Der besondere Fall

Haftcreme und Sekundenkleber

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Heftarchiv Zahnmedizin
Ein gutes Verhältnis zu seinem Zahnarzt zu haben, ist noch immer keine Selbstverständlichkeit. Patienten stellen sich oft Jahrzehnte nicht bei ihrem Zahnarzt vor und, sollte an ihrem Zahnersatz einmal etwas defekt sein, werden sie durchaus erfinderisch. Wie diese Patientin, die sich nach 15 Jahren bei Dr. Siegmund auf den Stuhl setzte und ihren Behandler doch mächtig verblüffte.

In der Praxis stellte sich eine 46-jährige Patientin vor. Sie war bei der Onlinesuche „Behandlung unter Vollnarkose“ auf die Gemeinschaftspraxis gestoßen und gab an, seit rund 15 Jahren nicht beim Zahnarzt gewesen zu sein. Bei der Erstvorstellung ließ sie sich nicht untersuchen, sondern hielt mit den eigenen Fingern nur leicht die Unterlippe ab. Zum Vorschein kam lediglich ein bräunlich-weißer Klumpen (Abbildung 1). Das Team konnte sie schließlich zu einem OPG (Abbildung 2) überreden. Es stellte sich heraus, dass die Frau die gelockerten Unterkieferzähne seit Jahren selber mit Sekundenkleber fixiert hatte. Im Oberkiefer trug sie eine ebenfalls rund 15 Jahre alte Totalprothese, welche – wie sich später zeigte – mit viel Haftcreme fixiert war ( Abbildungen 3, 4 und 5).

Die Patientin wurde nun umfangreich aufgeklärt, auch, dass sie entgegen ihrer Erwartung nicht am Tag der Operation mit einer voll funktionsfähigen Totalprothese nach Hause gehen könne.

Bei der Operation wurde zunächst versucht, bei der relaxierten und narkotisierten Patientin ein Registrat anzufertigen.

Dann wurde die OK-Totalprothese dubliert. Der „foetor ex ore“ war extrem. Nachdem diverse Brocken Sekundenkleber entfernt wurden, konnten die nicht erhaltungswürdigen UK-Frontzähne und eine Seitenzahnbrücke problemlos gezogen werden (Abbildungen 6 und 7).

In Regio 46 wurde das Granulationsgewebe aus der Alveole entfernt und die gesamte Wunde mit Vicryl 4.0 vernäht.

Von der Gesamtsituation wurde ein Abdruck genommen und im Labor eine Immediatprothese hergestellt, die der Patientin am Abend eingesetzt wurde. Im Gegensatz zum ersten Termin war sie nun relativ kooperativ. Als jedoch die Prothese nicht sofort passte, war die Patientin wieder sehr enttäuscht.

Mit dem neuen Registrat wurde die Prothese remontiert und die eingeschliffene Prothese konnte der Patientin mitgegeben werden. Ob und wie sich die Patientin auf eine Weiterbehandlung einlässt, bleibt abzuwarten.

Dr. Mathias Siegmund M.Sc.ZA Julian HieronymusObermünsterstr. 1193047 Regensburginfo@zahnaerzte-in-regensburg.de

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