Gesundheitspolitischer Gesprächskreis in Straßburg

Versorgung zwischen Mobilität und Qualität

Heftarchiv Gesellschaft
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Vertreter des geschäftsführenden BZÄK-Vorstands und des Arbeitskreises Europa der BZÄK kamen Mitte Februar mit deutschen EU-Abgeordneten zu einem Parlamentarischen Gesprächskreis in Straßburg zusammen. Im Zentrum standen Diskussionen zur Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Bereits zum zweiten Mal nutzte die BZÄK die Abendveranstaltung, um in offener Atmosphäre mit ausgewählten Parlamentariern aktuelle binnen- und gesundheitspolitische Fragestellungen der Europäischen Union zu diskutieren und dabei für die Anliegen der deutschen Zahnärzteschaft zu werben. BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel begrüßte unter anderen den Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Rainer Wieland (CDU), den Vorsitzenden des Ausschusses für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), Jo Leinen (SPD), die binnenmarktpolitische Sprecherin der sozialdemokratischen Fraktion und Berichterstatterin der Dienstleistungsrichtlinie, Evelyne Gebhardt (SPD), die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Dr. Angelika Niebler (CSU), die auch Sonderbeauftragte für Freiberuflichkeit der CSUEuropagruppe ist, sowie Kurt Lechner (CDU), Mitglied des Binnenmarktausschusses und der Lenkungsgruppe Berufsqualifikationen des Europäischen Parlaments.

Sondergast war der amtierende Präsident des Europäischen Dachverbandes der Zahnärzte, des Council of European Dentists (CED), Dr. Wolfgang Doneus aus Österreich.

Widersprüche

Die Teilnehmer stimmten der Analyse von Dr. Engel zu, dass sich in den vergangenen Jahren in der Europäischen Union zwei grundlegende Entwicklungen herauskristallisiert hätten, die bei Weitem nicht frei von Widersprüchen seien: So stünden angesichts des demographischen Wandels alle EU-Mitgliedstaaten vor der drängenden Frage, wie auch in Zukunft im Gesundheitsbereich Gesundheitsbereich eine umfassende und flächendeckende Versorgung mit ausreichend Fachpersonal sichergestellt werden könne. Gleichzeitig werde innerhalb der Europäischen Institutionen intensiv diskutiert, wie im Interesse des Patientenschutzes und der Patientenmobilität europaweit eine Gesundheitsversorgung auf hohem Qualitätsniveau garantiert werden könne.

Berufsqualifikationen

Aus aktuellem Anlass war neben der jüngst verabschiedeten Richtlinie über grenzüberschreitende Patientenrechte vor allem die bevorstehende Überarbeitung der Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen Gegenstand der Gespräche. Wie kaum ein anderes europäisches Regelwerk betrifft diese Richtlinie aus dem Jah 2005 die Zahnärzteschaft als reglementierten Beruf ganz unmittelbar. Auf der Grundlage gemeinsamer Ausbildungsstandards schafft sie den Rahmen für die automatische Anerkennung von innerhalb der Europäischen Union erworbenen zahnärztlichen Berufsqualifikationen. Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einer umfassenden Evaluierung der Richtlinie. Bereits 2012 will sie dem Europäischen Parlament und den im Rat versammelten Mitgliedstaaten einen Vorschlag für eine Überarbeitung vorlegen. Erklärtes Ziel der Brüsseler Behörde ist eine weitere Vereinfachung der Anerkennungsregeln, um die Mobilität von Berufstätigen zu erhöhen.

Vor diesem Hintergrund mahnte Engel mit Nachdruck, dass sich die Europäische Union bei den Gesundheits- und Heilberufen keine Vereinfachung auf Kosten einer hochwertigen Ausbildung leisten könne. Dies stünde im Gegensatz zum Ziel eines effektiven Patientenschutzes. Der BZÄK-Präsident erteilte bei dieser Gelegenheit auch dem Bologna- Prozess eine klare Absage. Mit einem „bolognakompatiblen“ Masterabschluss sei man als Zahnarzt keinesfalls schon berufsfertig, so Engel.

Positiv werteten die Vertreter der BZÄK daher die deutliche Aussage von Evelyne Gebhardt, dass es im gemeinsamen europäischen Binnenmarkt zwar eine weitgehende Mobilität der Arbeitnehmer geben müsse, diese aber nicht zulasten der Qualität der Leistungen gehen dürfe. Mobilität und Qualität seien demnach kein Widerspruch. Engel hob die Rolle der Freiberuflichkeit hervor, deren Erhalt eine wesentliche Garantie für eine qualitativ hochwertige patientenorientierte Versorgung sei. Ziel der BZÄK sei es daher, auf europäischer Ebene mehr Bewusstsein für die spezifischen Belange der Freien Berufe zu schaffen. Einer Aufgabe, der sich die BZÄK bereits gemeinsam mit dem Council of European Dentists in einer Arbeitsgruppe Freiberuflichkeit angenommen habe.

Folgegespräche

In vielen Einzelgesprächen konnten die Vertreter der BZÄK die aufgeworfenen Fragen mit den Europaabgeordneten vertiefen und die Positionen der Zahnärzteschaft verdeutlichen. Für die Veranstalter erfreulich war, dass sich die Abgeordneten sehr viel Zeit für die Diskussion nahmen. Die BZÄK will auch im kommenden Jahr die Veranstaltung fortsetzen, weil dann die heiße Phase der Beratungen über die Revision der Berufsanerkennungsrichtlinie unmittelbar ansteht. Zudem wurden verschiedene bilaterale Folgegespräche mit den Europaabgeordneten vereinbart.

Dr. Alfred BüttnerLeiter der Abteilung Europa / Internationalesder BZÄKAvenue de la Renaissance 1, B-1000 Brüssel

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