trägt auch das neue Erbschaftssteuerrecht Rechnung, in dem es die Erben speziell von selbst genutzten Immobilien weitestgehend von der Erbschaftssteuer verschont.

Anlass für die Reform der Erbschaftssteuer war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter forderten, im Erbfall Wertpapiere und Immobilienvermögen gleich zu behandeln. Bis Ende 2008 setzte der Fiskus bei der Festsetzung der Steuer Wertpapiere zu 100 Prozent ihres Wertes an, Immobilien aber nur mit durchschnittlich 60 Prozent ihres Verkehrswertes. Um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen, legt das Finanzamt jetzt bei jeder Vermögensart den 100-prozentigen Wert für die Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde. Doch damit Ehepartner und Kinder ihr Heim im Erbfall nicht aufgrund zu hoher Steuerlast veräußern müssen, können sie das Haus abgabenfrei übernehmen – vorausgesetzt sie bewohnen es selbst und das für die nächsten zehn Jahre. Ihre Freibeträge belasten sie damit nicht. Das passiert erst, wenn sie die Immobilie verkaufen oder vermieten. Vermeiden lässt sich diese Hürde, in dem ein Ehepartner seinen Anteil bereits zu Lebzeiten auf den anderen überträgt. Wie lange letzterer dann noch darin wohnt, interessiert keinen mehr.

Erbschaftsteuer und Ehe gemeinschaften

Konnten Eheleute schon vor der Reform sich gegenseitig das Eigenheim steuerfrei überschreiben, kann der überlebende Partner jetzt auch abgabenfrei erben, wenn er vorher schon in diesem Haus gewohnt hat und auch noch zehn Jahre lang nicht ans Ausziehen denkt. Keine Gnade kennt der Fiskus, wenn der Erbe das Heim vermietet, verkauft oder nur als Zweitwohnung nutzt. Dann wird die Erbschaftssteuer fällig. Ein Nachsehen haben die Finanzbehörden aber, wenn der überlebende Partner zwar im ehemals gemeinsamen Heim bleibt, aber später zum Beispiel aus Krankheitsgründen in ein Pflegeheim ziehen muss. Allerdings ist bislang nicht geklärt, ob die Witwe oder der Witwer eine bestimmte Pflegestufe erreicht haben müssen, um von der Nachzahlung befreit zu werden. Entscheidet er/sie sich nach ein paar Jahren, das Haus doch zu vermieten, verlangt der Fiskus seinen Anteil – allerdings nur dann, wenn der Freibetrag von 500 000 Euro bereits ausgeschöpft ist.

Höhere Freibeträge brachte die Steuerreform auch für die Kinder. Sie verfügen jetzt über 400 000 Euro nach 205 000 Euro. Auch die Enkel profitieren: 200 000 nach 51 200 Euro. Eine deutliche Verbesserung erfahren eingetragene Lebenspartnerschaften. Das Gesetz behandelt sie jetzt wie eine eheliche Gemeinschaft – zumindest was die Höhe der Freibeträge angeht. Auch ihnen stehen im Erbfall 500 000 Euro als Freibetrag zur Verfügung. Bislang waren es nur 5 200 Euro. Die steuerfreie Eigenheim-Regelung trifft ebenfalls für sie zu. Wie bei Eheleuten bleiben auch die Versorgungsansprüche bis zu 256 000 Euro abgabenfrei. Was aber bleibt, ist die Zuordnung in die ungünstige Steuerklasse III. Hierfür sind die Steuersätze sogar noch gestiegen. (siehe Tabelle). Sie gelten für Beträge, die den jeweiligen Freibetrag überschreiten.

Wer mehr als die Freibeträge zu vergeben hat und seine Erben vor dem Zugriff des Fiskus schützen will, kann bereits zu Lebzeiten Gutes tun und Vermögen bis zur Höhe der Freibeträge weiterreichen. Alle zehn Jahre zeigt sich das Finanzamt damit einverstanden. Für Erblasser, die einen Teil ihres Vermögens weiter entfernten Verwandten oder Freunden steuerfreundlich hinterlassen möchten, gibt es auch einen Ausweg. Hierzu lautet der Experten-Tipp zum Steuern-Sparen: Adoption. Urheber der Idee ist der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Der Kritik an den hohen Steuersätzen begegnete er mit diesem Vorschlag: „Finden Sie in der Steuerklasse III einen, den Sie adoptieren.“ Kann der zukünftige Sohn oder die angehende Tochter vor dem Vormundschaftsgericht überzeugen, steht der steuergünstigen Vermögensübertragung nichts mehr im Weg.

Erbschaftssteuer und die Nießbrauchsregel

Aktueller denn je ist die alte Nießbrauchsregel. Der Nießbrauch bezeichnet laut wikipedia das Recht, die Nutzungen einer fremden Sache oder eines fremden Rechts in Anspruch zu nehmen. Somit dürfen die Eigentümer ihre Immobilie auf die jüngere Generation überschreiben und dürfen sich selbst das Nutzungsrecht oder anfallende Erträge vorbehalten. Neu daran ist, dass das Finanzamt die Nießbrauchslast vom Vermögen abzieht. Es ermittelt den Wert des Nießbrauchs und reduziert entsprechend die Steuerlast. Auf diese Weise können auch Häuser, deren Wert den Freibetrag von 400 000 Euro deutlich übersteigt, abgabenfrei auf Sohn oder Tochter übertragen werden. Bleiben die Kinder zehn Jahre nach dem Tod ihrer Eltern im Haus wohnen, verzichtet der Fiskus auf seinen Anteil. Allerdings darf die Wohnfläche dann 200 Quadratmeter nicht übersteigen. Für den Rest kassiert das Finanzamt dann doch Steuern.

Ein weiterer Experten-Tipp für vermögende Ehepaare: Leben sie wie die meisten Verheirateten in einer Zugewinngemeinschaft, sollten sie über eine Änderung dieses Status nachdenken. Entschließen sie sich für eine Gütertrennung, erfolgt automatisch der Vermögensausgleich ohne Beteiligung des Finanzamts.

Neues Erbrecht ab 2010

Ein Jahr nach Inkrafttreten der Erbschaftssteuerreform folgte am 1. Januar 2010 das neue Erbrecht. Hier die wichtigsten Punkte:

• Schenkungen

Schenkt beispielsweise ein Vater während der letzten zehn Jahre vor seinem Tod dem Sohn ein Haus, so gehört es nicht mehr vollständig zum Erbe. Bislang war es so, dass zehn Jahre vergangen sein mussten, bevor auch das Erbe steuerfrei bleiben konnte. Jetzt sieht das Gesetz eine „Abschmelzung“ des Wertes vor. Danach zählen nur noch Schenkungen im letzten Jahr vor dem Tod des Erblassers voll zum Erbe. Geschenke im zweiten Jahr gehen mit 90 Prozent, im dritten Jahr mit 80 Prozent und so weiter ins Erbe ein. Was im elften Jahr vor dem Tod geschenkt wurde, zählt nicht mehr.

• Pflichtteil

Der Grund für die Neuregelung bei den Schenkungen ist das strenge Pflichtteilsrecht. Auf diesen Anteil aus dem hinterlassenen Vermögen haben zum Beispiel auch enterbte Kinder Anspruch. Probleme gab es vor allem auch bei der Übertragung von Betrieben auf den Nachfolger. Gibt es in der Verwandtschaft noch Ansprüche auf Pflichtteile, muss der Erbe diesen sofort auszahlen. Häufig fehlen dafür aber die liquiden Mittel und es besteht das Risiko, dass der Betrieb verkauft werden muss, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Diese Gefahr kann durch eine möglichst frühe Übertragung des Betriebs jetzt gebannt werden.

• Pflege

Ob Sohn oder Tochter, Bruder oder Schwester, wer Angehörige pflegt, für den sieht der Kranke häufig eine Belohnung vor, die nach seinem Tod ausgezahlt werden soll. Hat er aber kein Testament gemacht, hat der Pfleger nur dann einen Anspruch auf die Anerkennung, wenn er während der Pflege weniger oder gar nicht gearbeitet hat. Seit 1. Januar dieses Jahres darf er neben seiner Pflegetätigkeit Teilzeit arbeiten und sich dennoch über das Geld freuen.

Zwar regeln die Reform der Erbschaftssteuer und die des Erbrechts einige Punkte zum Vorteil der Betroffenen neu. Doch bleiben immer noch genug offene Fragen und Fallen, in die nicht nur Laien gerne tappen. Das Thema Erben und Testament schieben die meisten gerne vor sich her. Niemand denkt gerne an den Tod. Doch er ist unausweichlich. Deshalb sollten Eltern sich frühzeitig Gedanken über Schenkungen machen und ein Testament aufsetzen. Denn Probleme tun sich vor allem dann auf, wenn das Erbe nicht geregelt ist. Dann kommt es nach dem Tod des Erblassers auch in harmonischen Familien zu unerwünschten Streitigkeiten, die nicht selten vor Gericht enden.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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Die Freibeträge für Schenkungen und Erbschaft sind gestiegen. Freuen dürfen sich vor allem Schwule und Lesben, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben. Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und geschiedene

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Ehepartner haben das Nachsehen.

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Verwandte

Allgemeiner Freibetrag bei Erbschaft

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und Schenkung in Euro

Versorgungsfreibetrag (1) bei

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Erbschaft in Euro

Freibetrag bei Erbschaft für ... Euro

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neu

alt

Hausrat

andere Güter (3)

\n

Steuerklasse I

\n

Ehepartner

500 000

307 000

256 000

41 000

12 000 (4)

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Kinder, Stiefkinder,

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Adoptivkinder, Kinder

\n

verstorbener Kinder

400 000

205 000

10 300 – 52 000 (2)

41 000

12 000 (4)

\n

Enkel, Stiefenkel

200 000

51 200

0

41 000

12 000 (4)

\n

Urenkel

100 000

51 200

0

41 000

12 000 (4)

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Eltern, Groß- und Urgroßeltern

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im Erbfall (5)

100 000

51 200

0

41 000

12 000 (4)

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Steuerklasse II

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Geschwister, Nichten

\n

und Neffen, Schwiegerkinder,

\n

Schwiegereltern,

\n

geschiedene Ehegatten

20 000

10 300

0

12 000 (4)

\n

Steuerklasse III

\n

Eingetragene Lebenspartner

500 000

5 200

256 000

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alt 0

41 000

\n

alt 0

12 000 (4)

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Onkel, Tanten, Lebensgefährten,

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Nachbarn,

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Freunde und alle anderen

20 000

5 200

0

12 000 (4)

\n

1) Wird um den Wert der Versorgungsbezüge (Renten und Pensionen) der Hinterbliebenen gekürzt. 2) Kinder bis 5 Jahre 52 000 Euro, bis 10 Jahre 41 000 Euro, bis 15 Jahre 30 700 Euro, bis 20 Jahre 20 500 Euro, bis 27 Jahre 10 300 Euro. 3) Zum Beispiel Autos, Wohnmobile oder Boote, nicht für Schmuck, Münzen, Briefmarken usw.. 4) Bisher 10 300 Euro. 5) Bei Schenkungen Steuerklasse II. Quelle: Erbschaftssteuergesetz

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Bei den Steuersätzen für Ehepartner, Kinder und Enkel ändert sich nichts. Deutlich mehr zahlen müssen fast immer Verwandte und Nichtverwandte in den Steuerklassen II und III.

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Vermögenswert bis einschließlich

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... Euro (bisher

Steuern in Prozent bei Steuerklasse...

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I (bisher)

II (bisher)

III (bisher)

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75 000 (52 000)

7 (7)

30 (12)

30 (17)

\n

300 000 (256 000)

11 (11)

30 (17)

30 (23)

\n

600 000 (512 000)

15 (15)

30 (22)

30 (29)

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6 000 000 (5 113 000)

19 (19)

30 (27)

30 (35)

\n

13 000 000 (12 783 000)

23 (23)

50 (32)

50 (41)

\n

26 000 000 (25 565 000)

27 (27)

50 (37)

50 (47)

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Über 26 000 000

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(über 25 565 000)

30 (30)

50 (40)

50 (50)

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Quelle: Erbschaftssteuergesetz

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