Finanzen

Anlagen in schwierigen Zins-Zeiten

Ob die Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank mehr ist als das sprichwörtliche zinspolitische Strohfeuer, muss sich erst noch zeigen. Klar ist jedoch, dass es für Ärzte als Anleger nach wie vor schwierig ist, auch nur annähernd akzeptable Zinssätze zu erzielen.

Wie sich die Zeiten ändern können, zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Wurde vor der Banken- und Finanzkrise in aller Regel großer Wert auf die Höhe des Zinssatzes beziehungsweise der Wertentwicklung des jeweiligen Anlageprodukts gelegt, steht nun als eine der wesentlichen Lehren der vergangenen Jahre vor allem die Sicherheit der Anlageform respektive des dahinter stehenden Finanzinstituts eindeutig im Vordergrund. Kapitalverluste bei „eigentlich sicheren“ Banken oder bankenähnlichen Anbietern waren ja auch kaum vorstellbar. Diese Zeiten sind nun auf wahrscheinlich lange Sicht vorbei.

Die Frage, ob eine Bank, ein Versicherungsunternehmen oder ein anderes Finanzdienstleistungsunternehmen langfristig überhaupt in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, muss von den Instituten zwingend und vor allem rechtzeitig beantwortet werden. Zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit des Anbieters und der damit verbundenen Einlagensicherung kann unter anderem die deutsche Bankenaufsicht beitragen (www.bafin.de).

Die derzeitige Niedrigzinsphase als eine der wesentlichen Folgen der Finanzkrise kann Praxisinhaber in Schwierigkeiten bringen, wenn sie beispielsweise eine zusätzliche finanzielle Altersabsicherung – neben den späteren Zahlungen aus dem Versorgungswerk – ebenso wie einen Vermögensaufbau etwa zum Zweck einer späteren größeren Investition auch nur halbwegs auf dem bisherigen Niveau halten wollen. Dies gilt auch für Geldanlagen, bei denen Ärzte aber immerhin selbst Einfluss auf deren Umfang und Art nehmen können, beispielsweise für Banksparpläne und für Investmentkonten, bei denen der Anleger zwar nicht unmittelbar in die Anlagepolitik des jeweiligen Anbieters eingreifen kann, diese aber durch ein Unterbrechen oder durch eine Veränderung der Anlagebeträge durchaus beeinflussen kann.

Fallende Wertpapierkurse und steigende Zinsen

Um dazu eigene Strategien zu entwickeln, müssen sich Ärzte mit den hierzu wichtigen Zusammenhängen befassen. So gilt grundsätzlich, dass in einer Niedrigzinsphase längerfristige Anlagezeiträume vermieden werden sollten. Das gilt auch dann, wenn damit ein Zinsunterschied von kurzen zu langen Laufzeiten von zurzeit rund zwei Prozent ausgenutzt werden könnte. Lockern die Zentralbanken nämlich insgesamt im Jahresverlauf ihre bisherige Niedrigzinspolitik zugunsten wieder steigender Zinssätze (die Europäische Zentralbank hat ja wie erwähnt damit begonnen), dürfte dies Auswirkungen auf sämtliche Anlagelaufzeiten haben. Ärzte, die dann längerfristig in Anlagen wie festverzinslichen Wertpapieren investiert sind, müssen bei einem vorzeitigen Verkauf dieser Papiere mit Kursverlusten rechnen. Bei alternativen Anlageformen wie Termin- oder Festgeldern, bei denen bekanntlich kein Kursrisiko besteht, muss ohnehin bis zum jeweiligen Ablauftermin durchgehalten werden. Eine vorzeitige Auflösung, sofern sie überhaupt möglich ist, wird in aller Regel mit Zinsverlusten bezahlt.

Informationsbedarf bei Investmentfonds

Tatsächlich wird der Zusammenhang zwischen steigenden Zinssätzen und fallenden Wertpapierkursen allerdings oft übersehen und immer wieder festgestellt, dass gerade in Niedrigzinsphasen in längerfristige Anlagezeiträume investiert wird. Ärzte, die zwecks Vermögensaufbau in einen oder in mehrere Investmentfonds investiert haben, sollten sich ebenfalls mit deren Anlagepolitik auseinandersetzen. Dies ist zum Beispiel mithilfe von Rechenschafts- und Geschäftsberichten ebenso möglich wie mit den Informationen der jeweiligen Investmentgesellschaft im Internet. Bei den beispielsweise zur Altersvorsorge meist üblichen Investmentfonds in Form von Aktien- oder Rentenfonds mit dem Schwerpunkt festverzinslicher Wertpapiere oder in Form von Mischfonds, die sowohl Aktien als auch festverzinsliche Wertpapiere miteinander verbinden, zeigt vor allem die Wertentwicklung („Performance“) jedes einzelnen Fonds, in welchem Umfang die entsprechenden Anlagegrundsätze berücksichtigt werden. Hier sollten Ärzte regelmäßig prüfen, ob die Anlagepolitik des Fondsmanagements nach wie vor den eigenen Vorstellungen entspricht oder ob sie im Rahmen ihrer vertraglichen Möglichkeiten eingreifen und die meist regelmäßigen Einzahlungen verändern oder sogar einstellen. Die so „eingefrorenen“ Sparraten können vorübergehend auf einem Anlagekonto „geparkt“ und bei wieder steigenden Zinssätzen erneut investiert werden.

Das gilt naturgemäß auch und vor allem für Aktienfonds. Zu prüfen ist, ob sich die jeweilige Aktienstruktur in dieser kritischen wirtschaftlichen Phase bewährt hat oder nicht. Ein vorübergehendes Aussetzen der Sparraten kann auch hier eine angemessene Alternative zu einer vollständigen Auflösung des jeweiligen Fondsguthabens darstellen. Möglicherweise bietet sich auch eine Aufteilung der bisherigen Sparraten in verschiedene Aktienfonds an. Dies sollte in jedem Fall ebenso individuell entschieden werden wie die Bereitschaft, die bisherige Kostenstruktur des einzelnen Fonds auch zukünftig mitzutragen. Ärzte, die übrigens konsequent vergleichen, können vor allem bei den Ausgabeaufschlägen sparen, die je nach Fonds bis zu etwa fünf Prozent betragen. Auch hierüber finden Anleger Informationen in den jeweiligen Publikationen der Investmentgesellschaften.

Strategien je nach Risikoprofil

Neben der Berücksichtigung der aktuellen und der zu erwartenden Zinsentwicklung spielt naturgemäß das individuelle Risikoprofil eine wesentliche Rolle bei der jeweiligen Anlageentscheidung. Wer beispielsweise von Aktien nicht überzeugt ist, sollte sich damit auch nicht näher befassen. Die Erfahrung lehrt nämlich, dass ein solcher „Aktionär wider Willen“ dem durchaus möglichen psychischen Druck des Auf und Ab von Aktienkursen (und natürlich auch anderer spekulativer Anlageformen) oftmals kaum gewachsen ist. Dies gilt umso mehr in einer schwierigen Finanzphase, wie sie derzeit eben immer noch besteht. Wer dagegen partout nicht über Aktien oder in weitgehend vergleichbaren spekulativen Anlageformen wie bestimmten Unternehmensoder Länderanleihen hinwegsehen will, sollte sich ein klares Limit setzen. Je nach Profil können bereits fünf oder zehn Prozent des jeweils verfügbaren liquiden Vermögens ausreichen, um dieser individuellen Risikobereitschaft durch die Anlage in diesen oder ähnlichen Produkten gerecht zu werden. Darüber hinaus sollten Ärzte „auf Nummer sicher gehen“. Gute Zinsofferten (Achtung bei der Wahl des jeweiligen Finanzinstituts und dessen Einlagensicherung) mit kurzfristigen Anlagezeiträumen von bis zu etwa sechs Monaten bringen derzeit etwa zwei Prozent an Zinsen. Derartig kurze Zeiträume bieten Ärzten immerhin die Möglichkeit einer ebenfalls kurzfristigen Strategieänderung.

Das „Magische Dreieck“ der Geldanlage

Bei dieser „Investmentgeometrie“ handelt es sich um die drei wesentlichen Faktoren einer Geldanlage: Sicherheit, Verzinsung und Verfügbarkeit. Die Magie liegt darin, dass es nahezu unmöglich ist, diese drei Faktoren unter den sprichwörtlich „gemeinsamen Hut“ zu bringen. So geht beispielsweise ein nicht marktgerechter, zu hoher Zinssatz grundsätzlich zulasten der Sicherheit der jeweiligen Geldanlage. Dies gilt sinngemäß im Übrigen durchaus auch bei einer Aktienanlage mit dem einerseits vorhandenen Wertsteigerungspotenzial sowie dem andererseits damit verbundenen Risiko eines Wertverlusts. Des Weiteren erfordert eine kurzfristige Verfügbarkeit meist die Bereitschaft des Anlegers, auf höhere Zinssätze zu verzichten, die in der Regel nur bei längeren Laufzeiten möglich sind.

Investoren und Sparer, die sich mit diesen Zusammenhängen und gegenseitigen Abhängigkeiten auseinandersetzen, können zumindest die Grundlagen für ein kaufmännisch sinnvolles Anlageverhalten schaffen.

Michael VetterWirtschaftsjournalistvetter-finanz@t-online.de

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