Gastkommentar

Versorgung verbessern

Die zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen und Behinderten muss verbessert werden, viele Probleme müssen hier mit Engagement angegangen und gelöst werden, meint Dr. Andreas Lehr, Fachjournalist im LetV Verlag.

Zurzeit bewegt vor allem das Versorgungsstrukturgesetz die Gemüter der in der Gesundheitspolitik Aktiven, und dabei steht fast ausschließlich die ärztliche Versorgung im Fokus. Die zahnärztliche Versorgung wird kaum thematisiert – völlig zu Unrecht, denn vielerlei Probleme müssen auch hier engagiert angegangen und gelöst werden. Besonders wichtig: Pflegebedürftige, Ähnliches gilt für Behinderte, sind bis heute zahnärztlich nicht hinreichend versorgt. Die zahnärztliche Versorgung ist auf mobile, nicht demente Patienten ausgerichtet, aber auch immobile, demente Patienten brauchen zahnärztliche Kontrolle und Behandlung – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber keineswegs Alltagsrealität in Deutschland. Dieses Manko hat die Zahnärzteschaft schon vor Jahren erkannt und ein entsprechendes Konzept entwickelt. Aber gesetzliche Regelungen fehlen, um die zahnärztliche Versorgung dieser Patientengruppe sicherzustellen. Noch ist nicht sicher, ob die Koalition dies in Angriff nehmen wird. Aber wie könnte eine Lösung aussehen?

Viele Wege führen auch hier nach Rom. Vorstellbar sind Schwerpunktpraxen für Pflegebedürftige und Behinderte, barrierefrei, auf Krankentransporte und Liegendbehandlung eingerichtet und entsprechend ausgestattet. Denkbar ist, dass Pflegeheime entsprechende Ausstattungen vorhalten und Behandlungsverträge mit niedergelassenen Zahnärzten abschließen. Auch zahnärztliche Kliniken könnten in die Versorgung von Pflegebedürftigen und Behinderten eingebunden werden, alles je nach örtlichen Rahmenbedingungen. Auch der Einsatz von mobilen Prophylaxehelferinnen in Pflegeheimen ist kein Alltag. Viele Varianten einer adäquaten Versorgung sind möglich.

Einige Lösungsansätze existieren bereits in der Praxis, noch ist nichts flächendeckend umgesetzt, der Versorgungsmangel nicht behoben. Aber wie zumeist ist der Knackpunkt die Finanzierung. Der in der Regel für die Behandlung von Pflegebedürftigen und Behinderten notwendige Praxisumbau und die zahnmedizinische Ausstattung kosten Geld, auch die mobile Behandlung ist aufwendig und muss finanziert werden. Für die Krankenbehandlung ist die GKV heranzuziehen, das ist heute unstreitig. Aber auch für die zusätzlichen Kosten muss eine Lösung gefunden werden. 

Es sollte auch darüber nachgedacht werden, ob im zahnärztlichen Bereich neue Berufsbilder – wie auf Prophylaxe und Erstkontrolle bei Pflegebedürftigen und Behinderten spezialisierte Assistenten – etabliert werden können, eine Art Zahn AGNES, die angesichts immer weiter ansteigender Zahlen alter Menschen eine sinnvolle Ergänzung wäre. Sie könnte auch die nicht in Heimen lebenden Pflegebedürftigen und Behinderten – noch immer werden die meisten Menschen zu Hause von ihren Angehörigen betreut und gepflegt – in ihren Wohnungen aufsuchen, Prophylaxe und einen Erstcheck durchführen, bei Behandlungsbedarf einen Transport in eine Schwerpunktpraxis oder Klinik initiieren und organisieren.  

Das alles wird vielleicht nicht in einem Aufschlag gesetzlich verankert werden können, aber auch mehrere kleine Schritte führen zum Ziel. Mit dem Versorgungsgesetz könnte zumindest ein Anfang gemacht werden. Das parlamentarische Beratungsverfahren ist noch für entsprechende Änderungsanträge offen – die Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages findet erst im Oktober statt. Der nächste strategische Ansatzpunkt ist die Pflegereform. Ob die Zahnärzteschaft diese für Pflegebedürftige und Behinderte wichtigen Anliegen gemeinsam mit dem Behindertenbeauftragten, Angehörigen und Pflegeverbänden durchsetzen kann, bleibt abzuwarten. Dass Behinderte und Pflegebedürftige nicht ausreichend zahnmedizinisch versorgt werden, ist und bleibt ein Skandal.

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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