Leitartikel

Eine Reform, die Mut macht

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wer politische Initiativen im Gesundheitheitswesen „begrüßt“, macht in der Fachwelt keinen stutzig. Es gibt Konventionen. Der politisch Geschulte weiß, was sich gehört. Man achtet auf die feinen Untertöne und die daraus folgenden Einschränkungen.

Dass die ersten Bewertungen des von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr vorgestellten Arbeitsentwurfs für das Versorgungsgesetz augenscheinlich anders ausgefallen sind, lässt die Fachwelt hingegen aufmerken. Die positive Aufnahme einer geplanten Reform durch Zahnärztewie Ärzteschaft ist alles andere als politischer Alltag. Man soll den politischen Tag nicht vor dem Abend loben. Aber was jetzt aus dem BMG kommt, ist aller Achtung und Beachtung wert.

Überraschend kommt das, was Bahr und sein Vorgänger Philipp Rösler mit ihrer Entscheidung, die Abrechnung vertragszahnärztlicher Versorgung endlich wieder am tatsächlichen Behandlungsbedarf auszurichten, als wirkliche Strukturreform angehen wollen, für die Zahnärzteschaft allerdings nicht.

Dass das Morbiditätsrisiko nach Jahren politischer Irrungen und Wirrungen endlich wieder bei den gesetzlichen Krankenversicherungen liegt, ist vielmehr das Ergebnis langer, mit viel Kraft und Geduld geführter, immer wieder angestrengter gemeinsamer Überzegungsarbeit einzelner KZVen und der KZBV.

Von daher ist dieser Teil des über 150 Seiten starken Entwurfs, dessen Detailbewertung noch aussteht und der seinen Weg durch die Instanzen noch gehen muss, der Erfolg einer nunmehr langjährigen politischen Überzeugungsarbeit der KZBV.

Unsere Forderung, die Budgetierung im vertragszahnärztlichen System endlich abzuschaffen, war ein strategisch langfristig angelegter Teil unserer Arbeit. Beschlüsse der Vertreterversammlung und ein durchkomponiertes Stufenmodell haben dazu beigetragen, in den politischen Gremien gehört und ernst genommen zu werden.

Der von uns vorgeschlagene Weg, den das Ministerium in diesem Bereich jetzt mitgehen will, stützt sich auf Expertisen unserer Rechtsabteilungen. Die Modelle fußen auf den Daten unserer Statistik, die Argumente sind das Ergebnis vieler Gespräche mit dem Gesetzgeber.

Dass solche Wege nicht immer gradlinig verlaufen können, dass öffentlichkeitswirksame Puffertage wie die der KZV Bayerns und die darauf aufbauenden, von unserer Öffentlichkeitsarbeit getragenen gemeinsamen Proteste auf ersten Blick im politischen Lager nicht nur Freunde geschaffen haben, hat unserer Glaubwürdigkeit in der Sache keinen Abbruch getan. Es hat vielmehr gezeigt, wie ernst wir es meinen. Auch das dürfte mit dazu beigetragen haben, unseren Vorschlägen die richtige Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Fortschreibung der Mittel durch strikte Orientierung an der Grundlohnsumme wird somit hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. Ein Lichtblick, der für andere Fragen struktureller Reformpolitik hoffen lässt. Und es ist keineswegs ein spezifisch zahnärztlicher Vorteil, wenn künftig ganz offiziell Zahl und Struktur der Versicherten und deren Morbiditätsentwicklung den Versorgungsbedarf bestimmen. Im Gegenteil: Es ist der ehrliche Ansatz, der für Patienten, Politik und Gesellschaft den Weg in eine friktionsfreiere zahnmedizinische Versorgung erlaubt.

Erfolge werden von Deutschlands Zahnärzten mit gesellschaftlicher Verantwortung getragen. Das haben wir in den zurückliegenden Jahren bewiesen. Nicht nur durch konsequente Prävention und – damit – eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Bevölkerung, sondern auch durch die allseits anerkannte Umsetzung des Festzuschussmodells in der Prothetik. Auch das war sicherlich ein vertrauensfördernder Moment, mit uns Zahnärzten gemeinsam Lösungswege zu gehen und strukturelle Reformen im Gesundheitswesen zu wagen.

Das BMG hat mit seinem Arbeitsentwurf für ein Versorgungsgesetz gezeigt, dass es mehr kann als nur Kostendämpfung. Solche Reformen machen Mut für die Zukunft.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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