Winterfortbildungskongress Braunlage

Zahnärztliche Wissbegierde

Den Kontroversen in der Zahnmedizin widmete sich der 59. Winterfortbildungskongress der Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN) in Braunlage. „Was Sie als Zahnarzt schon immer wissen wollten“ wurde laut Kongressmotto vom 25. bis zum 28. Januar im Harz beantwortet.

ZKN-Präsident Dr. Michael Sereny freute sich, knapp 700 Teilnehmer begrüßen zu können – „trotz zunehmender Pflichtveranstaltungen für die Kollegenschaft.“ Er holte aus, dass das heutige Wissen nur der gegenwärtige Stand des Irrtums sei. Damit suchte Sereny bei aller sachlichen Auseinandersetzung um die Kontroversen in der Zahnmedizin dem Thema einen weiterblickenden Aspekt hinzuzufügen. „Seien wir uns bewusst, dass künftige Generationen für unsere heutigen Themen und deren Behandlung bestenfalls ein mildes Lächeln übrig haben werden.“

Der ZKN-Präsident blickte in seiner Rede auf die wichtigsten Ereignisse des Jahres 2011 zurück – vom Unglück in Fukushima über Ehec, Osama bin Ladens Tod, den Arabischen Frühling und die Plagiatsaffären bis zur Finanzmarktkrise und dem zahnmedizinisch wahrscheinlich wichtigsten Thema, der Verabschiedung der neuen GOZ.

Ethik und Zahnmedizin

Den Festvortrag hielt der renommierte Medizinethiker Prof. Giovanni Maio von der Universität Freiburg über die ethischen Grenzen des sich ausweitenden ökonomischen Denkens in der Zahnmedizin.

Er appellierte an das Selbstverständnis der Anwesenden, indem er erklärte, der Arztberuf sei etwas Besonderes, nämlich eine Profession. Und eine Profession habe drei Aspekte, die sie ausmache: Sie beziehe sich auf die ganze Person, die sie ausübt – zu einer Profession fühle man sich berufen. Zudem lerne man nicht nur eine Fertigkeit, sondern brauche Erfahrung, erst dadurch werde man zum Vertreter einer Profession, zum Professionellen. Und schließlich habe sie, im Gegensatz zum Beruf, eine ganzheitliche Orientierung, dem Mediziner gehe es um das Gesamtwohl des Patienten.

Wenn allerdings Medizin als Unternehmung begriffen werde, sei sie keine Profession mehr, sagte der Medizinethiker. Heute gebe es jedoch „eine zunehmende Ökonomisierung in allen Bereichen“. Würden jedoch die Abläufe in sozialen Bereichen nur unter ökonomischen Begriffen verstanden, dann laufe ein standardisierender Optimierungsprozess, wodurch die Persönlichkeit in der Medizin durch ein Prozessmanagement abgelöst werde. Laut Maio führe dies eben nicht zur allseits angestrebten Individuali-sierung in der Medizin.

„Trotz allem ist Ökonomie in der Zahnmedizin wichtig, sonst werden materielle Ressourcen verschwendet“, sagte der Freiburger Professor. Jedoch diene die Ökonomie heute nicht mehr der Medizin, sondern vielmehr die Medizin der Ökonomie. „Das ist eine verkehrte Welt, in der sich die Zahnmedizin heute bewegt.“

Wissenschaft und Praxis

Den 2012 zum dritten Mal ausgelobten Wissenschaftspreis der ZKN erhielt Dr. Anne-Katrin Lührs, Oberärztin in der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und präventive Zahnheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover. Lührs wurde mit dem mit 2 000 Euro dotierten Preis für ihre Arbeit über die Haftung von Komposit-zementen an Dentin ausgezeichnet. Sereny lobte die Verbindung von Wissenschaft und Praxis, die in den Vorträgen der Preisträgerinnen seit der Auslobung des Preises gelungen sei. eb

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