Interdisziplinäres Laserforschungsprojekt

Tausche Bohrer gegen Lichtenergie

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Beim Projekt MiLaDi (Minimal-invasive Laserablation und Diagnose von oralem Hartgewebe), das derzeit an der Universität Bonn läuft, handelt es sich um einen Forschungsverbund mit einem Gesamtetat von zurzeit 6,8 Millionen Euro, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BmBF) gefördert wird. Partner sind neben der Universität Bonn ein mittelständiger Laser-Hersteller sowie ein großer Dentalkonzern. Ziel ist, auf Basis der Ultrakurzpulslaser-Technologie neue Lasertherapiesysteme mit breitem Anwendungspektrum zu entwickeln.

Unter dem Leitgedanken einer präventionsorientierten Zahnmedizin bieten (Laser-) Licht-basierte Diagnose- und Therapieverfahren zukunftsweisende Möglichkeiten. Ein Beispiel hierfür ist die frühzeitige Erkennung von versteckten Kariesherden durch Lichtinduzierte Fluoreszenzeffekte, die klinisch oder im Röntgenbild kaum zu erfassen sind. Bakteriell kontaminierte Zahnfleischtaschen können mit einer Kombination aus Photosensitizern und Licht desinfiziert werden. Laserlicht kann auch anstelle eines Skalpells für eine blutarme Schnittführung und zum Abtragen von benignen Schleimhautveränderungen eingesetzt werden. Diese kurze Auflistung zeigt nur eine kleine Auswahl der vielfältigen neuen Möglichkeiten und Entwicklungen zur Diagnostik und Behandlung von Zahn- und Munderkrankungen durch Laser-basierte Technologien.

Seit 20 Jahren begleitet die AG „Laser in der Zahnmedizin“ am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Bonn unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. dent. M. Frentzen diese Forschung und ist an einer Reihe von nationalen und internationalen Entwicklungsprojekten beteiligt. Hierzu zählt das Verbundprojekt MiLaDi zur Erforschung der sogenannten Ultrakurzpulslaser-Technologie. Dieses Projekt ist ein vom BMBF geförderter Forschungsverbund der Arbeitsgruppe „Laser in der Zahnmedizin“ in Bonn mit zwei Industrieunternehmen, zum einen Sirona Dental Systems GmbH, zum anderen die Firma Lumera Laser GmbH, ein mittelständisches Unternehmen, das seit vielen Jahren über Erfahrung mit Ultrakurzpulslasern in der Wissenschaft und in der industriellen Materialbearbeitung verfügt. Ziel von MiLaDi ist die oralbiologische und medizinische Erforschung und Erprobung eines Laserdiagnoseund -therapiesystems für die Zahnheilkunde, das auf einer Pikosekunden-Laserquelle beruht.

In den letzten Jahren wurden ultrakurz gepulste Laser in die zahnmedizinische Grundlagenforschung eingeführt. Diese Technologie bietet die Perspektive, orale Hart- und Weichgewebe mit minimaler Schädigung effizient zu bearbeiten. Die hochpräzise Abtragung biologischer Gewebe soll unter anderem auch mit einer geringen Schmerzbelastung verbunden sein.

Erste Erfahrungen bezüglich dieser Technologie wurden in den 90er-Jahren mit Nanosekunden-gepulsten Excimerlasern erworben, die im ultravioletten Bereich strahlen. Die neu entwickelte Ultrakurzpulslaser-Technologie basiert auf Lasersystemen mit einer Wellenlänge im Bereich von 1 μm (Nd:YAG-Lasern) mit Pulsdauern von Pikosekunden bis Femtosekunden. Die Gewebeablation beruht bei diesen Lasertypen nicht auf dem physikalischen Prinzip der Absorption, sondern auf nicht-linearen optischen Effekten, mit denen die Erzeugung eines Plasmas einhergeht.

Das Kurzpuls-Lasertherapiesystem soll später dem Anwender ermöglichen:

•  minimal-invasiv Zahnhartsubstanz (Schmelz, Dentin) sowie Karies und mineralisierte Auflagerungen (Zahnstein beziehungsweise Konkremente) schmerzarm abzutragen, einschließlich einer objektiven Analyse des entfernten Materials,

•  eine das umgebende Gewebe schonende Bearbeitung von Knochen, zum Beispiel im Rahmen knochenchirurgischer Maßnahmen, sowie in der Implantologie durchzuführen,

•  chirurgische Maßnahmen an gesunden und erkrankten oralen Weichgeweben, einschließlich der Analyse des abzutragenden Materials, vorzunehmen und

•  ein Biofilmmanagement der oralen Plaqueassoziierten Erkrankungen in den Bereichen Kariologie, Endodontie und Parodontologie vorzunehmen.

Im Rahmen der laufenden Forschungsarbeiten werden zunächst grundlegende Untersuchungen zur Wirkung der Ultrakurzpulsstrahlung auf biologische Gewebe und Restaurationsmaterialien untersucht. Hierzu zählen Studien zur Bearbeitung von Zahnhartgeweben, Knochen und oralen Weichgeweben sowie von Restaurationsmaterialien. Darüber hinaus werden Detektionsverfahren basierend auf Fluoreszenzund Plasma-Spektroskopie-Technologien erprobt (Abbildung 1).

Um die klinische Relevanz der Bearbeitung von Zahnhartgeweben überprüfen zu können, wurde die Bearbeitungsgeschwindigkeit bei Schmelz und Dentin überprüft. Das Abtragsvolumen für Dentin liegt ohne Luftbeziehungsweise Sprayfüllung in einer Größenordnung von circa 10 mm3/min. Die Effizienz scheint durch Optimierung insbesondere der Scan-Parameter noch erheblich zu verbessern zu sein. Kariöses Dentin wird rund viermal schneller abgetragen als gesundes Dentin.

Die Kavitäten zeigen histologisch keine Hinweise auf thermische Schädigungen sowie eine glatte und äußerst kantenscharfe Kontur; es scheint sich kein Smearlayer zu bilden (Abbildung 2). Somit ist eine gezielte Kavitätenpräparation mit Lasern erstmals möglich.

Um eine ausreichende Breite des Therapiespektrums mit der Ultrakurzpulslaser-Technologie gewährleisten zu können, wurde untersucht, inwieweit auch Restaurationsmaterialien mit dieser Technologie bearbeitet werden können. Klinisch relevante Abtragsraten bei den gängigen bisher untersuchten Werkstoffen lassen die Möglichkeit einer effektiven Laser-gestützten Bearbeitung von Restaurationsmaterialien erkennen (Abbildung 3).

Grundlage für die Anwendung der Ultrakurzpulslaser-Technologie bei chirurgischen Fragestellungen ist eine effiziente und schonende Abtragung von oralem Weichund Knochengewebe. Ohne Spray- oder Luftkühlung kann Knochen – wie histologische Studien zeigen – ohne nachweisbare Nebeneffekte bearbeitet werden (Abbildung 4). Die klinische Effizienz ist nach den bisher vorliegenden Ergebnissen vergleichbar mit klassischen Methoden.

Die systematische Untersuchung relevanter Laserparameter sowie die Entwicklung geeigneter Strahlübertragungssysteme einschließlich adäquater Detektionssysteme stehen im Mittelpunkt der augenblicklichen Forschung im Rahmen des Verbundprojekts. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend und eröffnen die Möglichkeit einer patientenbezogenen Weiterentwicklung.

AG Laser in der ZahnheilkundeZentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheil kunde der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität BonnWelschnonnenstr. 1753111 Bonnfrentzen@uni-bonn.de

www.miladi.uni-bonn.de

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