Prophylaxe

Amoxicillin und Zahnentwicklung

Heftarchiv Zahnmedizin
Amoxicillin wirkt während der Odontogenese als exogene Noxe und verursacht Hypomineralisation bei sich entwickelnden Molaren und Schneidezähnen.

Ein sich entwickelnder Zahn ist anfällig für schädliche Einflüsse umweltbedingter Ursache. Da Zahnhartsubstanzen nur bedingt regenerationsfähig sind, ist eine Fehlentwicklung besonders problematisch. Fehlentwicklungen der Zähne können nicht nur deren Anzahl betreffen, sondern auch die Struktur und Qualität von Dentin und Schmelz.  

Das Ziel dieser Studie war es herauszufinden, ob die Einnahme unterschiedlicher Antibiotika im Kindesalter (zum Beispiel Amoxicillin, Penicillin V, Cephalosporine, Makrolide und Sulfonamide) zu einem signifikant höheren Auftreten von Hypomineralisationen im Bereich der Frontzähne und Molaren führt.  

In der südfinnischen Stadt Lammi wurden insgesamt 141 Kinder (65 Mädchen und 76 Jungen) im Alter zwischen sieben und 13 Jahren zahnärztlich untersucht und ihre Krankenakten des örtlichen Kinderkrankenhauses auf die Einnahme von Antibiotika ab der Geburt bis hin zum vierten Lebensjahr überprüft. Zeitgleich wurden bei Mäuseembryonen Zahnkeime der Unterkiefermolarenregion entnommen und unter Laborbedingungen in unterschiedlich stark konzentrierten Amoxicillinlösungen weitergezüchtet. Die klinische Untersuchung der 141 Kinder und die statistische Analyse ihrer Krankenakten ergaben, dass insgesamt 529-mal ein Antibiotikum verschrieben wurde. Nur 15 Prozent der Kinder mussten in den ersten vier Lebensjahren  

Lebensjahren kein Antibiotikum einnehmen, wohingegen 34,8 Prozent der Kinder während des ersten Lebensjahres entweder Penicillin, Amoxicillin oder sogar beides einnahmen. Hypomineralisationen bei Frontzähnen und Molaren wurden insgesamt bei 23 Kindern festgestellt, was 16,3 Prozent entspricht. 12 (52,2 Prozent) der 23 Kinder mit den beschriebenen Hypomineralisationen nahmen die Antibiotika im ersten Lebensjahr ein; dem gegenüber waren 40 von 118 Kindern gesund, die ebenfalls im ersten Lebensjahr ein Antibiotikum eingenommen hatten.

Eine signifikant höhere Anzahl von Hypomineralisationen zeigte sich bei Kindern, welche Amoxicillin, Penicillin V und auch Erythromycin in ihrem ersten Lebensjahr eingenommen hatten. Ein Zusammenhang zwischen der Einnahme von Cephalosporinen oder Sulfonamiden unabhängig vom Alter des Kindes und dem Auftreten von Molar-Incisor-Hypomineralisation konnte nicht festgestellt werden.

Die Auswertung der Laborstudie zeigte starke Unterschiede bei der Entwicklung des Zahnschmelzes in Abhängigkeit von der verwendeten Amoxicillinkonzentration. Je höher diese war, desto schneller entwickelte sich der Schmelz in den Zahnkeimen; die Schmelzdicke nahm allerdings mit zunehmender Konzentration ab. So konnten die größten Schmelzdicken in der Kontrollgruppe nachgewiesen werden, welche in physiologischer Kochsalzlösung gelagert wurde, die geringsten Schmelzdicken zeigten sich an den Zahnkeimen, welche in der am höchsten konzentrierten Amoxicillinlösung lagen. Unterschiede in der Entwicklung des Dentins konnten nicht bestätigt werden.

Die Hypomineralisation von Frontzähnen und Molaren ist eine sehr unangenehme Erkrankung für das betroffene Kind. Die Zähne sind hypersensibel, benötigen besondere Pflege und Aufmerksamkeit; sofern die Schneidezähne betroffen sind, kommt es auch oft zu ästhetischen Beeinträchtigungen. Die vorgelegte Studie zeigt, dass die Einnahme von Amoxicillin und Erythromycin mit einem signifikant höheren Auftreten von Schmelzhypomineralisation bei sich entwickelnden Zähnen einherzugehen scheint. Beim Einsatz dieser Antibiotika, besonders im ersten Lebensjahr, sollten Nutzen und Nachteil sorgsam abgewogen werden.

Quelle: Laisi S, Ess A, Sahlberg C, Arvio P, Lukinmaa P-L, Alaluusua S. Amoxicillin may cause molar incisor hypomineralization. J Dent Res 2009;88:132-136.

ZA Nicolas WackerbeckCharité, Universitätsmedizin BerlinCharité Centrum 3 für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeAbt. für Zahnerhaltungskundeund ParodontologieAßmannshauser Str. 4-614197 Berlin nicolas.wackerbeck@charite.de

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