Mikroplastik wird auch eingeatmet
Eine Arbeitsgruppe um die Forscherinnen Nadiia Yakovenko und Lucía Pérez-Serrano des Geowissenschaftlichen Instituts der Universität Toulouse hat hochgerechnet, wie viel Mikroplastik über die Atemwege in den menschlichen Körper gelangt. Bisherige Studien hätten sich den Autoren zufolge vor allem auf Partikelgrößen von 20 bis 200 µm konzentriert und festgestellt, dass diese Partikel weniger gut in die Lunge eindringen könnten. In der aktuellen Studie haben die Forscherinnen und Forscher Partikelgrößen von 1 bis 10 µm in zwei Settings untersucht – einmal in Luft aus Innenräumen von Wohnungen und in Luft aus dem Inneren eines Autos.
Täglich können rund 68.000 Mikroplastikpartikel eingeatmet werden
Die mittlere Konzentration aller schwebenden Mikroplastikpartikel betrug in Wohnumgebungen 528 Partikel pro Kubikmeter Raumluft und in Fahrzeugkabinen 2.238 Partikel. Die dominierenden chemischen Verbindungen waren in Wohnumgebungen Polyethylen (PE) und in Fahrzeugkabinen Polyamid (PA). Rund 94 Prozent der Teilchen waren mit einer Größe von weniger als 10 µm gut geeignet, um in die Lunge einzudringen. Über spezielle Hochrechnungen ermittelten die Studienautoren Mengen von etwa 47.000 Mikroplastikpartikel, die Kinder und rund 68.000 Partikel, die Erwachsene täglich über die Atemwege aufnehmen könnten. Diese Expositionsschätzungen sind etwa „100-mal höher als vorherige Schätzungen, die aus größeren MP-Größen extrapoliert wurden, und legen nahe, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der MP-Inhalation möglicherweise schwerwiegender sind als uns bewusst ist“, schreiben die Autoren in ihrer aktuell erschienenen Arbeit im Fachjournal PLOS one.
Autoren fordern mehr Forschung zu dem Thema
Im Hinblick auf die Ergebnisse der Untersuchung fordern die Studienautoren mehr Forschung zu den potenziellen Risiken eingeatmeter Mikroplastikpartikel: „Inhalierte Partikel, die größer als 10 µm sind, bleiben im Allgemeinen in den oberen Atemwegen zurück und werden mukoziliär [Selbstreinigung der Atemwege – Anm. der Red.] gereinigt, während Partikel, die kleiner als 10 µm sind, tiefer in die Lunge eindringen können. Letztere gehören zur Kategorie der einatembaren Partikel (PM) und werden üblicherweise in zwei Kategorien unterteilt: PM 10 (MP < 10 µm) und PM 2,5 (MP < 2,5 µm), die Atemwegsprobleme wie Entzündungen und chronische Erkrankungen wie Bronchitis und Asthma verursachen können. Darüber hinaus können MP toxische Zusatzstoffe und adsorbierte Umweltschadstoffe freisetzen, die endokrine Funktionen stören und das Risiko verschiedener Krankheiten, darunter Krebs, erhöhen können. Diese Kombination aus physikalischen und chemischen Stressoren macht das Einatmen von MP zu einem erheblichen Risiko für die öffentliche Gesundheit.“
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