30 Jahre Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Pirmasens-Zweibrücken

Wo Modellprojekte reifen

Im Rahmen des 21. Rheinland-Pfälzischen Jugendzahnpflegetages feierte die Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Pirmasens-Zweibrücken ihr 30. Jubiläum. Unter der Schirmherrschaft von Malu Dreyer, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie in Rheinland-Pfalz und Oberbürgermeister Kurt Pirmann wurde der Festakt in Zweibrücken begangen, mit Rückblicken und Ausblicken auf Modellvorhaben und fest etablierte Systeme in der Gruppenprophylaxe.

Hunderte von Kindern aus Kitas und Grundschulen zogen anlässlich des Jubiläums mit der „Max-Schrubbel-Zahnparade“ durch Zweibrücken. Verkleidet als wandelnde Obsttorten, Vollkornbrote und Zahnbürsten auf zwei Beinen sorgte das „junge Gemüse“ für Aufregung. Sanitätsrat Dr. Stein begrüßte die Gäste aus der Standespolitik, der Gruppenprophylaxe und von den Krankenkassen später zu einer Zeitreise.

Die Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Pirmasens-Zweibrücken wurde 1982 gegründet und betreut heute 46 Grundschulen und sechs Förderschulen. Insgesamt werden 5 753 Schüler erreicht. Zudem erhalten 117 Kitas mit rund 5 000 Kindern regelmäßig zahnärztlichen Besuch.

Die Programme der LAGZ wirken. Der Erfolg kann sich nachweislich sehen lassen: In der vergangenen Dekade verringerte sich das erhöhte Kariesrisiko bei den Erstklässlern um über 50 Prozent. Wesentlich unterstützt wird die Arbeit der LAGZ vom rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium.

Gewissermaßen berühmt ist die Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege Pirmasens-Zweibrücken, weil sie 1982 Neuland betrat. In einem Kindergarten in Rodalben im Landkreis Südwestpfalz wurde ein auf drei Jahre begrenztes, epidemiologisch, begleitetes Modellprojekt durchgeführt.

Bereits nach einem Jahr konnte das Konzept zur Gruppenprophylaxe seine Wirkung entfalten. Richtige Mundhygiene, zahngesunde Ernährung, Schmelzhärtung durch Fluoride und der regelmäßige Zahnarztbesuch waren Themen, die sich in Theorie und Praxis vermitteln ließen – altersgerecht und spielerisch.

Der Erfolg des rheinland-pfälzischen Konzeptes fußt auf einer Komposition aus starkem Engagement an der Basis und Mut zu innovativem Handeln einerseits und dem Willen der Krankenkassen und Gesundheitsämter, diese Arbeit entsprechend zu fördern und zu unterstützen. Damit sich der Präventionsgedanke nachhaltig bei den Beteiligten festsetzte, musste er publik gemacht werden. Es ist zweifelsohne der Verdienst des heutigen LAGZ-Vorsitzenden, Sanitätsrat Dr. Helmut Stein, dass das Konzept der Gruppenprophylaxe auch außerhalb von Kitas und Schulen bekannt ist. Ein wichtiges öffentlichkeitswirksames Instrument waren und sind die seit 1988 ausgetragenen Jugendzahnpflegetage. Die Großveranstaltung hatte Stein angeregt. Im Jahr 1992 wurde im Rahmen eines solchen Jugendzahnpflegetages auch die Symbolfigur Max Schrubbel „geboren“. Er ist als Sieger aus sieben Vorschlägen hervorgegangen, die damals von Fachhochschulstudenten aus einer Seminararbeit kreiert wurden.

1998 war ein entscheidendes Jahr für die Schulzahnpflege: Organisation und Umsetzung wurde von der LAGZ auf 23 AGs übertragen. Zusätzlich zum Prophylaxe-Unterricht wurde eine schulzahnärztliche Untersuchung in den ersten Klassen eingeführt. Für die zweiten bis vierten Klassen wurde das kontrollierte Verweisungssystem zum Hauszahnarzt realisiert – Rückmeldung, Erinnerung und in einigen AGs auch Belohnung für Klassen mit sehr guter Rückmeldungsquote eingeschlossen. Damit wurde die Gruppenprophylaxe mit der Individualprophylaxe vernetzt. Schließlich kann eine in der Gruppenprophylaxe erkannte Karies nur unter den entsprechenden Bedingungen in der zahnärztlichen Praxis therapiert werden.

Ein gegenwärtiges Problem ist die Tatsache, dass Kinder erste Karieserfahrungen bereits vor ihrem dritten Lebensjahr machen. Zu einem Zeitpunkt, bevor die Gruppenprophylaxe in den Betreuungseinrichtungen überhaupt greifen kann. Um hier zu intervenieren, lief 2005 in den Regionen Pirmasens-Zweibrücken und Kaiserslautern ein Pilotprojekt, welches heute in ganz Rheinland-Pfalz greift und auf große Resonanz stößt: „Gesunde Zähne von Anfang an“ richtet sich an Eltern, die sich in Krabbelgruppen und Miniclubs treffen. Ihnen bieten Mitarbeiter der regionalen AGs Infoveranstaltungen an, die dann von zahnmedizinischen Fachkräften geleitet werden. Das Spektrum reicht vom Trinken aus dem offenen Becher, richtiger Ernährung, Fluoride bis hin zu Risiken durch Schnuller oder durch Dauernuckeln an der Flasche.

In ihrer Arbeit ist die LAGZ Rheinland-Pfalz, wie andere LAGs auch, auf aktive und engagierte Erzieher und Lehrkräfte angewiesen. Kitas und Schulen haben jedoch verstärkt – vor allem durch die zunehmende Ganztagsbetreuung – ein umfangreiches Arbeitspensum zu bewältigen. Mehr denn je muss das Fachpersonal zur Zahngesundheitserziehung motiviert werden. Hierfür wurde ein neues Bildungsmodul geschaffen: Seit Anfang des Jahres taucht das Thema Zahngesundheitserziehung im Stundenplan an den Fachschulen auf.

In Zusammenarbeit mit dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium wurde eine Unterrichtseinheit konzipiert, die Zahnärzte und Ernährungsberater leiten. Inhaltlich werden Konzepte zur praktischen Umsetzung des Themas im Kindertagesstättenalltag vermittelt. Nach Aussage von Alwine Schmiedkunz (Foto links) von der Koordinationsstelle „Gesund beginnt im Mund – Unterricht an den Fachschulen für Sozialwesen“ stößt das Thema bei den angehenden Erziehern und Erzieherinnen auf größtes Interesse.sf

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