Defensivaktien

Gefahren umschiffen

Sicherheitsbewusste Anleger meiden in diesen Zeiten gern die Börse und investieren ihr Kapital in Immobilien, Tagesgeld und Gold. Dabei gibt es auch Aktien, die ein gutes Maß an Sicherheit bieten und gleichzeitig stabile Renditen versprechen. Denn defensive Aktien halten den Aufs und Abs der Kurse besser stand als etwa die konjunkturabhängigen Werte aus der Autobranche.

Das Börsenjahr 2011 trieb Aktienfans in die Verzweiflung und hielt vorsichtige Anleger vom Kauf der Anteilsscheine ab. Erdbeben, Tsunami und Supergau in Japan ließen im März die Kurse purzeln. Im Sommer folgte der Börsencrash. Er schlug die Anleger in die Flucht. Die meisten erlitten herbe Verluste, als der Dax im September erneut bis unter 5 000 Punkte abstürzte. Von derartigen Turbulenzen unbehelligt blieb nur, wer sich von der Börse fernhielt oder sein Glück in venezolanischen, namibischen oder ecuadorianischen Indizes suchte. Viele waren das sicher nicht. Insgesamt hinterlässt das turbulente abgelaufene Börsenjahr wohl wenig gute Erinnerungen. Dennoch halten Experten die Anteilsscheine immer noch für eine gute Alternative zu den übrigen Produkten, die die Geldanlage bietet. Gute Anleihen dümpeln im Zinstief und hochrentierliche Papiere bergen zu viele Risiken. Gold ist schon sehr teuer und die Gefahr eines Preiseinbruchs nicht gebannt.

Aktien bieten sich als interessante Alternative an: Sie bringen Kursgewinne (auch -verluste) und gute Unternehmen zahlen hohe Dividenden.

So wirbt auch das Kölner Finanzhaus Flossbach von Storch für das Wertpapier: „Allein die Dividendenrenditen liegen zwischen zwei bis drei Prozentpunkte über den Zinsen lang laufender Staatspapiere guter Bonität und rechtfertigen schon ein Aktienengagement, sofern die Dividende als stabil erachtet werden kann.“

Außerdem schützen Aktien auch vor der Geldentwertung, denn dahinter steht ein Unternehmen, das Dinge produziert, Arbeitsplätze schafft und sichert. In Aktien investiertes Geld sollte langfristig angelegt bleiben. Dann kann der Anleger auch Turbulenzen aussitzen. Das funktioniert am besten mit sorgfältig ausgewählten und breit gestreuten Papieren.

Nur in das investieren, was man versteht

Wie gut das gelingen kann, zeigt der Erfolg des amerikanischen Investors Warren Buffett. Der schon zur Legende gewordene Finanzguru – auch als das „Orakel von Omaha“ bezeichnet – hat ein einfaches Rezept: „Wir bevorzugen Geschäfte, die wir verstehen, die langfristige gute Perspektiven haben, die geleitet werden von ehrbaren und kompetenten Menschen und die zu einem attraktiven Preis zu haben sind.“ Die als Value-Strategie bekannt gewordene Methode findet weltweit Tausende von Anhängern.

Doch bei der Interpretation dessen, was mit Value-Aktien gemeint ist, gehen die Meinungen eben auseinander. Viele Anleger glauben, dass ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis oder ein niedriges Kurs-Buchwert-Verhältnis ausreicht, um den Börsenerfolg zu garantieren. Doch auf diesem Weg hätte der Investor niemals mit Berkshire Hathaway eine so erfolgreiche Aktiengesellschaft aufbauen können. Seine Prinzipien erfordern mehr Einsatz als das tägliche Studium der Börsenkurse. Viel wichtiger und informativer ist die Beschäftigung mit dem Geschäftsbericht des auserwählten Unternehmens. Wem sich das Geheimnis der Bilanzen öffnet, der kann sich ein Urteil über die Firma erlauben. Einen Bogen macht Buffett um sogenannte Börsenstars, die nur kurz die Schlagzeilen füllen. Ihn interessieren Firmen, die bereits in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie erfolgreich arbeiten und ihre Gewinne über lange Zeit steigern konnten. Deren langfristigen Gewinnprognosen erscheinen daher auch glaubwürdig.

Gut geführte, erfolgreiche Unternehmen erweisen sich selten als Schnäppchen. Buffett achtet daher sehr auf den Preis und handelt nach dem Motto: „Kaufe nur, wenn der Preis stimmt. Auch für hervorragende Unternehmen kann man zu viel bezahlen.“ Um den richtigen Preis herauszufinden, ermitteln die Experten bei Flossbach von Storch den Cashflow eines Unternehmens. Dabei handelt es sich um eine wirtschaftliche Messgröße, die den aus der Geschäftstätigkeit erzielten liquiden Netto-Geldzufluss während einer Periode anzeigt. Der kritische Beobachter erkennt daran die finanzielle Gesundheit der Firma und inwieweit es ihr gelingt, die nötigen Mittel für die Substanzerhaltung und Investitionen selbst zu erwirtschaften. Christof Omlin, bei Flossbach von Storch als Direktor für die institutionellen Anleger zuständig, nennt noch einen wichtigen Grund für die Konzentration auf den Cashflow: „Er lässt sich buchhalterisch am wenigsten manipulieren.“

Ein anderes Kriterium für die Wahl einer Aktie ist der Schuldenstand des Unternehmens. Denn eine hohe Verschuldung macht besonders in Krisenzeiten anfällig. Das gilt auch für Rückstände in den Pensionskassen. „Zeigt die Bilanz, dass die Pensionskasse eine Lücke aufweist, werden wir misstrauisch“, sagt Omlin. Zu den größten Sündern in diesem Punkt zählt unter den 30 im Dax geführten Firmen der Konzern ThyssenKrupp. Dort fehlen satte 6,9 Milliarden Euro. Das macht 70,6 Prozent vom Börsenwert des Unternehmens. Beim Software-Produzenten SAP hingegen gibt es nur eine relativ kleine Lücke von 76 Millionen Euro oder 0,1 Prozent vom Börsenwert. Unter den Dow-Jones-Werten schneidet Aluminium-Hersteller Alcoa mit 55,8 Prozent am schlechtesten, Coca-Cola mit 0,6 Prozent am besten ab.

Aktionäre haben beschränkten Einfluss

Ein weiteres Prinzip, das die Handlungsweise von Buffett bestimmt, heißt: „Investiere nur in eine Aktie, deren Geschäft Du auch verstehst.“ Dieser Satz hat allgemeine Gültigkeit im gesamten Bereich der Geldanlage. Hinzu fügt Buffett noch den Hinweis, dass man am besten nur in Firmen investiert, die auch ein Vollidiot leiten könne. Denn das werde eines Tages passieren. Dieses Ereignis wird der Aktionär kaum verhindern können. Vor anderen ungünstigen Entwicklungen kann er sich aber schützen. So sollte er prüfen, wie nachhaltig der Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens tatsächlich ist. Das kann ein Patent sein oder eine fest im Markt etablierte Marke wie zum Beispiel Coca-Cola. Die koffeinhaltige Brause kennt man rund um den Erdball und bislang ist es keinem Konkurrenten gelungen, diese Vormachtstellung infrage zu stellen.

Profis wie Experten bei Berkshire Hathaway oder andere Investoren, die nach Buffetts Prinzipien handeln, ermitteln aus den gewonnenen Erkenntnissen einen Preis, den sie für das gewählte Unternehmen zahlen würden und vergleichen ihn mit dem tatsächlichen Börsenwert. Liegt der ermittelte Preis deutlich darüber, lohnt sich der Aktienkauf.

Natürlich verfügt kaum ein privater Anleger über die Möglichkeiten und die Zeit, sich derart intensiv mit einer Aktie auseinanderzusetzen, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. Wer hauptberuflich als Zahnarzt den ganzen Tag am Stuhl steht, wird sich in seiner knappen Freizeit wohl kaum mit Bilanzen beschäftigen. Wer aber Spaß hat an der Beschäftigung mit den Anteilsscheinen und etwas Geld übrig hat, kann sich an die Börse wagen, auch wenn er nicht über ein Heer von Analysten verfügt.

Aktien aus krisenresistenten Branchen

Ein gewisses Maß an Sicherheit versprechen die sogenannten defensiven Aktien. Sie reagieren eher wenig auf Konjunktureinbrüche wie sie für 2012 erwartet werden, wobei die deutsche Wirtschaft immer noch verhältnismäßig gute Prognosen bekommt. Zu den Branchen, die infrage kommen, gehören vor allem Konsumgüter und Nahrungsmittel, der Gesundheitssektor, der Pharmabereich und eigentlich auch die Versorger. Die Produkte, die sie herstellen, werden auch in der Rezession nachgefragt.

Zyklische Branchen wie Maschinenbau oder Autos hängen stark von der konjunkturellen Entwicklung ab. Wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat, kann die Nachfrage nach Autos stoppen, wenn den Verbrauchern das Geld fehlt. Damit treffen sie auch die Stahlproduzenten. In der Krise bleiben auch die Urlauber zu Hause und Touristikunternehmen wie TUI haben das Nachsehen.

Die defensiven Papiere aber haben in den letzten Monaten stark zugelegt. Doch auch für sie gibt es keine Garantien. Galten der Energieversorger Eon und seine Konkurrenten lange Zeit als sichere Bank, machte ihnen 2011 die Energiewende einen Strich durch die Rechnung.

Auch die Pharmawerte können mal schnell an Wert verlieren, wenn zum Beispiel die Gesundheitsbehörde einem Medikament die Zulassung verweigert. In der Vergangenheit als besonders sicher haben sich Konsumgüterhersteller erwiesen. Dazu gehört der Schweizer Konzern Nestlé, dessen Aktie allerdings so mancher Analyst schon für zu teuer hält. Sie ist in beinahe jedem konservativ agierenden Aktienfonds enthalten. Omlin verteidigt das Papier, in das auch der „Flossbach von Storch Fundamental Fonds“ investiert hat: „Für uns ist nicht interessant, wie teuer eine Aktie ist, sondern wie wertvoll das Unternehmen ist. Nestlé halten wir immer noch für eine gute Investition.“ Ebenfalls zu den Top-Namen gehören die Weltmarken Coca-Cola, McDonalds, Pepsi oder der globale Konsumgüterproduzent Procter Gamble, zu dessen Marken auch Pampers und Gilette gehören. Nicht nur der günstige Kauf einer Aktie bestimmt die Rendite. Wichtig ist auch die Dividende.

Gerade in diesen unruhigen Börsenzeiten ist sie ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung. Ersten Prognosen zufolge werden 18 der 30 Dax-Unternehmen demnach ihre Dividenden für 2011 erhöhen. Dazu gehören die drei Autohersteller BMW, Daimler und VW sowie BASF und der Softwarehersteller SAP.

Wer Zeit für die Beobachtung des Börsengeschehens hat, steckt sein Geld auch in risikoreichere Papiere mit guten Aussichten. So steigern die drei Autohersteller zurzeit besonders in den USA und in China ihre Gewinne. Verbraucherschützer und Anlageexperte Niels Nauhauser rät zur Diversikation: „Auch in risikoreichere Papiere investieren und sich nicht auf einzelne Branchen konzentrieren.“

Risikoverminderung durch Streuung

Selbst ein Währungsrisiko, wie es zum Beispiel beim Kauf amerikanischer oder Schweizer Aktien entsteht, hält er nicht für einen Hinderungsgrund: „Darin kann ja auch eine Chance stecken. Wer weiß denn schon, ob es den Euro in dieser Form in fünf Jahren noch gibt?“ Anleger, die sich ein persönliches Aktienportfolio aufbauen wollen, sollten ihr Kapital auf mindestens fünf bis sieben Einzelwerte verteilen, um die Risiken möglichst klein zu halten. Wem es gelingt, sein Geld auf diese Art geschickt zu investieren, der kann sich die Ausgabeaufschläge und Verwaltungsgebühren, die beim Fondskauf anfallen, sparen.

Doch wer auch an der Börse teilhaben und nicht selbst initiativ werden will, kann sich die entsprechenden Fondsanteile ins Depot legen. Auf eher konjunkturunabhängige, internationale Werte setzen unter anderen der Flossbach von Storch Aktien Global oder UniGlobal und viele mehr. In allen Finanztest-Ausgaben finden Anleger viele „Fonds im Dauertest“. Der Vergleich hilft vielleicht bei der Auswahl.

Marlene EndruweitWirtschaftsjournalistinm.endruweit@netcologne.de

INFO

Adressen

Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, findet im Internet viele Informationen. Hier eine kleine Adressen-Auswahl:

• Zu Warren Buffetts Theorie:www.valueinvesting.de• Sein Unternehmen:www.berkshirehathaway.com• Informationen über Aktien:www.onvista.dewww.finanzen.net

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