Repetitorum

Asthma bronchiale

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Das Asthma bronchiale ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen in der westlichen Welt. Es tritt bei Kindern wie auch Erwachsenen auf und ist in aller Regel gut behandelbar. Dennoch kommt es immer wieder zu Todesfällen bei Patienten im Status asthmaticus.

Rund zehn Prozent der Kinder und etwa fünf Prozent der Erwachsenen hierzulande leiden an einem Asthma bronchiale, also einer chronisch entzündlichen Erkrankung der Atemwege, die durch eine dauerhafte bronchiale Hyperreagibilität und eine variable Atemwegsobstruktion gekennzeichnet ist. Es kommt bei der Erkrankung zu einer anfallsweise auftretenden Atemnot infolge einer Bronchial- obstruktion, die allergisch, aber auch nicht-allergisch bedingt sein kann.

Die Erkrankung beginnt meist schon im Kindesalter, kann allerdings auch im Erwachsenenalter erst manifest werden, wobei allgemein mehr Frauen als Männer betroffen sind. Im Kindesalter stellt das Asthma die häufigste chronische Erkrankung dar. Prinzipiell kann ein Asthma aber in praktisch jedem Lebensalter neu auftreten. Allerdings wird die Erkrankung bei älteren Menschen oftmals nicht korrekt diagnostiziert.

Das Asthma kann ohne adäquate Behandlung in einen Status asthmaticus münden und potenziell letal verlaufen. Allerdings hat die Asthma-Mortalität in allen Altersgruppen in den vergangenen Jahren stetig abgenommen, was insbesondere der verbesserten und konsequenteren Behandlung zugeschrieben wird.

Klinik als Basis der Diagnostik

Entsprechend der Nationalen Versorgungsleitlinie Asthma ist für die Diagnosestellung primär die Klinik entscheidend. Anamnestisch sind die Symptome genau zu hinterfragen, da das Asthma insbesondere bei Erwachsenen oft nicht einfach gegen eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung (COPD) abzugrenzen ist. Liegt eine Atemnot vor? Als leicht beklemmendes Gefühl oder als schwere Luftnot? Für ein Asthma spricht dabei vor allem eine nachts anfallsartig auftretende Atemnot ebenso wie ein Gefühl der Brustenge, gepaart mit Husten mit und auch ohne Auswurf. Häufig sind zugleich pfeifende Atemgeräusche, das sogenannte Giemen, zu hören, wobei allerdings die Intensität der Symptome variabel sein kann.

Die Beschwerden werden beim Asthma in aller Regel durch spezielle Triggerfaktoren ausgelöst. Das können Allergene sein, aber auch thermische und/oder chemische Reize wie Rauch und Staub. Auffällig ist es, wenn die Beschwerden regelhaft an bestimmten Aufenthaltsorten oder bei bestimmten Tätigkeiten auftreten oder zum Beispiel nach körperlicher Belastung, nach Atemwegsinfektionen oder im Zusammenhang mit psychosozialen Belastungen.

Bei der klinischen Untersuchung geht es darum, objektiv fassbare Befunde zu erheben. Das können zum Beispiel Nebengeräusche bei der Atmung sein. Wichtig ist außerdem die Verifizierung der Atemwegsobstruktion durch Messen der Lungenfunktion im Rahmen der Spirometrie, deren Ergebnis von der Mitarbeit des Patienten abhängig ist oder mittels einer Bodyplethysmographie, die weitgehend unabhängig vom Patienten und seiner Mitarbeit ist.

Ist eine Atemwegsobstruktion bekannt, so kann über eine Inhalation von Bronchodilatatoren wie den Betamimetika geprüft werden, ob diese reversibel ist. Ist die Lungenfunktion normal, kann bei Erwachsenen mit asthmatypischer Symptomatik die Diagnose außerdem mittels eines Provokationstests mit bronchokonstriktorischen Stimuli (Metacholintest) verifiziert werden.

Differenzialdiagnostisch ist vor allem bei Kindern an eine akute Infektion der Atemwege zu denken und an die Aspiration eines Fremdkörpers und bei Erwachsenen auch an eine COPD.

Pathogenese

Zu unterscheiden sind grundsätzlich zwei Krankheitsformen, das allergische Asthma, auch extrinsisches oder exogenes Asthma genannt, sowie das nicht-allergische, das intrinsische oder endogene Asthma. Selten liegen diese beiden Formen allerdings isoliert vor. Vielmehr ist bei den meisten Betroffenen eine Art Mischform gegeben. Bei Kindern überwiegt in aller Regel die allergische Komponente und bei Erwachsenen eher das nicht-allergische Asthma.

Infolge der Allergene oder auch anderer Reize kommt es bei den Betroffenen aufgrund der bronchialen Überempfindlichkeit zu einer Entzündungsreaktion mit vermehrter Ausschüttung von Entzündungsmediatoren, die ihrerseits die Hyperreagibilität unterhalten.

Allergisches Asthma

Das allergische Asthma entsteht auf dem Boden einer genetisch bedingten Atopie in direkter Interaktion mit Allergenen, die zur Bronchokonstriktion führen. Häufige Allergene, auf die Asthmatiker reagieren, sind Pollen, Hausstaubmilben, Pilze oder Tierhaare. Die Erkrankung tritt daher häufig assoziiert oder im Gefolge einer allergischen Rhino-Konjunktivitis auf, ein Phänomen, das auch als Etagenwechsel bezeichnet wird. So entwickelt zum Beispiel rund jeder dritte Heuschnupfen-Patient im weiteren Verlauf seines Lebens ein allergisches Asthma bronchiale. Die Beschwerden können dabei saisonal abhängig auftreten. In solchen Fällen spricht man von einem „saisonalen Asthma bronchiale“

Nicht-allergisches Asthma

Bei einer Reihe von Asthma-Patienten lässt sich aber keine allergische Komponente dingfest machen. Man geht dann von einem nicht-allergischen Asthma aus. Es führen hierbei andere Reize bei bestehender Hyperreagibilität zur Bronchokonstriktion. Dabei kann es sich zum Beispiel um Reaktionen auf Medikamente wie Acetylsalicylsäure handeln, auf Zigarettenrauch oder beispielsweise auf Dämpfe von Lösungsmitteln.

Schweregrad des Asthmas

Das Asthma bronchiale wird allgemein in verschiedene Schweregrade unterteilt. Es wird entsprechend der Leitlinie der Deutschen Atemwegs- und Asthmagesellschaft als intermittierend (Schweregrad I) eingestuft, wenn die Beschwerden seltener als einmal pro Woche auftreten, nur wenige Stunden anhalten und die Patienten in der Zeit zwischen den Exazerbationen eine normale Lungenfunktion aufweisen und keine Beschwerden haben. Auch das nur gelegentlich auftretende Anstrengungsasthma und ein allergisches Asthma bei nur gelegentlichem Allergenkontakt werden als intermittierend klassifiziert.

Von einem Schweregrad II, der definiert ist als „geringgradiges, persistierendes Asthma“, ist auszugehen, wenn Beschwerden so häufig sind, dass eine Langzeitbehandlung notwendig wird. Davon ist auszugehen, wenn es mindestens einmal pro Woche, aber doch seltener als einmal täglich zu Symptomen kommt. Auch wenn der Nachtschlaf gestört ist und der Betreffende in seinen Alltagsaktivitäten durch die Erkrankung eingeschränkt wird oder wenn ein chronischer Husten gegeben ist, ist eine dauerhafte Behandlung indiziert.

Klagt ein Patient über tägliche Beschwerden und ist die Lungenfunktion quasi dauerhaft eingeschränkt, so liegt Schweregrad III und damit ein mittelgradiges persistierendes Asthma vor. Das ist auch der Fall, wenn der Betreffende mehr als einmal pro Woche während der Nacht Atemnot und weitere Symptome entwickelt. Patienten mit einem Asthma vom Schweregrad IV weisen demgegenüber dauerhaft Symptome auf und das mit hoher Intensität und Variabilität. Sie haben häufig nachts Probleme, sind in ihren Alltagsaktivitäten spürbar eingeschränkt und entwickeln trotz antiasthmatischer Behandlung schwere Exazerbationen.

Kontrolliertes oder unkontrolliertes Asthma

Anders als früher dienen die Schweregrade des Asthmas nur noch der Klassifikation, sind aber nicht mehr Grundlage der Therapieentscheidungen. Hierbei geht es entsprechend der neuen Nationalen Versorgungs-Leitlinie Asthma bei der Krankheitsbeurteilung vor allem um die Frage, ob die Symptomatik kontrolliert ist oder nicht. Konkret muss differenziert werden, ob ein kontrolliertes, ein teilweise kontrolliertes oder ein unkontrolliertes Asthma vorliegt.

Von einem kontrollierten Asthma ist demnach auszugehen, wenn tagsüber keine oder nur sehr selten Symptome auftreten. Kommt es häufiger als zweimal pro Woche zu Beschwerden, so liegt ein teilweise kontrolliertes Asthma vor. Voraussetzung für ein kontrolliertes Asthma ist ferner, dass es zu keinen Einschränkungen der Alltagsaktivitäten kommt, dass keine nächtlichen Symptome auftreten, keine Bedarfsmedikation und keine Notfallbehandlung notwendig werden. Außerdem muss die Lungenfunktion normal sein und es dürfen keine Exazerbationen auftreten. Hierzu gehören vor allem Asthma-Anfälle, die plötzlich oder sich allmählich entwickelnd auftreten können. Sind die vorgenannten Kriterien nicht erfüllt, so liegt ein teilweise kontrolliertes Asthma vor oder sogar ein unkontrolliertes Asthma, wenn drei oder mehr der Parameter nicht gegeben sind.

Behandlung des Asthma bronchiale

Das Therapieziel beim Asthma, das nicht grundsätzlich geheilt werden kann, besteht darin, eine solche Situation, also ein kontrolliertes Asthma, zu realisieren. Dazu gehört folglich, dass das Auftreten akuter wie auch chronischer Krankheitserscheinungen sowie krankheitsbedingter Beeinträchtigungen zum Beispiel bei der kindlichen Entwicklung, aber auch allgemein im psychischen Bereich und bei den Alltagsaktivitäten verhindert werden. Vielmehr soll die Normalisierung der Lungenfunktion und eine Reduktion der bronchialen Hyperreagibilität angestrebt werden und eine Verbesserung der Lebensqualität des Asthmatikers.

Um zu überprüfen, ob eine Therapieanpassung erforderlich ist oder nicht, müssen entsprechend der Nationalen Versorgungs- Leitlinie die vorgenannten Kriterien in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

Die Behandlung besteht dabei aus nichtmedikamentösen Maßnahmen sowie einer Pharmakotherapie. Zu den nicht-medikamentösen Maßnahmen, mit denen sich das Krankheitsbild günstig beeinflussen lässt, gehört ein regelmäßiges körperliches Training, eine Gewichtsreduktion bei Übergewicht und selbstverständlich die Nikotinkarenz. Beim allergischen Asthma muss außerdem versucht werden, die Allergen- Exposition zu minimieren. Gegebenenfalls ist außerdem beim Pollenasthma eine spezifische Immuntherapie ratsam.

Wichtig ist ferner eine gute Patientenschulung zum Umgang mit der Erkrankung, die auch das Erlernen der Atemphysiologie sowie spezieller Techniken zur Reduktion von Hustenreiz und Atemnot umfassen sollte. Ist eine inhalative Pharmakotherapie indiziert, so sollte im Rahmen der Patientenschulung eingehend auch auf die richtige Inhalationstechnik eingegangen und diese eingeübt werden.

Pharmakotherapie analog zum Kontrollgrad

Die medikamentöse Therapie basiert auf zwei Säulen und zwar der antiinflammatorischen Behandlung sowie der Bronchodilatation und erfolgt in aller Regel inhalativ. Es werden dabei sogenannte „Controller“ und „Reliever“ unterschieden. Bei den „Controllern“ handelt es sich um Wirkstoffe, die als Dauermedikation eingenommen werden und der Langzeitkontrolle des Krankheitsbildes dienen. Unter „Relievern“ werden hingegen Wirkstoffe verstanden, die als Bedarfsmedikation gegeben werden. Generell wird durch die Medikation eine optimale Symptomkontrolle angestrebt, bei gleichzeitig möglichst geringer Medikamenteneinnahme.

Ist eine Langzeitbehandlung indiziert, so gehören sowohl Kortikoide zur Entzündungshemmung wie auch allgemein kurz- und langwirksame Bronchodilatatoren zum Therapieregime. Die Behandlung erfolgt nach den Vorgaben der Nationalen Versorgungsleitlinie in fünf Stufen, die allerdings nicht dem Schweregrad, sondern lediglich dem Kontrollgrad der Erkrankung zuzuordnen sind.

Erwachsene erhalten zunächst eine Bedarfsmedikation, die in der Stufe eins aus einem rasch wirksamen Bronchodilatator besteht. In der zweiten Stufe wird zusätzlich ein inhalatives Steroid in niedriger Dosierung verordnet. Als Alternative gilt in begründeten Fällen der Leukotrienantagonist Montelukast. Ab der Stufe drei wird generell ein niedrig dosiertes Steroid mit einem langwirksamen Betamimetikum als Bronchodilatator kombiniert. Die Wirkstoffe können frei miteinander kombiniert werden. Günstiger aber ist aktuellen Daten zufolge eine Fixkombination, da diese eine bessere Compliance und damit auch die Chancen auf einen besseren Therapieerfolg steigert. Alternativ kann in begründeten Fällen das Steroid auch mittel bis hoch dosiert werden oder auch Montelukast eingesetzt werden. In der Stufe vier ist generell das Steroid im mittleren bis hohen Dosisbereich zu verordnen und in Stufe fünf zusätzlich auch als orale Medikation.

Nach den Leitlinien der Deutschen Atemwegs- und Asthmaliga kann die Behandlung nach zwei Strategien erfolgen: Sie ist zum einem möglich nach dem Step-down-Prinzip. Dabei wird initial mit einer höheren Dosierung als entsprechend dem Schwergrad notwendig begonnen und die Behandlungsintensität peu à peu zurückgefahren. Das Step-up-Prinzip funktioniert umgekehrt, die Behandlungsintensität wird schrittweise erhöht, bis eine Asthmakontrolle erreicht ist.

Der Therapiealgorithmus der Nationalen Versorgungsleitlinie sieht zudem vor, dass im Falle eines seit mindestens drei Monaten kontrollierten Asthmas eine Therapiereduktion erwogen werden kann.

Bei nur teilweise kontrolliertem Asthma ist dagegen zu prüfen, ob der Patient die verordneten Medikamente tatsächlich zuverlässig und richtig inhaliert hat. Ist das der Fall, so ist eine Therapieintensivierung indiziert. Dies gilt strenger noch bei einem unkontrollierten Asthma.

Generell sollte, so sehen es die Leitlinien vor, jeder Asthmatiker einen schriftlichen Therapieplan erhalten, in dem die regelmäßig einzunehmenden Medikamente inklusive der verordneten Dosierung notiert sind und in dem auch ein Notfallplan für den Fall einer Exazerbation vorgeschlagen wird.

Vorgehen beim Asthma-Anfall

Kommt es zu einem leichten bis mittelschweren Asthma-Anfall, so sollten initial zwei bis vier Hübe eines rasch wirksamen Betamimetikums inhaliert werden. Indiziert sind ferner 25 bis 50 mg Prednisolonäquivalent oral oder intravenös. Bei der Atmung sollte die in der Schulung erlernte „Lippenbremse“ genutzt werden und es ist auf eine atemerleichternde Lagerung des Patienten zu achten.

Von einem schweren Asthma-Anfall ist auszugehen, wenn der Patient bereits beim Sprechen in Atemnot gerät, die Atemfrequenz auf mehr als 25 Atemzüge pro Minute und die Herzfrequenz auf mehr als 110 Schläge pro Minute ansteigt. Dann sind laut Leitlinie zwei bis vier Hübe des Anticholinergikums Ipratropium indiziert sowie 50 bis 100 mg Prednisolonäquivalent oral oder intravenös und es sollte ein Betamimetikum parenteral gegeben werden. Wenn möglich, ist eine Sauerstoffbehandlung per Nasensonde einzuleiten. Unabhängig davon sollte auf jeden Fall der Notarzt gerufen werden und umgehend die Einweisung in ein Krankenhaus erfolgen: in ärztlicher Begleitung und Intubationsbereitschaft.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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